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Rebellen im Park: „Wollen Sie sich mit mir anlegen?“

Die Schlösserstiftung überwachte am Sonntag mit einem Großaufgebot die Einhaltung der Parkordnung. Nicht alle Besucher auf dem Areal reagierten darauf mit Einsicht.

Potsdam/Innenstadt - Es ist Sonntagmittag im Potsdamer Neuen Garten. Volker Sradnick geht mit zwei Kollegen auf Streife durch den Park. Sradnick ist Sicherheitsmitarbeiter der Schlösserstiftung, seine beiden Kollegen arbeiten bei Fridericus, einer Tochtergesellschaft der Stiftung. Auf einem Weg, der für Parkbesucher wegen Bauarbeiten eigentlich gerade gesperrt ist, kommt den drei Männern dennoch ein Jogger entgegen. Am Ufer des Heiligen Sees läuft er Sradnick und seinen beiden Kollegen quasi direkt in die Arme. Der Sport treibende Mann im schwarzen Oberteil wirkt durchtrainiert – und alles andere als sanftmütig.

Sradnick spricht ihn an, sagt, dass es verboten sei, auf dem gesperrten Weg zu laufen. Und sogleich kommt es zu einem Wortgefecht: „Da vorne ist offen“, sagt der Jogger und meint damit, der Weg sei nicht abgesperrt. „Glauben Sie mir, am Marmorpalais ist offen“, setzt er nach. Einige Male wiederholt der Mann seinen Standpunkt. Sradnick wiederum behauptet das Gegenteil. „Wollen Sie sich mit mir anlegen, oder wat?“, pöbelt der Jogger nun los. Während Sradnick mit ruhiger Stimme auf den Jogger einredet, dreht der wiederum noch weiter auf: „Sie haben sich so vor mir hingestanden“, erklärt der Jogger hörbar erregt in seinem Dialekt und fügt an: „Da muss man dann schon was drauf haben!“ Soll offensichtlich heißen: Ich bin hier der körperlich Überlegene. Und dann spricht der Mann es auch ganz offen aus: Gegen ihn habe der Sicherheitsmitarbeiter der Schlösserstiftung keine Chance.

Rund ein Dutzend Sicherheitsmitarbeiter für Schlösserstiftung im Einsatz

Als der Jogger, für den diese Szene ohne rechtliche Folgen bleibt, wieder weitergelaufen ist, sagt Sradnick, der noch immer ziemlich unaufgeregt wirkt, über den gerade erlebten Vorfall: „Ein typisches Beispiel.“ Er, so Sradnick, treffe häufig auf vollkommen verständnislose Parkbesucher: Leute, die ihre Hunde ohne Leine laufen lassen, Radfahrer, die dort fahren, wo es nicht erlaubt ist. Menschen, die illegal auf Wiesen lagern oder unerlaubt baden und jede Menge Müll hinterlassen oder sich gleich noch in den Büschen erleichtern. Sradnick kann diese Verstöße – je nach der Schwere des Tatvorwurfs – mit einem Verwarnungsgeld ahnden oder gar ein Bußgeldverfahren einleiten.

Um dem illegalen Treiben wenigstens punktuell Herr zu werden, hatte die Schlösserstiftung am gestrigen Sonntag rund ein Dutzend Sicherheitsmitarbeiter aufgeboten, die im Neuen Garten Streife liefen. Normalerweise sind dort wesentlich weniger Mitarbeiter im Sicherheitsdienst unterwegs. Das offizielle Ergebnis der Aktion, die von 9 bis 16 Uhr andauerte: Es gab rund 120 mündliche Verwarnungen, die meisten davon wegen unerlaubten Radfahrens. Viermal griffen die Ordnungshüter ein, weil Hunde ohne Leine geführt wurden, ebenso viele Vorfälle gab es wegen Badens an Stellen, wo dies nicht erlaubt ist. Einmal wurde das Liegen auf einer Wiese moniert. Und sogar zweimal stellten die Sicherheitsmitarbeiter fest, dass verbotenerweise Drohnen aufgestiegen waren. Doch gleich am Anfang des Tages, so die Stiftung, habe man zunächst einmal 13 betrunkene Personen aus dem Neuen Garten hinauskomplimentieren müssen, die im Park rund um die Schlossküche versucht hatten, ihren Rausch auszuschlafen.

Keine Badestelle am freigegebenen Areal

Ein spezielles Dauerproblem im Neuen Garten ist bekanntlich das illegale Baden. Zwar hatte sich die Schlösserstiftung vor einigen Jahren der Macht des Faktischen gebeugt und einen Uferabschnitt freigegeben, auf dem seither das Baden geduldet wird. Eine offizielle Badestelle ist das freigegebene Areal dennoch nicht. Wer hier badet, macht dies auf eigene Gefahr. Doch die Stiftung beklagt, dass auch an anderen Uferbereichen im Park, sogar dicht am Marmorpalais, gebadet wird. Dadurch werde allmählich die Uferlinie zerstört.

Am Rande der gestrigen Kontrollaktion im Neuen Garten zeigte Gartendenkmalpfleger Gerd Schurig auf eine kleine Einbuchtung am Ufer südlich des Marmorpalais. An dieser Stelle habe sich die Wasserkante schätzungsweise bereits um eineinhalb Meter landeinwärts verschoben. Als Hauptursache gelten badende Menschen und Hunde. Solche Stellen könne man zuhauf am Ufer finden. Nach Zählung der Schlösserstiftung nutzen an warmen Sommertagen bis zu 4000 Besucher den Neuen Garten zum Sonnenbaden, Grillen und Schwimmen im Heiligen See.

Radfahrer klingeln Fußgänger von Parkwegen

Bisweilen werden Wege im Park sogar von Fahrradfahrern freigeklingelt. Flanierende Parkbesucher müssen dann – mehr oder weniger erschrocken – zur Seite springen. „Da reißt der Faden des Genusses einfach mal ganz schnell ab“, sagt Schurig. Der Gartendenkmalpfleger beklagt überdies das Lagern von Menschen auf den Wiesen im Park. Dadurch leide die Artenvielfalt. Beispielsweise würden bestimmte Nelkenarten an diesen Stellen zurückgehen.

Die massive Kontrollaktion vom gestrigen Sonntag soll kein einmaliges Ereignis bleiben. „So was wie heute werden wir wiederholen“, sagte Stiftungssprecher Frank Kallensee. Er äußerte zugleich den Wunsch der Stiftung, dass sich das städtische Ordnungsamt künftig an den Kontrollen im Park personell beteiligen möge. Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos), der am Sonntag ebenfalls im Neuen Garten vor Ort war, reagierte auf diesen Vorschlag allerdings äußerst zurückhaltend.

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