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Dissens zwischen Schlösserstiftung und Stadt Potsdam: Zerrüttetes Verhältnis

Einmal im Jahr treffen sich der Chef der Schlösserstiftung und der Oberbürgermeister zum Gespräch. Harmonisch wird es beim nächsten Treffen aber vermutlich nicht. Über die Gründe.

Potsdam - Es handelt sich um eine gute Tradition, doch dieses Mal steht sie unter konfliktreichen Vorzeichen: Einmal alle zwölf Monate treffen sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und der Chef der Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh, zu einem Jahresgespräch. Ende Mai ist es so weit. Doch diesmal, so prognostizieren Kenner, dürfte die Atmosphäre eisig sein – das ohnehin nicht einfache Verhältnis zwischen der Stiftung, die das Unesco-Welterbe in Potsdam schützt und verwaltet, und der Rathausspitze in der boomenden Landeshauptstadt ist derzeit besonders belastet. Der Grund sind etliche Streitigkeiten um Flächen und Bauprojekte.

Das Potsdamer Fenster

Ein Konfliktherd ist die geplante Wohnbebauung zwischen Zentrum-Ost, Nuthestraße und Havelufer. 300 Wohnungen sollen dort im sogenannten „Potsdamer Fenster“ entstehen – doch Schlösserstiftung und Landesdenkmalamt lehnen den Umfang der Bebauung ab, weil sie Sichtachsen zwischen dem Park Babelsberg und der Innenstadt in Gefahr sehen. Um das Projekt umzusetzen, muss der Flächennutzungsplan geändert werden, weil die Hälfte des beanspruchten Areals als öffentliche Grünfläche deklariert ist. Stiftungssprecher Frank Kallensee macht deutlich: „Für die Schlösserstiftung ist nur eine Bebauung zustimmungsfähig, die innerhalb des seinerzeit auch mit uns abgestimmten Flächennutzungsplanes liegt – was über diese Grenzen hinausgeht, können wir nicht mittragen.“ Gibt es keine Einigung, müsste wie in anderen Streitfällen Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) eine Entscheidung treffen, wie ihr Sprecher Stephan Breiding am Wochenende auf PNN-Anfrage sagte. In den vergangenen Jahren hatte es mehrere solche Ministerentscheide in Potsdamer Baukonflikten gegeben – meist fielen sie zugunsten des SPD-geführten Rathauses aus.

Der Sportplatz Nowawiese

Unter anderem hatte Ministerin Kunst im Sommer 2013 den immer noch nicht erfolgten Bau des Fußballplatzes Nowawiese am Park Babelsberg gebilligt – mit Einschränkungen. Doch dieser Kompromiss ist nun wieder obsolet. „Ausgegangen wurde damals von einer Flächenübertragung an uns, um das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Areals zu bewahren oder wiederherzustellen“, sagt Stiftungssprecher Kallensee. Im Gegenzug sollte die Stiftung der Stadt die für die Nowawiese und einen Hundeauflaufplatz benötigten Flächen zur Verfügung stellen – für Kallensee wäre das ein Tausch gewesen, der den Belangen der Stadtplanung und des Denkmalschutzes gerecht geworden wäre: „Das Areal gehört nun mal zum Welterbe.“ Doch das Tauschverfahren sei ausgesetzt, so Kallensee: „Wir bedauern das.“ Auch Ministeriumssprecher Breiding sagte: „Wir haben diesen Dissens zur Kenntnis genommen, können derzeit aber nicht nachvollziehen, wo das Problem liegt – es gab ja eine Lösung.“

Dagegen teilte Stadtsprecherin Christine Weber mit, der Flächentausch sei nicht Voraussetzung für den Bau des Sportplatzes – insofern seien auch keine Gespräche darüber notwendig: „Der Bau des Sportplatzes ist insofern nicht gefährdet.“

Das Strandbad Babelsberg

Auch ein anderer, in der Nachbarschaft der geplanten Nowawiese vorgesehener Flächentausch stockt. Wie berichtet will die Stiftung das Strandbad Babelsberg möglichst weit zur Humboldtbrücke hin verschieben, um an dem Welterbepark einen Rundweg wiederherstellen zu können. Doch eine Vereinbarung wurde noch immer nicht geschlossen, wie die Stadtverwaltung zuletzt auf Anfrage der Linke bestätigte: Die Verhandlungen seien wiederum wegen der Diskussionen um die Nowawiese nicht fortgeführt worden. Im Zuge der Debatte mit der Stiftung um den Sportplatz hatte Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) gezürnt: „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Nun gibt es ein weiteres Problem: Das Strandbad soll nach dem Willen der Stiftung auf Flächen rücken, die noch an den Potsdamer Seesportclub kostenfrei verpachtet sind. Der Vertrag läuft Ende 2017 aus – gerade haben die Stadtverordneten beschlossen, sich für den Erhalt des Standorts für den Segelsportverein einzusetzen.

Die Villa Schlieffen

Ein weiterer Konflikt zwischen Stadt und Stiftung ist zuletzt hinzugekommen. Am Mittwoch will Oberbürgermeister Jakobs im Hauptauschuss über den Stand der Verhandlungen für das Pfingstberg-Projekt von Springer-Vorstand Mathias Döpfner berichten, der dort die Villa Schlieffen und den dortigen Welterbepark für die Stiftung für mehr als 1,8 Millionen Euro sanieren will. Der Park soll dann öffentlich begehbar sein – allerdings verlangt Döpfner unter anderem aus Sicherheitsgründen einen Zaun um seine auf dem Areal gelegene Villa Henckel. Eine von Jakobs ins Leben gerufene Arbeitsgruppe sollte sich unter anderem auf den Zaunverlauf einigen. Ein vorläufiges Ergebnis sah vor, dass Döpfner rund 40 Prozent des Parks privat nutzen könnte. Allerdings soll Jakobs dazwischengegrätscht sein und verlangt nun mehr öffentliche Parkfläche (PNN berichteten). Lehnt Döpfner dies ab, steht das Projekt vor dem Aus: Die Stiftung müsste nach vorher jahrelanger Suche einen neuen Investor finden – und es wäre ein weiterer Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Stadt und Stiftung. Zumal es weitere Konflikte gibt, etwa den Streit über ein geplantes weiteres Stockwerk auf dem Karstadt-Warenhaus in der Innenstadt.

Der übergreifende Dissens

Zur Atmosphäre zwischen Rathaus und Stiftung äußert sich Ministeriumssprecher Breiding diplomatisch: „In einer Boomstadt wie Potsdam mit vielen Bauprojekten und Welterbeflächen ist es ganz natürlich, dass es in Einzelfällen eher zum Dissens kommt.“ Ein Vertrauter von Ministerin Kunst wird deutlicher: „Das Verhältnis zwischen Stadt und Stiftung könnte besser sein, die Zusammenarbeit war schon einmal konstruktiver.“ Das liege auch an den Akteuren auf beiden Seiten. So hatte etwa Landesdenkmalamtschef Thomas Drachenberg – in seiner Funktion ein Verbündeter der Schlösserstiftung – erst im Februar im PNN-Interview einen Mangel an Kommunikationskultur in der Bauverwaltung unter dem für seinen mitunter ruppigen Stil bekannten Dezernenten Matthias Klipp beklagt. Hinter den Kulissen im Bauamt hatte die Kritik des Landeskonservators nach PNN-Informationen für erheblichen Unwillen gesorgt.

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