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Kultur: 7000 Raritäten

Das Filmmuseum kaufte eine Sammlung historischer Filmfotos

Die Begehrlichkeit war groß. Doch was tun, ohne das entsprechende Geld im Portmonee. 7000 historische Originalfotos zu mehr als 800 Filmtiteln wurden dem Filmmuseum im Herbst 2005 angetragen und nach der ersten Sichtung glänzten die Augen noch viel mehr. Etliche Raritäten aus der Zeit vor 1945 beinhaltet das Konvolut des Hamburger Filmfreaks Christoph Wolf. Doch der jährliche Etat des Filmmuseums für Ankäufe beträgt gerade mal 22 000 Euro, da koste manchmal ein einziges Plakat mehr, musste Filmmuseums-Chefin Bärbel Dalichow das Frohlocken dämpfen.

Dennoch, man hielt den Sammler mit guten Worten bei der Stange. Und siehe da, das neue Jahr bescherte eine Landesgabe, die den Kauf tatsächlich ermöglichte. 35 000 Euro stellte das Kulturministerium zusätzlich zur Verfügung, um die bereits jetzt beispiellos vom Archiv des Filmmuseums gesammelte Geschichte der Babelsberg-Studios noch weiter zu komplettieren und zu bereichern, wie Johanna Wanka gestern verkündete. „Das ist ein wahrer Schatz, der uns das neue Jahr versüßt“, freute sich Bärbel Dalichow.

Zwei der Kostbarkeiten hielt sie denn auch gemeinsam mit der Ministerin stolz in den Händen: ein Foto mit der großen Greta Garbo und dem ihr zu Füßen knieenden Antonio Moreno in „Totentanz der Liebe“ aus dem Jahre 1926. Das andere zeigt vier Schauspieler mit Teufelshörnern aus dem bislang verschollen geltenden Film „Four Devils“ (Vier Teufel). Dieser wurde 1928 in Hollywood von dem bekannten deutschen Ufa-Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau gedreht: drei Jahre vor dem Unfalltod des in Stahnsdorf beigesetzten Künstlers.

„Wir hatten bislang zwölf Negative des Films, die aber noch restauriert werden müssen. Schon über diesen Schatz wollten wir gerade publizieren. Nun kommen doch tatsächlich 48 Originalfotos dazu. Das ist für Filmhistoriker von großem Interesse, um das Flair des Films fühlen zu können“, betonte Bärbel Dalichow.

Zumeist seien es Kino-Aushängefotos – manche auch ohne die vier Löcher – sowie retuschierte Pressefotos in den verschiedensten Formaten. Fast alle erstklassig erhalten, wie Bärbel Dalichow herausstrich. Zu einigen Filmtiteln gebe es bis zu 50 verschiedene Motive. Zu den allesamt in Schwarz-Weiß abgelichteten Streifen gehören Arbeiten von Richard Oswald, Leni Riefenstahl, Harry Piel, G. W. Pabst oder Josef von Sternberg.

Eine weitere Besonderheit sei die Vielzahl von originalen amerikanischen Pressefotos zu Klassikern der Filmgeschichte, wie „Phantom of the Opera“ oder „Little Women“.

Auch über den einstigen Studiobetrieb der Ufa gibt es erhellende Aufnahmen, so über Filmbauten in den Babelsberger Ateliers, Delegationsbesuche auf dem Gelände, Garderoben oder von der Maskenbildnerabteilung mit ihren freischwingenden Bauhaus-Stühlen.

Bislang bewahrt das Filmmuseums-Archiv 600 000 Fotos sowie140 000 Negative auf. „Wir vergrößern unsere Sammlung ständig: nach hinten und nach vorne.“ Dieses „Filmgedächtnis“ lagert indes in einem recht maroden Gebäude in der Pappelallee mit undichtem Dach. Doch der einst für die Forstwirtschaft der DDR als Rechenzentrum gebaute Flachbau soll laut Ministerin auch bald auf Vordermann gebracht werden.

Schwerpunkt der Sammeltätigkeit des Filmmuseums bleibe Babelsberg mit der DEFA, aber zunehmend auch der Ufa, so Bärbel Dalichow. „Gut, dass wir in den 90er Jahren auf Beute- und Einkaufszug gegangen sind. So besitzen wir auch den größten Kleiderbestand vor 1945“, sagte die Chefin, dabei die Hände auf den großen Holztisch in ihrem Büro legend. An ihm tagte einst der Ufa-Vorstand. „Hätten wir ihn nicht dingfest gemacht, wäre er im Schredder gelandet, so wie vieles andere auch.“

Der neue Fotoschatz, dessen Eingliederung rund ein Viertel Jahr dauern wird, werde vielleicht schon in diesem Jahr in einer Foyerausstellung gezeigt. Auf jeden Fall soll er 2011 in die Dauerausstellung zu 100 Jahre Film in Babelsberg einfließen.

Über den Sammler war gestern indes nicht viel zu erfahren – seinen Wunsch respektierend. Nur dass er die Fotos selbst mit dem Auto vorbei gebracht habe. Und dass er erwägt, nach Potsdam zu ziehen. Vielleicht um seinem Schatz wieder nahe zu sein.

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