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Kultur: Abgesang auf die Blechbüchse

Neuer Intendant will mit Kirche, Villen und Logenhaus neue Theaterräume erobern

Neuer Intendant will mit Kirche, Villen und Logenhaus neue Theaterräume erobern Neue Namen, neue Räume, neue Ideen - der designierte Intendant des Hans Otto Theaters, Uwe Eric Laufenberg, lüftete gestern bei einem Gespräch mit der Presse seine künstlerischen Geheimnisse, die er ab Sommer 2004 in die Stadt tragen möchte. Zuallererst werde er sich von der Blechbüchse als Spielstätte für das Repertoire-Theater verabschieden. „Wir werden sie weiter nutzen, vielleicht vier, fünf spezielle Projekte für sie erfinden. Aber wir werden nicht mehr so tun, als sei sie der Ort für ein Stadttheater.“ Bis sich im Oktober 2006 in der Schiffbauergasse der Vorhang im neuen Theater hebt, werde die Reithalle A und das Schlosstheater weiter genutzt, aber auch neue Theaterräume möchte er erschließen, um aus der Not ein Abenteuer werden zu lassen. So soll es in der Französischen Kirche zwei Stücke geben – die der Kirchenrat zuvor „absegnen“ darf, um einem weiteren Fall Kresnik vorzubeugen. Auch das Logenhaus in der Kurfürstenstraße sei in der Diskussion, ebenso wie das Alte Rathaus, von dessen besonderem Charme – „außen Barock, innen DDR“ – sich Laufenberg inspiriert fühle. Allerdings schwebe ihm dabei nicht der altbekannte Theatersaal vor. „Darüber hinaus sind wir auf der Suche nach zwei Villen, eine davon mit Seezugang und Garten, die zum Lebensgefühl der Stadt und auch zu unseren ausgesuchten Stücken passen. Mit der Villa Kellermann laufen bereits Gespräche, und da die Gaststätte im Januar geschlossen sei, könnte es durchaus auch klappen. An hochkarätige Traditionen möchte die neue Theaterleitung in der „Walhalla“, dem vom Maulwurf-Verein bewirtschafteten Gebäude in der Dortustraße 5, anknüpfen. Dort wurde bis in den 20er Jahren Varieté betrieben, und sogar Berühmtheiten wie Caruso und Chaplin sollen in diesem Jugendstilhaus ihre Spuren hinterlassen haben. „Dieser Ort wäre sehr geeignet für Begegnungen zwischen Zuschauern und Schauspielern. Auch da wird man sich an neue Namen gewöhnen müssen. Vom Intendanten übernommen wurden indes die Schauspielerinnen Sonja Grüntzig, Gisela Leipert, Sabine Scholze und Rita Feldmeier. In der Herren-Riege spielen Henrik Schubert, Philipp Mauritz, Roland Kuchenbuch, Peter Pauli, Joachim Schönitz und Hans-Jochen Röhrig im neuen „Orchester“ weiter mit. Laufenberg wolle mit einem 18-köpfigen „Shakespeare-Ensemble“ arbeiten und „welthaltige Stücke, die die ganze Menschheit beschreibt“, auf Potsdams Bühnen bringen. Mit dabei sind künftig u.a. die HFF-Absolventin Jennifer Antoni, Tochter von Carmen-Maja Antoni, Anne Lebinsky sowie Tobias Rott, der damit dem Fernsehen den Rücken kehrt. In sein Leitungsteam holte sich der 43-jährige Intendant Hans Nadolny als Referent der Geschäftsleitung, Anne-Sylvie König als Chefdramaturgin, Tobias Sosinka als festen Regisseur sowie Karl-Heinz Krämer als Technischen Leiter. Volkmar Raback bleibt als paritätischer Direktor im Amt des Chef-Finanziers und auch das selbstständig agierende Kinder- und Jugendtheater setzt weiter auf das Führungsteam Philippe Besson und Andreas Steudtner. Zu den noch nicht ganz sicheren, aber durchaus möglichen Trümpfen, die Laufenberg als Gäste ausspielen möchte, gehören Katharina Thalbach, Katja Riemann, Dieter Mann und Michael Wenninger. „Ich denke, ein starkes Ensemble hält es aus, wenn auch mal ein berühmter Gast dazu kommt.“ Ohne ganz konkret zu werden, umriss Laufenberg in groben Zügen auch schon seinen ersten Spielplan, an dem Autoren wie Kleist, Büchner, Fontane, Ayckborn, Tschechow, Shakespeare und nach langer Potsdam-Abstinenz auch Dürrenmatt „mitschreiben“. Es werde zudem ein neues Einstein-Stück geben, die Dramatisierung eines russischen Romans sowie die Uraufführung eines Stücks von Ulrich Zaum, in dem es um Biografien der 20er bis 50er Jahre und um das Zerbrechen an linken Utopien gehe. Die Verwirklichung all’ seiner Ideen hängt natürlich vom finanziellen Unterpfand ab. Und da pfiff auch Laufenberg bereits eine frische Brise Potsdamer Wind um die Ohren. „Die Stadt bat uns, Lösungsvorschläge zu machen, falls die Subventionen niedriger ausfallen würden. Ganz konkret handele es sich um 600 000 Euro weniger, die allein von der Stadt in der Diskussion stünden. Für Laufenberg ist klar: „Dann brauche ich Mitte 2004 gar nicht erst anzufangen, denn dann ist bis zum Sommer und dem Ende der Krolkiewicz-Ära das Geld bereits ausgegeben.“ Der neue Intendant startet seine fünfjährige Amtszeit mit einem rigorosen Schnitt: Wiederaufnahmen werde es nicht geben. „Die sind zu teuer.“ Auch mit der jetzigen Praxis des Theaterverbunds hadere er. „Ein Verbund, der ins Land hinein denkt, ist schon sinnvoll. Aber gerade hinsichtlich der Musiktheaterproduktionen wäre ein kräftigerer Partner als Brandenburg wünschenswert.“ Auch mögliche Regienamen fielen, wie Bernd Mottl und Johann Kresnik und auch Potsdam erfahrene wie Herbert Olschok und Yüksel Yolku. Keineswegs strebe er ein Feuilleton-Spielplan an, um sich zu profilieren, betonte Laufenberg. „Ich setze auf ein intelligentes Publikum, ohne die Leute überfordern zu wollen.“ Nicht der Titel sei entscheidend, sondern die Qualität der Umsetzung. Ich habe nichts gegen ,Das weiße Röß’l’, wenn es gut gemacht ist.“ Auch quantitativ will Laufenberg einen Sprung wagen: „Ideal wäre es, wenn der Spielplan jeden Tag ein Angebot aufweist. Kritikern, die meinen, dafür gäbe es in Potsdam kein ausreichendes Publikum, möchte ich das Gegenteil beweisen.“ Heidi Jäger

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