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Kultur: „Auf Floras Spuren“ im Schein der Lichter

Die Potsdamer Schlössernacht ist empfangsbereit

Die Potsdamer Schlössernacht ist empfangsbereit Wann waren sich Ost und West je so nahe? Nur ganze 50 Schritte trennen sie voneinander: die Ost- und Westbrücke am Maschinenteich in Sanssouci. Zwei Euro zusätzlich mussten die Besucher der Schlössernacht für die jetzt möglich gewordene „Krötenwanderung“ berappen. Sozusagen als „Überbrückungsgeld“, wie Friedrich II. und der Müller von Sanssouci, alias Frank Rawel und Andreas Flügge, gestern beim ersten Betreten der durch Eintrittsgeld mitfinanzierten Übergänge witzelten. Und gleich auch noch zum Schlag gegen Jörg Schönbohm ausholten, der sich besser nicht bei der „Proletarisierung des ganzen Eylandes“ einfinden sollte. Schließlich habe er alle Brücken hinter sich abgebrochen. Zur Schlössernacht am Samstag sollen indes Brücken geschlagen werden. Nicht nur für den historischen Weg vom Kuhtor hinter der Meierei durch die Sellowiese über die Maschinenteichinsel zu den Römischen Bädern. Bereits am Kuhtor gibt es eine Neuheit: In der Parkgärtnerei (Eingang Lennéstraße) könne in einem geradezu atemberaubenden Farbenmeer geschwelgt werden, wie auf der gestrigen Pressekonferenz zur Schlössernacht prophezeit wurde. Es wurden Musterpflanzungen angelegt, die die diesjährigen Beetgestaltungen im Parterre vor dem Weinberg und vor der Orangerie zeigen. Die blühenden Exemplare aus den Parkrabatten Sanssoucis vereinen sich dabei mit historischen Pelargonien aus Charlottenburg. Die 32000 Schlössernacht-Besucher bewegen sich in diesem Jahr ganz „Auf Floras Spuren“ und werden den Park in einem so guten Zustand wie noch nie vorfinden. Das liege nicht nur an den fleißigen Gärtnerhänden, sondern natürlich auch an dem feuchten Sommer. Stiftungsdirektor Hartmut Dorgerloh versprach jedenfalls eine Nacht in ganz besonderer Atmosphäre, der selbst Königin Sophie Charlotte anlässlich ihres 300. Todestages die Aufwartung macht. Oberbürgermeister Jann Jakobs stellte schließlich sogar eine Verwandtschaft im Geiste mit der Schlösserstiftung fest, die mit ihrer nächtlichen floralen Impression ganz unabgesprochen der „Entente Florale“ die Hand reiche. Bei dem vorausschauenden Schwelgen in Superlativen reihte sich auch Reinhard Mann von der ArGe ein. „Die Schlössernacht wird sich erneut übertreffen.“ Dafür stünde nicht nur die Rekordzeit beim Kartenverkauf, sondern auch die vielen Neuerungen: In der Blauen Galerie der Neuen Kammern gibt es fünf Vorträge zur Gartengeschichte, wo u.a. Gartendirektor Michael Rode über „Das Fest im historischen Garten“ spricht. 54 Parkführungen im Halb-Stundentakt lassen 12 Areale in fachkundiger Begleitung intensiver erleben. Neue Veranstaltungsorte sind auch das Überwinterungshaus des Botanischen Gartens und die westliche Pflanzenhalle der Orangerie. Insgesamt geben sich an 21 Spielstätten rund 420 Künstler aus Frankreich, Italien, Polen, Rumänien, Tschechien und Deutschland, darunter der achzigköpfige Berliner Oratorienchor, ein Stelldichein. Bereits der Vorabend hält einen „Auftakt mit Paukenschlag“ bereit. Mit dem Orquesta Ciudad de Granada kommt einer der bemerkenswertesten Klangkörper der iberischen Halbinsel nach Potsdam, begleitet von dem jungen begnadeten Pianisten Martin Stadtfeld aus Koblenz. Er gewann als erster bundesdeutscher Pianist 2002 den Internationalen Bach-Wettbewerb in Leipzig. Für dieses Konzert am Neuen Palais gibt es am Freitag ab 15 am Veranstaltungsort (Eingang Mopke-Süd) noch Restkarten für 60 €. Zu den Höhepunkten im sonnabendlichen Veranstaltungsmarathon, der an den 12, 5 Kilometer langen, beleuchteten Wegen entlangführt, dürfte der Auftritt der Akkordeonistin Lydie Auvray und den Les Auvrettes am Neuen Palais gehören, der die Heiterkeit des Walzers, die Leidenschaft des Tangos mit der Leichtigkeit der karibischen Rhythmen verbindet. Ganz andere Töne schlägt das Concertino-Ensemble mit seinen jungen hochbegabten Instrumentalisten an, das Grieg, Bach und Sibelius an der Jubiläumsterrasse an der Orangerie hoch leben lässt. Erstklassigen Blues und Soul bringen Eb Davis & The Superband aus Memphis mit. Und lust but not least führen Friedrich und sein Müller im schönsten Nachbarschaftsstreit beim satirisch-musikalischen Spießrutenlauf durchs alte und neue Potsdam, bei dem sicher nicht nur Schönbohm Hiebe kassiert. Dem kulturellen Brückenschlag im Zauberglanz von Königin Flora wird dies sicher keinen Abbruch tun. Heidi Jäger

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