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„Kunst“, die entzweit. Das Theater Poetenpack spielt die Komödie von Yasmina Reza, auf der Bühne stehen Justus Carriére, Andreas Hueck und Teo Vadersen.

© Promo/Poetenpack

Kultur: Das Bild wird zur Nebensache

Das Potsdamer Poetenpack zeigt ab Freitag Yasmina Rezas Welterfolgs-Stück „Kunst“

Sie machte ein monochromes weißes Mal-Machwerk von 1,20 mal 1,60 Meter zum berühmtesten Bild der Theatergeschichte: die Französin Yasmina Reza. Das Stück hat sie einfach nur „Kunst“ genannt. Im Jahre 1994 wurde es in Paris enthusiastisch uraufgeführt, daraufhin wurde es in mehr als 40 Sprachen übersetzt und avancierte zum absoluten Welterfolg. Die Schriftstellerin ist – neben Éric-Emmanuel Schmitt – die wohl am meisten gespielte zeitgenössische Theaterautorin. Am Potsdamer Hans Otto Theater werden ihre Stücke immer wieder gern gezeigt, so „Der Gott des Gemetzels“ und „Drei Mal Leben“, eine Inszenierung, die auch in dieser Spielzeit präsentiert wird.

Nun hat sich das Theater Poetenpack dem Schauspiel „Kunst“ von Yasmina Reza angenommen. Mit dem Berliner Regisseur Carl-Hermann Risse konnte ein Regisseur gewonnen werden, der deutschlandweit für seine von Leichtigkeit und feinem Humor atmenden Komödien-Inszenierungen bekannt ist. Mit den Poetenpack-Leuten ist er seit Längerem vertraut und kommt immer wieder gern nach Potsdam. Janet Kirsten unterstützt ihn mit ihren Bühnenbild-Entwürfen und Kostümen. Am 9. Januar wird die Potsdamer Premiere des Kammerspiels im T-Werk stattfinden.

„Zunächst hatte ich keine Lust, mich mit dem Stück mit dem großbürgerlichen Getue und Gerede zu beschäftigen“, bekennt Carl-Hermann Risse in einem Gespräch. „Doch beim näheren Hinsehen entdeckte ich immer mehr die überaus pointiert-witzigen Dialoge, die Yasmina Reza geschrieben hat. Das Stück bedarf drei wunderbarer Schauspieler, die famos quatschen und lamentieren können, die vor Wut platzen und vor Zorn rasen, die sich halb totlachen und die um den Titel ,Beleidigte Leberwurst’ konkurrieren.“ Mit Justus Carriére, Andreas Hueck und Teo Vadersen kann das Poetenpack drei gestandene Schauspieler aufwarten, die mindestens einen unterhaltsamen Abend bescheren.

„Ich erfinde niemals Figuren, die Prototypen sind. Das interessiert mich nicht. Ich möchte wirkliche Personen erschaffen, individuelle, unverwechselbare Charaktere“, teilt die Schriftstellerin ihren Zuschauern mit. Auch in „Kunst“ kann man solche Personen beobachten: drei Männer, die drei unterschiedliche Meinungen haben. Serge ist Dermatologe und hat sich verliebt. Nach Monaten der Liebäugelei kauft er sich den Gegenstand seines Begehrens: ein weißes Bild, mit weißen Streifen. Für 200 000 Euro. So ein Original-Gemälde hat schließlich seinen Preis. Sein langjähriger Freund Marc, Ingenieur in der Aeronautik, kann es nicht fassen und hat wenig Verständnis für die Leidenschaft seines Kumpels. Er versucht, den gemeinsamen Freund Yvan auf seine Seite zu ziehen, um Serge von diesem Fehlkauf, der „weißen Scheiße“ wie er sie nennt, zu überzeugen. Und nun beginnen die Probleme. Die Kunst wird eigentlich zur Nebensache. Verletzter Stolz, Eifersucht und Eitelkeiten geben sich die Hand. Die eigentlich stabile Männerfreundschaft droht zu zerbrechen. Doch die Autorin lässt es nicht so weit kommen. Es gibt ein versöhnliches Ende. „Seinen Standpunkt verteidigen, Toleranz zu üben, die Gemeinsamkeiten erkennen und pflegen, Freundschaft immer wieder Wirklichkeit werden zu lassen, das sind die Botschaften des Stückes“, erzählt Regisseur Carl-Hermann Risse.

Neben dem Aufführungsort im T-Werk wird das Poetenpack mit „Kunst“ Ende Januar ein paar Häuser in der Berliner Vorstadt weiterziehen. Auf der Suche nach besonderen Aufführungsorten fand das freie Theater in der Villa Mendelssohn, Berliner Straße 89, das „Domicil“. Drei Vorstellungen wird es in dem Einrichtungshaus an der Glienicker Brücke geben, am 23., 24. und 25. Januar, jeweils um 20 Uhr. Die Villa ist jeweils eine Stunde vor Beginn geöffnet. Vielleicht entwickelt sich schon vor der Aufführung das Gefühl, man wäre beim Protagonisten des Stückes zu Hause. Die Betreiber von „Domicil“ unterstützen das Projekt tatkräftig.

Mit der Komödie geht das Poetenpack in sein 16. Spieljahr. Mit 20 Stücken kann das Theater derzeit aufwarten. In ganz Deutschland ist das Team unter Leitung von Andreas Hueck, dem Theatergründer, unterwegs. Von so manchen Veranstaltern wird es immer wieder gern für Aufführungen verpflichtet. Besonders gefragt ist nach wie vor die Inszenierung von Kleists köstlichem Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ oder Georges Taboris Groteske „Mein Kampf“ über den Aufstieg Hitlers. 2015 wird das Theater Poetenpack in seinem ständigen Sommer-Domizil Q-Hof und erstmals im Heckentheater zu sehen sein. Geplant ist unter anderen „Eine Mitternachts-Sex-Komödie“, die Woody Allen frei nach Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ schrieb. Und natürlich bleibt auch „Kunst“ ganz oben auf dem Spielplan. Klaus Büstrin

Premiere am 9. Januar im T-Werk, Schiffbauergasse, 20 Uhr. Weitere Vorstellung am 10. Januar, 20 Uhr

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