zum Hauptinhalt

Kultur: Den andern nicht verbiegen

„Die Kuh Rosmarie“ hat morgen im Kinder- und Jugendtheater Premiere

„Die Kuh Rosmarie“ hat morgen im Kinder- und Jugendtheater Premiere Sie ist eine Nervensäge. Ständig meckert Kuh Rosmarie an anderen herum: das Schwein soll sich nicht im Dreck suhlen, das Huhn nicht so gackern, der Hund beim Fressen nicht so schlingen, der Bauer sich endlich mal richtig die Zähne putzen Hat Rosmarie zu viel Sauerampfer gefressen? Da dieses Getrieze nicht aufhört, wird“s dem Bauern schließlich zu bunt. Er setzt die nörgelnde Kuh ins Flugzeug und hetzt sie den Tieren in Afrika auf den Hals. Nun können die sich mit ihr herumärgern. Doch wie lange werden es Affe, Känguru und Elefant mit ihr aushalten? Das Stück „Die Kuh Rosmarie“ von Andri Beyeler wird immer wieder gern auf den Spielplan der Theaterhäuser gesetzt. Ab morgen nun auch in Potsdam. „Ohne didaktisch zu sein, stellt es die Frage: Wie können wir zusammen leben und jeden so sein lassen, wie er ist, statt ihn zu verbiegen, bis er zu uns passt“, umreißt Regisseur Andreas Steudtner die Botschaft dieser sehr erzählerischen und stark rhythmisierten Geschichte für Kinder ab fünf Jahren. „Den Kindern sind die Situationen ja nicht unbekannt. Sie sehen zwar eine Geschichte auf dem Bauernhof, fühlen indes, dass eine kleine Rosmarie auch in so manchem Erwachsenen steckt.“ So ließen die Kids sich auch schon bei den Endproben von dem Spiel der beiden Schauspieler Sabine Scholze und Moritz Führmann – die ständig in verschiedene Rollen springen – gefangen nehmen. Für Andreas Steudtner ist es die erste Regie – nach langer Abstinenz. Denn eigentlich begann sein Theaterleben mit dem Inszenieren. Zuvor studierte er in Westberlin Grund- und Hauptschullehrer in den Fächern Bildende Kunst und Theaterpädagogik. Doch als er den Abschluss in der Tasche hatte, gab es diese Fachkombination nicht mehr. Inzwischen hatte 1982 die Regierung von Rot auf Schwarz gewechselt. Er ging trotzdem als Referendar ans Lehrerpult – unterrichtete eben Sachkunde, Mathe, Werken, Bildende Kunst. „In Mathe war ich ganz schlecht, aber so ganz nahe an den Kindern dran.“ Da es im Anschluss keine festen Lehrerstellen gab, wagte er es schließlich, seinen Traum zu verwirklichen: „Ich ging an die HdK und absolvierte ein Aufbaustudium für Theaterpädagogik.“ Dann ging“s mit voller Kraft hinein ins Theatervergnügen. Gemeinsam mit ehemaligen Kommilitonen gründete er die freie Gruppe „Mutabor“, mit dem Namen des Zauberwortes aus Kalif Storch. Nicht immer wirkte die magische Formel. „Es gab Höhen und Tiefen.“ Steudtner lernte das Theaterhandwerk von der Pieke auf. Er inszenierte, entwickelte mit Autoren und Schauspielern Stücke, stand aber auch am Scheinwerfer und schleppte Requisiten. „Freies Theater heißt auch, nebenher immer noch etwas anderes zu machen“. Bei ihm war es die Theaterpädagogik im Kulturzentrum „Schlesische 27“. „Dort arbeitete ich mit Laien zusammen – und fand das total spannend. Das hatte eine ganz andere Qualität. Schauspieler erzählen eine Geschichte, die andere aufgeschrieben haben. Bei Laien ist es der eigene Hintergrund, den man mit abbildet. Auch Jugendliche mit einem S-Fehler oder ganz schüchterne können dabei sein. Ihre Lust muss reichen, dass man mit ihnen so arbeitet, dass sie es am Ende können.“ Als die Wende kam, ging Steudtner wenige Kilometer weiter in den Osten: ans Theater der Freundschaft. Er wurde dort Regieassistent. Schließlich zog er ans Kammertheater Neubrandenburg und hospitierte bei Horst Hawemann. Nächste Station – immerhin für sieben Jahre – war die Schauburg, das Theater der Jugend in München. Dort war er „Dramaturg des Zuschauerraums“, hatte sich also um die Betreuung des Publikums vor und nach den Aufführungen zu kümmern. Eine Erfahrung, die er nun auch in Potsdam sehr nachhaltig einbringt. In seiner sechsten Spielzeit entscheidet er an der Seite von Philippe Besson über die wesentlichen Inhalte des Kinder- und Jugendtheaters. Und führt nun das erste Mal Regie, während Regisseur Philippe Besson in seine Dramaturgenrolle schlüpft. Steudtner füllt ein Loch, das sich durch die Schrumpfung des Etats auftat. Er wollte nicht, dass die Stückzahl reduziert wird. „Aber es ist nicht nur so, dass ich die Karre aus dem Dreck ziehen wollte, es hat mich auch sehr gereizt.“ Mit vielen Spielideen will er nun in einer großen Kiste – die Bauernhof, Flughafen, Brunnen oder Afrika sein kann – erzählen, wie klein die Welt ist, wenn man in ihr verharrt. Und wie groß sie wird, wenn man sie verlässt. Ob sich „Weltenbummlerin“ Rosmarie durch ihren Tripp nach Afrika allerdings das Herumkommandieren abgewöhnt hat? Heidi Jäger Premiere, morgen 10 Uhr, Reithalle A

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false