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Kultur: Egal ob dick oder dünn, klein oder groß

Diane Busuttil sucht junge Frauen zum Tanzen

Die Eltern hätten sie lieber mit Spitzenschuhen an der Stange gesehen. Doch wenn sich die achtjährige Diane auf den Weg in die Tanzschule machte, ließ sie die Tür zum Ballettraum links liegen. Das kleine Mädchen fühlte sich viel mehr von den „eisernen Füßen“ beim Steppen angezogen, so wie sie es in alten Filmen mit Fred Astair und Ginger Rogers gesehen hatte. Doch nicht nur die Füße sorgten für einen spannenden Dialog von Rhythmus und Bewegung, der ganze Körper wurde zur Musik. Und damit zum Lebenselixier von Diane.

Inzwischen ist aus dem beherzten australischen Mädchen eine erfahrene, weitgereiste Choreografin geworden, die derzeit in ihrer siebenwöchigen Residence in der fabrik wiederum eigene Wege geht. Diane Busuttil hinterfragt das in den Medien und in der Kunst oft vorgegaukelte Bild der idealen Tänzerin, die nur schlank und rank die richtige Figur aufweise. Klischees, mit denen die 38-Jährige aufräumen will. Äußerlichkeiten spielen in ihrer Tanzwelt keine Rolle. Sie arbeitet seit fünf Jahren steppend mit Ostberliner Frauen zusammen, die über 60 Jahre alt sind: dick und dünn, groß und klein. „Wichtig ist nicht das Äußerliche, sondern das Wissen ums Leben: vom Heiraten und Scheiden, vom Kinder kriegen und auch abtreiben ...“

Jetzt möchte die Choreografin mit einer Gruppe junger, tanzunerfahrener Frauen ebenfalls dieses Neuland betreten und ihnen ihre „Lügen und Geheimnisse“ ablauschen. Dazu veranstaltet sie ab 5. Februar einen Workshop und freut sich auf Potsdamerinnen zwischen 13 und 21 Jahren, die Lust haben, sich zu bewegen und ihre eigenen Geschichten einzubringen. Am Ende sollen dann Alt und Jung ihren geheimnisvollen Tanz auf die Bühne bringen: nacheinander oder vielleicht miteinander.

Auch Diane hat viele Geschichten zu erzählen: Das Ballettschwänzen führten sie nicht nur zum Steppen, sondern auch zum Jazztanz, einem sehr akrobatischen, wie er von schwarzen Tänzern um Alven Ailey in Amerika praktiziert wird und durch ihre Lehrerin auch nach Australien rüber schwappte. Nach ihrem Studium für zeitgenössischen Tanz betrat Diane Busuttil in einem Duo die Bühne: „Ich arbeitete mit einem Musiker, der seine ganz eigenen Instrumente entwickelte. Auch ich lernte die Drums bedienen, mochte meine Füße aber doch viel lieber.“ In ihrem Tanztheater vereinte sie Step, Jazz und klassischen Tanz und liebte vor allem die Release-Technik, „die den Körper ganz durchlässig werden ließ, bis er mir dann aber doch zu ,schwabbelig“ wurde.“ Sie ging es wieder kraftvoller an, nunmehr beim Zirkus, mit dem sie ein Jahr über Land reiste. Wenn am Abend die Doppelstockbusse im Halbrund aufgestellt waren und das Scheinwerferlicht anging, verwandelte sich die kleine zarte Frau in einen Clown – allerdings ohne rote Nase. Sie verzauberte das Publikum auf dem Dach des Busses mit ihrem Akrobatiktanz. Dieses Wanderleben begeisterte sie – jedenfalls für eine Weile. „Dann wollte ich nur noch weg, hatte das Gefühl, in einer Seifenblase zu ersticken.“

Neue Impulse erwarteten sie in den USA – allerdings auch ein gehöriger Schreck. Als sie wiederum als Clownsfigur tanzend gaukelte – zum Anheizen für ein New Yorker Festival – gab es einen Riesenaufstand, weil sich ein Mann gestört fühlte. „Jedenfalls bekam ich Straßenauftrittsverbot. Aber damit auch einen Beitrag im Fernsehen. Dieser Trouble bewarb letztlich das Festival viel mehr. Und am Ende gab mir der Festivaldirektor als Dank zusätzliche Auftritte.“

Zurück in Australien erzählte sie auf der Bühne kleine getanzte Alltagsgeschichten, bis wieder die Ferne lockte: diesmal ein DAAD-Stipendium an der internationalen Frauenuniversität Hannover. Seit sieben Jahren ist Diane Busuttil nun schon in Deutschland, genießt die Tanzszene Berlins, „die sich viel bunter zeigt als die in unserem etwas altmodischen Australien. Obwohl wir die größte Insel der Welt sind, verharrt sie doch in ihrer abgekapselten Mentalität.“

Berlin und derzeit auch die fabrik in Potsdam geben ihr die Möglichkeit, fern ab aller Dogmen und Stereotypen in einer ganz individuellen Tanzwelt aufzublühen. Und in der möchte sie in den kommenden Wochen den „Lügen und Geheimnissen“ von alten und jungen Frauen auf die Spur kommen. Doch dazu braucht es Vertrauen – für die offenherzige Tänzerin ein wichtigeres Kriterium als alle Äußerlichkeiten.

Workshop für junge Frauen von 13 bis 21 Jahren vom 5. bis 9. Februar (kostenlos). Anmeldung: Tel. 0331-280 0314.

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