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Kultur: Es darf gelacht werden

Vorpremiere der Komödie „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ morgen im Thalia

Auf seinem Schreibtisch häuften sich Haken-Kreuze neben David-Sternen. Ein emotionales Chaos, das Stefan Arndt die vergangenen Monate durchschritt. Der Produzent von X-Filme brachte zwei sehr unterschiedliche Filme auf den Weg. Der eine davon – „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ – ist morgen um 19 Uhr als Vorpremiere im Thalia zu sehen, bevor er am kommenden Donnerstag offiziellen Kinostart hat. Maria Schraders Israelfilm „Liebesleben“ nach dem gleichnamigen Roman von Zeruya Shalev gelangt im Sommer auf die Leinwand.

Natürlich schwebte über die Hitler-Komödie die heikle Frage, ob man über einen Massenmörder wirklich lachen darf. „Früher hieß es auch, dass nach Auschwitz keine Gedichte mehr möglich sind. Aber man sollte sich von so einem bärtigen ,Arschloch'' das Leben und die Zukunft nicht versauen lassen“, befand Stefan Arndt.

Mit der berühmten Chaplinsatire „Der große Diktator“ oder Benignis „Das Leben ist schön“ gebe es zwar schon komödiantische Attacken gegen den „Führer“. Aber das seien eben keine deutschen Produktionen. Arndt ließ sich „muffensausend“ auf das Wagnis ein, „obwohl wir bei unserer X-Filme-Gründung sagten, dass wir nie Filme mit Nazi-Uniformen drehen wollen. Wenn man Böses braucht, muss man nur jemanden in Nazi-Klamotten stecken, und das macht die Sache klar. Das ist aber nicht unser Weg“, so der Filmwirtschaftler, der 1994 mit den drei Regisseuren Wolfgang Becker, Dani Levy und Tom Tykwer die Produktionsfirma X-Filme Creative Pool gründete. „Irgendwann kam Dany Levy, seines Zeichens Jude, dann doch auf die Idee, mit einer Nazi-Komödie alles auf die Spitze zu treiben. Er wollte nicht in der Betroffenheitskiste stecken bleiben, sondern sich mit den Menschen beschäftigen, die diese Ungeheuerlichkeit begangen haben.“ Die Ehre einer realistischen Darstellung billigte er dem zynischen, psychisch verwahrlosten Menschen Hitler nicht zu. „Dani beschäftigte sich intensiv mit schwarzer Pädagogik, die mit dazu beitrug, dass in vielen Ländern gleichzeitig Diktaturen entstanden. Doch schon Plato sprach sich im antiken Athen für eine gewaltfreie Erziehung aus.“

Anfangs hatte der in Potsdam lebende Produzent nur an einen kleinen Film gedacht, doch das Drehbuch und auch die Darstellerriege seien so überzeugend gewesen, dass er auch andere schnell dafür begeistern konnte. Vor allem wichtige Finanziers.

Helge Schneider in der Titelrolle sei für ihn die große Überraschung gewesen. „Schneider, der sich immer als Gesamtkunstwerk inszeniert, hat sich in die Regie von Dani Levys gefügt. Er bewies, dass er sich unterordnen kann. Die Zusammenarbeit funktionierte bestens an der Seite von Sylvester Groth als Goebbels und Ulrich Mühe als der jüdische Schauspieler Adolf Grünbaum, der aus dem KZ Sachsenhausen geholt wird, um dem erkrankten Führer Ende 1944 wieder in Höchstform zu bringen.“

Helge Schneider hat sich inzwischen allerdings von dem Film distanziert, der im Nachhinein verändert worden sei. „Es geht nur noch darum, wie Hitler gesehen werden soll: Nämlich als Schwächling. Das ist mir zu profan“, sagte der Komiker gegenüber einer Boulevardzeitung. Er hätte sich mehr Hitler gewünscht, statt ihn nur ihn kleinen Szenen zu präsentieren. Jetzt gefalle ihm der Film nicht mehr, weil er nichts aufreiße.

Stefan Arndt nahm die Kritik gelassen. „Da kommt in erster Linie auch der Schauspieler und Künstler durch, der vor allem sich selbst sehen will“, sagte er. „Helge hat aber eine so überragende Leistung abgeliefert, dass wir ihm gar nicht böse sein können.“ Dani Levy habe natürlich alle künstlerischen Freiheiten, seinen Film so fertig zu stellen, wie er es als Regisseur für richtig halte.

Gerade als nichtjüdischer Produzent habe Arndt bei diesem Film immer wieder extrem schlucken müssen, denn bei aller Unterhaltung sei er nicht der Schenkelklopfer: „Es ist auch ein ernsthafter Teil enthalten. Ich denke, man kann am besten lachen, wenn man vorher geweint hat.“

Komödien seien bei X-Filme immer sehr speziell, so wie „Good Bye, Lenin“ oder Levys „Alles auf Zucker“. „Mein Führer“ habe allerdings schon im Vorfeld für viel Publicity gesorgt: „Wir waren europaweit auf den Titelseiten.“ Während alle Innenaufnahmen in Krampnitz gedreht wurden – das KZ ebenso wie das große Büro Hitlers – fanden die Außenaufnahmen auf dem Filmgelände Babelsberg und in Berlin statt. Die aufgezogenen Naziflaggen sorgten natürlich für Gesprächsstoff. Ein gespenstisches Szenario zeigte sich am Berliner Dom, als Hunderte von Komparsen unter Hakenkreuzfahnen stramm standen. (mit dpa)

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