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Kultur: Hinaufsteigen zur Figur

Christine Schorn ab morgen am Hans Otto Theater

Christine Schorn ab morgen am Hans Otto Theater „Die Beunruhigung“ – der einprägsame DEFA-Film von Lothar Warneke aus dem Jahre 1982 umkreist als Memento mori den Sinn des Lebens und bemüht sich um dokumentarfilmnahe Realitätsbilder. Er hat Christine Schorn zu einer der bekanntesten Schauspielerinnen der DDR – auf der Bühne, im Film und im Fernsehen – werden lassen. „Sie passt noch zwischen die Leute auf der Straße, ohne dass sie auffällt ... Sie ist ein absoluter Zeitgenosse und hat eine enorme Wärme ... Als Schauspielerin versteht sie, mit ihren hervorragenden Mitteln bescheiden umzugehen“, schreibt Regisseur Lothar Warneke. Am Dienstag, 26. April, um 18 Uhr wird Christine Schorn, deren Ruhm nicht verblasst ist, bei einer Wiederaufführung des Kinostreifens im Filmmuseum dabei sein und einige Worte zu ihrer Rolle von damals sagen. Einige Tage zuvor, ab morgigen Sonnabend, ist sie bereits in Potsdam zu erleben, am Hans Otto Theater (HOT). Der Besuch wird sich jedoch mehrmals – auch im Mai – wiederholen, denn es ist ein Arbeitsbesuch. Sie spielt im Theaterhaus Am Alten Markt die Titelrolle in „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt. „Eines der anregendsten und fesselndsten aller Stücke, die seit dem Zweiten Weltkrieg geschrieben worden sind“, so urteilte die New York Times. Der Schweizer Autor nannte das 1956 uraufgeführte Stück eine tragische Komödie, dann aber auch Komödie der Hochkonjunktur. Es könnte spannend werden, wie Regisseur Bernd Mottl die Geschichte von der Wiederkehr der reich gewordenen Claire Zachanassian in ihre Heimatstadt Güllen inszeniert. Von den Güllenern wurde sie als junges Mädchen als Hure diskriminiert und vertrieben, von ihrem Geliebten Afred Ill (Roland Kuchenbuch) verlassen. Wird die einstige große Liebe am Hans Otto Theater wieder neu aufflammen oder wird die Entwicklung Güllens zur Wohlstandsgesellschaft zum vorherrschenden Thema des Theaterabends gemacht? Claire Zachanassians Angebot, der Stadt eine Milliarde zu „schenken“, wenn sie Ill tötet, erzählt auch viel von der Korruptheit der Menschen. Die Güllener erliegen den Verlockungen der Milliarde. Die Zachanassian sei eine großartige Rolle – Schauspielerinnen wie Therese Giehse oder Inge Keller haben sie gespielt– , aber als eine Traumrolle sehe sie sie nicht. So Christine Schorn in einem Zeitungs-Gespräch. Vor einer Woche erlebte „Der Besuch der alten Dame“, eine Koproduktion des HOT und des Kleist-Forums Frankfurt (Oder), seine Frankfurter Premiere. Traumrollen habe sie generell keine, so die Schauspielerin, denn diese würden sie viel zu sehr unter Druck setzen. „Mein Lebenslauf? Ich bin mit 19 Jahren ans Deutsche Theater Berlin gegangen, und da bin ich immer noch“, hat Christine Schorn einmal einem Interviewer geantwortet. Und dort hat sie, seit sie 1964 von der Schauspielschule kam, in unzähligen Rollen gespielt, in großen und kleinen. Lothar Warneke schreibt: „Christine Schorn hat für ihre Theaterarbeit einen Grundsatz formuliert, den sie immer wieder zu verwirklichen sucht: die jeweilige Rolle nicht zu sich herabzuziehen, sondern mit ihrem schauspielerischen Können hinaufzusteigen zur Figur des Stückes“. Klaus Büstrin

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