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Kultur: „Hundegräber im Park“

Surreales Bildertheater des Offenen Kunstvereins auf der Freundschaftsinsel

Surreales Bildertheater des Offenen Kunstvereins auf der Freundschaftsinsel Überraschung, Verunsicherung, Belustigung, die gewohnte Ordnung der Dinge auf den Kopf stellen – das ist die Welt des Surrealismus. Er will Staunen lehren, ohne zu dozieren. Während seines diesjährigen Sommerprojekts tauchte der Offene Kunstverein in diese absurde Welt ein, schwamm mit Begeisterung auf der Welle des Verdrehens und der Geheimnisse. Am morgigen Freitag präsentiert der Potsdamer Verein seine neue „Wirklichkeit“. In dem Bildertheater „Hundegräber im Park“ erzählt er in sechs Geschichten, was kindliche und erwachsene Fantasie beim gemeinsamen Laborieren zu Tage förderten. „Ein halbes Jahr haben wir uns in unseren drei Malkursen mit dem Thema Surrealismus beschäftigt: Bilder und Filme angeschaut, uns mit den Spaniern Miro, Dali und Bunuel, dem Belgier Magritte, den Franzosen Tanguy oder dem Deutschen Max Ernst beschäftigt – und somit auch den Europagedanken des ,Kulturlandes Brandenburg“, das uns förderte, aufgegriffen. Auch wenn Potsdam nicht gerade Heimstatt surrealistischer Malerei war, brachte die Stadt doch absurde Kuriositäten zustande, die unsere Reise der Fantasie beflügelten: wie die Pyramide im Neuen Garten, die gewollte Ruine in Sanssouci, die Wanderung der königlichen Mumie oder eben die Hundegräber im Park. Mit Begeisterung haben sich die Kinder auch Wortspielen gewidmet, einfach nur herum gesponnen. Sie sollten ein Gefühl entwickeln, was den Surrealismus ausmacht, und alle Verrücktheiten zulassen - die Gewohnheit durchbrechen“, sagte Sabine Raetsch, Malerin und Geschäftsführerin des Offenen Kunstvereins. Gemeinsam mit „ihren“ Kindern hinterfragte sie, was „Wirklichkeit“ eigentlich bedeutet. „Wir wollen ja immer alles erkennen, verstehen, erklären. Das ist unsere Wirklichkeit. Das Irreale, Geheimnisvolle, das Imaginäre macht uns hingegen unsicher, mitunter sogar Angst. Offen zu bleiben, alles in Frage zu stellen, ohne den Halt zu verlieren – das ist eine Geistesübung, die uns die Surrealisten vorlebten. Sie durchbrechen die Gewohnheit und sind damit eine Einladung zum inneren Abenteuer.“ Die sehr kreativen Kinder des Offenen Kunstvereins nahmen diese Einladung gern an und zeichneten voller Freude. So haben sie beispielsweise alle Wörter, die hinten auf Fisch enden, wie Papageienfisch oder Panzerfisch, in Malerei umgesetzt. Dann überlegten sie sich Dinge, die sie täglich umgeben und versetzten sie in eine völlig andere Welt. So fiel beispielsweise in einem Klassenzimmer Schnee. „Ich war einfach begeistert,“ meint Sabine Raetsch angesichts der verrückten Schöpfungen. Das Projekt gipfelte schließlich wie in jedem Jahr im Gottsdorfer Sommercamp. „Zum zehnten Mal durften wir das Gastrecht der Familie Tietz genießen und überall - ob in Scheunen, Ställen oder im Hof – unsere Ideen sprießen lassen.“ Die „Häuptlinge“ des Unternehmens, darunter zwei Theaterleute, zwei Maler, zwei Musiker und zwei Tischler, achteten darauf, das alles zusammen lief. „Natürlich haben wir auch heftig gestritten, zu welchen Themen wir arbeiten wollen. 45 Kinder, Jugendliche und Erwachsene wollen erst einmal in eine Richtung gebracht werden.“ Schließlich einigte man sich auf sechs Themen, von denen dann jeder das „Seine“ wählen konnte: Fantasiewesen, Zeit und Alter, Stadt und Kriminalität, Reise, Jagd und Verfolgung sowie Krieg der Noten. „Nachdem die Geschichten erdacht waren, begannen wir die Bilder zu bauen.“ Tochter Nora, inzwischen zur Puppenspiel-Studentin herangereift, brachte die Idee ein, Flachpuppen entstehen zu lassen, die zum Teil beweglich sind: die Auge rollen oder die Arme heben können. Als Puppenspieler treten die Kinder in Aktion und lassen beispielsweise einen Kopffüßler durch die Welt wandern. Für ihre Bildergeschichten verwendeten sie Pappkartons aus Baumärkten, denen sie neues Leben einhauchten. „Keiner von uns wusste, wie man das alles zusammen werkelt. Zum Glück hatten wir Tischler dabei, die mit Werkzeug umgehen konnten.“ Für einen frischen unbefangenen Blick von außen in der vertrauten Vereins-„Clique“ sorgte der chilenische Maler Francisco Sepulveda. Die „Häuptlinge“ mussten im gemeinsamen Camp aber nicht nur ihre Kunst beherrschen, sondern auch mal einen Reißverschluss reparieren, ein Pflaster aufkleben oder Stullen schmieren. „Vor allem aber muss man bereit sein, auch die Vorstellungen von anderen zu akzeptieren.“ Denn bei aller „Spielerei“ muss am Ende etwas Bühnenreifes herauskommen, und das sind in diesem Jahr die „Hundegräber im Park“. Heidi Jäger Das Bildertheater „Hundegräber im Park“ findet am 15. und 16. August, jeweils 19 Uhr, auf der Freundschaftsinsel statt. Am 5. September folgt die Ausstellung im KunstWerk.

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