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Von Klaus Büstrin: Kalte Füße

Die noch nicht uraufgeführte Oper „Friedrich und Montezuma“ erklingt in Ausschnitten konzertant

Ein Opfer der Wende 1989/90. Es mag sein, dass, wenn man diesen Satz vernimmt, enttäuscht oder sogar erzürnt, auf alle Fälle larmoyant gestimmt ist. Traurig waren auch der Komponist Gerhard Rosenfeld und der Librettist Gerhard Hartmann ohne Zweifel, als sie von der Leitung der Berliner Staatsoper 1990 die Mitteilung erhielten, ihr gemeinsames Werk, die Oper „Friedrich und Montezuma“, könne nicht an ihrem Haus aufgeführt werden.

Die Rehbrücker Künstler wussten, Larmoyanz helfe bei ihren Bemühungen um einen anderen Spielort nicht. Sie machten sich auf die Suche. Doch die Oper kann nun mal nicht an jedem Stadttheater gezeigt werden, da die Darsteller-Personnage sowie das Orchester eine große Besetzung verlangen. Bisher war leider noch kein Theater bereit, das Stück zu inszenieren. Wenige Monate nach dem Tod Gerhard Rosenfelds im Jahre 2003 konnten jedoch Ausschnitte aus dem Werk im Potsdamer Alten Rathaus vorgestellt werden. Nun hat wiederum der Freundeskreis von Rosenfeld mit der Musikerin Inge Lindner und dem Librettisten Gerhard Hartmann an der Spitze sowie der Brandenburgische Verein der Freunde Italiens „Il Ponte“ die Initiative ergriffen, mit einer umfangreichen Szenenauswahl „Friedrich und Montezuma“ ins Gespräch zu bringen, und zwar konzertant am 25. Januar im Alten Rathaus. Unter der musikalischen Leitung von Inge Lindner, die die Oper vom Klavier aus begleitet, singen Christine Wolff, Eva-Marlies Opitz, Reinhart Ginzel, Thomas Wittig, Thorbjörn Björnsson und Klaus Lang.

„Friedrich und Montezuma“ war eine Auftragsarbeit der Berliner Staatsoper anlässlich des Berlin-Jubiläums 1987. Wegen der politischen Dimension, die die Geschichte über den preußischen intellektuellen Machtmenschen Friedrich II. und den von ihm idealisierten Aztekenherrscher Montezuma in sich birgt, bekamen die SED-Oberen „kalte Füße“. Erst drei Jahre später entschied das Opernhaus, die Uraufführung des Musiktheaterwerkes vorzubereiten. Die Besetzung wurde festgelegt, die musikalischen Soloproben begannen. Aber da bekam plötzlich Intendant Günter Rimkus ebenfalls „kalte Füße“. Man hatte Angst, eine zeitgenössische Oper würde das große Haus nicht füllen, es bringe somit kein Geld ein. Man setzte lieber auf bewährte Repertoirestücke. Intendant Georg Quander und Generalmusikdirektor Daniel Barenboim, die dann seit 1992 an der Staatsoper fungieren, interessierten sich für die Oper der Rehbrücker Künstler nicht. Somit harrt das Werk seit über 20 Jahren noch seiner szenischen Uraufführung.

Gerhard Rosenfeld und Gerhard Hartmann standen stets in intensiver schöpferischer Verbindung. Beide haben fünf Opern gemeinsam geschrieben, vier kamen erfolgreich an mehreren Bühnen zur Aufführung: „Das alltägliche Wun- der“, „Der Mantel“, „Das Spiel von Liebe und Zufall“ und „Die Verweigerung“. Sind diese Werke nach bekannten Dramen und einem Prosastück entstanden, so wurde man bei der Friedrich-Oper vom Libretto zu „Montezuma“ Friedrichs des Großen, das sein Hofkapellmeister Carl Heinrich Graun vertonte, angeregt. „Eine reizvolle Dramaturgie in unserer Oper war für uns die Verknüpfung von zwei Ebenen: die Welt der Preußen mit Friedrich Wilhelm I., Friedrich, seinen Soldaten und das ihr entgegen stehende fantastische Reich Montezumas, das Friedrich gleichsam in sich selbst und in der Kunst auf die Erde herabholen will, und dem er selbst den Untergang bereitet“, sagte Gerhard Hartmann in einem Interview 1989. Die Musik zur Oper ist ein „echter Rosenfeld“, die man so schätzt: klar, durchsichtig, strukturiert und von einer wunderbaren Klangvielfalt. Natürlich kann das Klavier in der Aufführung am 25. Januar das Orchester nicht ersetzen. Doch der Zuhörer wird eine Ahnung bekommen, welch ein  Reichtum ihm entgehen würde, wenn das Werk die Opernbühne auch künftig nicht erreicht.

„Friedrich und Montezuma“, konzertante Opernausschnitte am 25. Januar um 17 Uhr im Alten Rathaus

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