zum Hauptinhalt

Kultur: Klangideal der Barockzeit

Potsdamer Orgelbautradition / Zum 100. Geburtstag von Hans-Joachim Schuke

Wenn man einer Königin bereits seit vielen Jahrhunderten den ihr gebührenden Hof macht, dann ist es die Orgel. Mal liebte man sie in der Geschichte heftig, manchmal weniger, doch ihren Thron konnte sie stets behaupten. Die „Königin der Instrumente“ ist das Werk von Meisterhand. Auch die Alexander Schuke Orgelbaufirma Potsdam GmbH ist eine Werkstätte, in der die künstlerischen und handwerklichen Traditionen gepflegt werden. Seit mehr als 110 Jahren. An einen der Chefs der Firma, an Hans-Joachim Schuke, wird ein Konzert am Freitag um 18 Uhr in der Stiftskirche von Hermannswerder erinnern.

Hans-Joachim Schuke wurde am 7. Januar 1908, also vor 100 Jahren, geboren. Sein Vater Alexander Schuke war der Gründer einer Familientradition, die bis heute besteht. Hans-Joachim Schuke erlernte beim Vater gemeinsam mit seinem älteren Bruder Karl den Beruf eines Orgelbauers. Auch Alexander Schuke (1870-1933) baute auf eine Tradition auf, die es in Potsdam bereits gab. Der Orgelbausachverständige Andreas Kitschke wies in einer Broschüre über die Schuke-Orgelbaufirma (erschienen 1994) darauf hin, dass Anfang des 19. Jahrhunderts der Instrumentenmacher und Orgelbauer Johann Carl Hinneberg bereits in der Residenzstadt wirkte. Der erste renommierte Orgelbauer in Potsdam war aber Gottlieb Heise (1785-1847), der 1820 Inhaber einer Werkstatt wurde. Die bekannteste „Königin“ schuf er 1837 für die Nikolaikirche, die im zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Nachfolger von Heise wurde der gebürtige Potsdamer Carl Ludwig Gesell (1809-1867) sowie dessen Sohn Carl Eduard (1845-1894). Vor allem für Dorfkirchen schufen die Gesells Instrumente, doch auch für die Heiligengeistkirche in Potsdam, die leider nicht erhalten blieb. Nach dem Tod von Carl Eduard Gesell wurde sein Geselle Alexander Schuke Inhaber des Unternehmens. Dessen Söhne Karl und Hans-Joachim , die 1933 die Firma übernahmen, haben sich – wie viele ihrer Kollegen – intensiv mit den Instrumenten aus der Barockzeit beschäftigt. Die Orgeln Gottfried Silbermanns und Joachim Wagners gelangten innerhalb der „Orgelbewegung“, die sich in den zwanziger und dreißiger Jahren etablierte, wieder zu hohem Ansehen. Man kehrte der „romantischen Fabrikorgel“ vom Anfang des 20. Jahrhunderts den Rücken. Der barocke Orgelbau wurde nach und nach wieder belebt, Damit auch das Klangideal des 18. Jahrhunderts.

Neben den Neuschöpfungen haben sich die Brüder verstärkt der Restaurierung älterer Orgeln zugewandt. Hans-Joachim Schuke schrieb: „Eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe des Orgelbauers ist die Rekonstruktion denkmalwerter historischer Orgelwerke. Diese vielseitige Arbeit erfordert vom Orgelbauer neben großem handwerklichem Können nicht nur das Studium der alten Orgelakten und wissenschaftlicher Forschungen, sondern auch ein Einfühlungsvermögen in die künstlerische Ausdrucksform und in den Klangstil der jeweiligen alten Meister.“

Hans-Joachim Schuke musste 1940 in den mörderischen Krieg ziehen. Nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft in Russland kehrte er im Mai 1948 nach Potsdam zurück und nahm seinen Beruf wieder auf. 1953 trennten sich die beiden Brüder. Karl Schuke ging nach Westberlin und gründete dort eine eigene Orgelbaufirma. Hans-Joachim Schuke wurde daraufhin allein Chef des Potsdamer Unternehmens. Seit dem Jahre 1953 entstanden in seiner Schaffenszeit 235 Orgeln im In- und Ausland. Eines der bedeutendsten Werke befindet sich in der Potsdamer Erlöserkirche.Friedrich Meinel, der ehemalige Kantor dieses Gotteshauses bemerkte: „Der Klang der Schuke-Orgeln, die Qualität und Charakteristik jedes Registers, die Geschlossenheit des Plenums und die gediegene handwerklich-technische Solidität haben die Freude an der Arbeit am Instrument immer wieder beflügelt.“ Eine Zwangsverstaatlichung musste Hans-Joachim Schuke 1972 über sich ergehen lassen. Dennoch leitete er die Firma bis zum Jahre 1976 als staatlicher Angestellter. Ein Schlaganfall beendete aber sein Berufsleben sehr plötzlich. Am 20. Juli 1979 verstarb der Orgelbaumeister. Er wurde auf dem Neuen Friedhof in Potsdam beigesetzt.

Sohn Matthias erlernte bei seinem Vater ebenfalls den Beruf eines Orgelbauers. 1988 legte er seine Meisterprüfung ab. Als nach der Wende der Betrieb reprivatisiert wurde, übernahm Matthias Schuke die Geschäftsführung der Firma, die heute leider nicht mehr an ihrem Traditionsstandort in Potsdams Holländischem Viertel wirkt, sondern in den Werderaner Havelauen. Die Instrumente, die heute bei Schuke gebaut werden, sollen „wie zu allen Epochen der deutschen Orgelbaugeschichte einen Stil der Fantasie, Kreativität und Ausdrucksform der Gegenwart widerspiegeln“(Matthias Schuke).

Einen Tag vor dem Gedenkkonzert wird der Firmenchef eine neue Orgel im Dom von Königsberg (Kaliningrad) einweihen.

11. Januar, 18 Uhr, Stiftskirche Hermannswerder, Gedenkkonzert an der Schuke-Orgel mit Robert Brodacki, Lublin/ Polen; 12. Januar, 10 bis 14 Uhr, Tag der offenen Tür, Werder(Havel), Otto-Lilienthal-Straße 33 (Havelauen)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false