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Kultur: Liebe in der Pflanzenhalle

Das Hans Otto Theater spielt in der Sanssouci-Orangerie Shakespeares „Was ihr wollt“ und Tschechows „Onkel Wanja“

Das Hans Otto Theater spielt in der Sanssouci-Orangerie Shakespeares „Was ihr wollt“ und Tschechows „Onkel Wanja“ Von Klaus Büstrin Unterwegs war das Hans Otto Theater in dieser Spielzeit in Potsdam, viel unterwegs. Im Palais Lichtenau, in der Villa Kellermann, auf der Freundschaftsinsel oder in der Russenhalle hat es sein Podium aufgebaut und meist sehr erfolgreich Theater gespielt, mit Inszenierungen, die vom Publikum sehr rege angenommen wurden. „Von den Künstlern, den Technikern und von allen anderen Mitarbeitern des Hauses ist in den vergangenen Monaten viel verlangt worden, manchmal sogar bis an die Grenzen der Belastbarkeit“, so Uwe Eric Laufenberg, der auf die erste Spielzeit als Intendant des Potsdamer Theaters zurückblickt. Zwei Premieren stehen aber noch aus, die wieder viele Kräfte binden werden: „Was ihr wollt“ von William Shakespeare (1. Juli, 20 Uhr) und „Onkel Wanja“ von Anton Tschechow (2. Juli, 20 Uhr). Gespielt wird bis Ende Juli im Park Sanssouci. „Wir konnten die Schlösserstiftung überzeugen und sind dankbar dafür, dass sie uns die westliche Pflanzenhalle der Orangerie für unser Sommertheaterprojekt zur Verfügung stellt.“ König Friedrich Wilhelms IV. in den Jahren 1850 bis 1856 erbaute überdimensionierte Anlage wirkt selbst wie eine Theaterkulisse. Und in ihr haben sich Mimen, Sänger und Musiker schon des öfteren zusammen gefunden, um zu spielen und zu musizieren. „In solch historischen Räumen Theater aufzuführen, ist ein großartiges Geschenk“, betont der Intendant und Regisseur. Bei den beiden Komödien, die das Hans Otto Theater präsentiert, spielt der Sommer eine wesentliche Rolle. Er kann den Körper und die Sinne ungemein aktivieren. „Und wir wünschen uns, dass unsere Stücke-Interpretationen dazu beitragen“, so Uwe Eric Laufenberg, der „Was ihr wollt“ und „Onkel Wanja“ mit Tobias Sosinka inszeniert. Für das Bühnenbild ist Gisbert Jäkel verantwortlich, die Kostüme entwarf Jessica Karge. „Jede Begegnung mit William Shakespeare und Anton Tschechow gehört zu den schönsten und anregendsten, die es in der Weltliteratur gibt“, sagt Laufenberg. „Ihre Stücke enthalten eine Unmenge unterschiedlicher Schichten. Sie sind leicht und zugleich dunkel grundiert.“ Die Komödien der beiden auf den ersten Blick so andersartigen Dichter – weil auch aus verschiedenen Jahrhunderten – beginnen melancholisch: Trauer, vergebliches Werben, Hoffnungslosigkeit, Ziellosigkeit. Bei Shakespeare entwickelt sich dieser Ausgangspunkt zu einer Vielzahl von Verwirrungen, Verwechslungen und Verkehrungen bis zur Auflösung, zur Klarheit und heiterer Gelöstheit. Bei Tschechow erlebt man bei den Personen verloren gegangene Ideale, lähmende Unfähigkeit zum Handeln und Tätigsein, jedoch auch Ausbruchsversuche gegen die Erstarrung. „In beiden Stücken geht es aber vor allem um die Liebe, um die Spielarten der Liebe, die bei Shakespeare und Tschechow so reich wie das Leben selbst sind“, erzählt Uwe Eric Laufenberg. „Es ist auch immer wieder faszinierend, wie tief die beiden Dichter, deren Lebensdaten 300 Jahre auseinander liegen, in das Innenleben von Menschen blicken. Beide sind nach wie vor zeitlose Autoren, von großer Aktualität.“ „Was ihr wollt“ und „Onkel Wanja“ werden von ein und demselben Darstellerensemble verkörpert. Viele Personen gleichen sich. Bei Shakespeare verzehrt sich beispielsweise Orsino nach Olivia, die ihn aber verschmäht, bei Tschechow hat der Landarzt Astrow ein Auge auf die Professorengattin Jelena geworfen, die ihm letztendlich eine Abfuhr erteilt. Personen der einen Komödie spiegeln sich überraschenderweise in den Figuren der anderen wider und werden auch von den selben Schauspielern dargestellt. So verkörpert Adina Vetter Olivia und Jelena, Henrik Schubert Orsino und Dr. Astrow. Die anderen Rollen in beiden Stücken befinden sich im ähnlichen Kräftefeld. Meriam Abbas spielt die Viola und die Sonja, Günter Junghans den Sir Toby Rülps und den Serebrjakow, Christian Klischat den Sir Andrew Leichenwang und den Onkel Wanja. Weiterhin sind Rahel Ohm, Gisela Leipert, Günter Rüger, Philipp Mauritz und Yüksel Yolcu mit von der Partie. Die Rollen in beiden Komödien sind für die Schauspieler tolles „Futter“. So mancher muss lange warten, ehe ihm wenigstens eine davon angeboten wird. Am Hans Otto Theater kann er sie an zwei auf einander folgenden Tagen spielen. Die Aufgaben, die das Darstellerteam jeweils zwei Stunden zu bewältigen hat, sind enorm groß, besonders bei den Zeitsprüngen. Sprachliche Ähnlichkeiten sind dagegen aber durch den einen Übersetzer, Thomas Brasch, gegeben. Bis Ende Juli gibt es von „Was ihr wollt“ 14 Vorstellungen, von „Onkel Wanja“ zehn. Danach beginnt die wohl verdiente Sommerpause. Die erste Premiere der neuen Spielzeit wird am 8. September beim Kinder- und Jugendtheater mit der „Kuh Rosemarie“ über die Bühne der Reithalle A gehen. Für den 1. Oktober ist dann „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill vorgesehen. Uwe Eric Laufenberg ist froh, dass er in einer der attraktivsten Städte Deutschlands, in Potsdam, Theater machen kann, dass es hier ein festes Ensemble gibt, dass sich der jahrzehntelange Traum der Potsdamer von einem richtigen Theater nun verwirklichen wird. Im September 2006 soll sich der Vorhang des neuen Hauses öffnen. Und natürlich hofft man auf viele spannende Spielzeiten. Laufenberg erinnert an das Wort der Vize-Bundestagspräsidentin Antje Vollmer: Das deutsche Stadttheatersystem sollte zum Weltkulturerbe erklärt werden.

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