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Kultur: Literarisches Potsdam

Wolfgang Feyerabend gab einen „Führer“ im Arche Verlag heraus

Wolfgang Feyerabend gab einen „Führer“ im Arche Verlag heraus So mancher Zeitgenosse möchte unbedingt ein Buch herausbringen, natürlich in einem renommierten Verlag. Klappt dies nicht, geben einige nicht auf. Sie veröffentlichen ihren Text in einem Eigenverlag. Bei wenigen schriftstellerisch Ambitionierten gelingt der Durchbruch, andere warten ein Leben lang auf einen dichterischen Erfolg. So war es wohl schon immer. In der Neuerscheinung des Arche Verlags Zürich-Hamburg „Spaziergänge durch das literarische Potsdam“ lässt Autor Wolfgang Feyerabend die Großen der Dichtkunst, die in der Stadt an der Havel für längere oder für kurze Zeit Wohnung nahmen, Revue passieren. Aber auch an so manch unbekannten oder vergessenen Autor, auch an solche, die gern im Dichterhimmel sein wollten, wird in dem Buch, das mit zahlreichen Abbildungen illustriert ist, erinnert. Der aus der Lutherstadt Wittenberg stammende Wolfgang Feyerabend hat bereits einen „Spaziergang“ veröffentlicht, nämlich einen mit Fontane durch Berlin. Der märkische Dichterfürst ist natürlich auch in dem Potsdamer Literaturführer mehrfach vertreten. Fontane hat zwar in seinen „Wanderungen“ Potsdam nicht bedacht, aber dennoch weilte er oft in dieser Stadt. In einigen Romanen, so in „Schach von Wuthenow“, gibt es Szenen, die in der einstigen Residenzstadt spielen. Auch andere Schriftsteller haben Stadt-Ereignisse für ihre literarischen Arbeiten aufgegriffen, so Heiner Müller, der die Tragödie des Hofnarren Gundling in einem Schauspiel reflektierte, Peter Hacks, der die legendäre Auseinandersetzung zwischen dem Müller von Sanssouci und Friedrich II. komödiantisch aufarbeitete. Auf fünf Spaziergängen wird der Leser durch das literarische Potsdam mitgenommen, Wohn- und Wirkungsstätten aufgesucht. Vieles ist dem Potsdam-Kenner bekannt. Lessings, Voltaires oder Storms Aufenthalte in Potsdam wurden zigmal beschrieben, aber sie dürfen in solch einem „Führer“ nicht fehlen. Auch Hermann Kasack oder der Verleger Gustav Kiepenheuer nicht. Fast jeder Autor wird bedacht, der irgendwann „nur einmal in Potsdam hustete“. Aber glücklicherweise wird dem Leser Neues mitgeteilt. Das Schöne ist, dass man durch Textbeispiele in die städtische und literarische Atmosphäre der jeweiligen Zeit wunderbar hineingenommen wird. Man erfährt, dass Erich Kästner Gast in der Neubabelsberger Villa von Brigitte Horney war, als er das Drehbuch für den Münchhausen-Film schrieb, dass Dietrich Bonhoeffer sich im Babelsberger Pfarrhaus in der Lutherstraße mit weiteren Persönlichkeiten der Bekennenden Kirche traf, dass Marie-Luise Kaschnitz als Kind in der Persiusstraße 1 lebte, dassPeter Huchel die Oberrealschule, Am Kanal, besuchte, dass Horst Bienek in einer Familie in derRussischen Kolonie zur Untermiete wohnte. Leider hat Feyerabend aber Schriftstellern unserer Zeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Da fehlen zum Beispiel Helga Schütz und der auch mehrfach als Autor hervor getretene Modedesigner Wolfgang Joop. Klaus Büstrin Wolfgang Feyerabend, Spaziergänge durch das literarische Potsdam, Arche Verlag, 14,80 Euro.

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