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Das Bürgerhaus am Schlaatz ist eins von 21 geförderten Nachbarschaftshäusern in Potsdam.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Potsdams Bürgerhäuser: Mitarbeiterschaft an Belastungsgrenze

Nachbarschaftshäuser gelten als Seismografen für die Stimmung in den Stadtteilen. Sie nehmen zunehmend auch soziale und beratende Aufgaben war. Damit das so bleiben kann, fordern sie mehr Unterstützung.

Das Personal der rund 20 Stadtteilhäuser in Potsdam sieht sich durch gewachsene Tätigkeitsfelder in den vergangenen Jahren an der Belastungsgrenze. „Die Arbeit der Nachbarschafts- und Begegnungshäuser ist aus den Häusern ,herausgewachsen’“, sagte Christian Kube, Stadtteilkoordinator für Bornstedt, im jüngsten Kulturausschuss (16. November). Er ist einer der drei Sprecher:innen des Arbeitskreises Nachbarschafts- und Begegnungshäuser. In den Ausschuss war er gekommen, um ein Zukunftspapier über die Arbeit in den Stadtteilen vorzustellen.

„Konzeptioneller Rahmen für die Gestaltung und Ausrichtung von Nachbarschafts- und Begegnungshäusern in der Landeshauptstadt Potsdam“ heißt das 18 Seiten starke Papier, das von September 2022 bis Juni 2023 vom Arbeitskreis der Nachbarschaftshäuser verfasst wurde. Ziel der Häuser war es, vor dem Hintergrund gewachsener Anforderungen eine Selbstverortung und Diskussionsgrundlage zu formulieren, ein „Living Document“, wie Kube es nennt.

21
geförderte Nachbarschafts- und Begegnungshäuser gibt es in Potsdam

Stadtteilhäuser sind nach der politischen Wende 1989 entstandene Orte des sozialen und kulturellen Miteinanders. Der Arbeitskreis bezeichnet sie als „soziale und kulturelle Grundversorgung in Potsdams Quartieren“. Die Bandbreite reicht dabei von ehrenamtlich betriebenen Bürgertreffs bis hin zu hauptamtlich geführten Stadtteil- und Kulturzentren. In den letzten Jahren hätten sich die Ansprüche sowohl der Potsdamer:innen, aber auch jene von Politik und Verwaltung an diese Orte stark verändert, sagte Kube im Ausschuss. Als Gründe nannte er die Auswirkungen der Flüchtlingsströme von 2015, die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg.

Warnungen und Forderungen an die Politik

Für die Arbeit der Stadtteilhäuser bedeutet dies zunehmend Aufgaben im sozialen Bereich. „Die soziale Komponente gerät mehr in den Fokus, gerade in Zeiten politischer Verwerfungen ist das von Bedeutung.“ Zu beobachten sei ein steigender Bedarf an Austausch und eine verstärkte Einsamkeit älterer Menschen, so Kube. „Heute gibt es mehr soziale Beratung, auch mehr Rechtsberatung, auch wenn die Kultur ein wichtiger Bestandteil bleibt“, sagte Antoinette Fuchs, Leiterin des Hauses der Begegnung in Waldstadt. 45 ehrenamtliche Mitarbeiter:innen seien dort tätig, berichtete Fuchs im Kulturausschuss. Insgesamt sei die Tendenz von ehrenamtlicher Mitarbeit steigend.

Durch die direkte Verortung in den Quartieren könnten Mitarbeitende der Stadtteilarbeit Stimmungen und Krisen direkt wahrnehmen „und schneller darauf reagieren als beispielsweise Teile der Verwaltung“, betonte Kube. Stadtteilarbeit fungierten insofern als „Seismografen für die Stimmung in den jeweiligen Stadtteilen“.

Während das unter Beteiligung von 15 Bürgerhäusern verfasste Papier vor allem die Vergangenheit und den Istzustand der Bürgerhäuser beschreibt, formulierte Christian Kube im Kulturausschuss auch deutliche mit Forderungen verbundene Warnungen an die Politik. Sollte an den Bürgerhäusern gespart werden, sagt er vor der Hintergrund kommender Haushaltsverhandlungen, würden „soziale Angebote wegbrechen, Beratungen dichtmachen und das soziale und kulturelle Leben in den Stadtteilen ärmer“. Es sei nicht vermittelbar, „warum die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst nicht auch an die Fachkräfte der Nachbarschafts- und Begegnungshäuser gezahlt werden sollen.“

Um weiter im Sinne resilienter Nachbarschaften arbeiten zu können, brauche man „eine zuverlässige und planbare Grundförderung“, so Kube. Ebenso wie die „Sicherstellung und Finanzierung von ausreichendem und qualifiziertem Personal“, die Bereitstellung geeigneter Räume und „eine bedarfsgerechte Infrastruktur“. Im Ausschuss einigte man sich darauf, gemeinsam mit dem Fachbereich Wohnen, Arbeit und Integration einen Fachtag einzuberufen.

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