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Schwebender Frauenakt. Mehrfachbelichtung in Beelitz-Heilstätten.

© K. Fahlbusch

Kultur: Rote Liebe

Fotografien von Klaus Fahlbusch im Pomonatempel

Rot – die Farbe schlechthin. Signalfarbe. Achtung. Leidenschaft. Tiefe. Wärme. „Ich würde schon sagen, dass das meine Lieblingsfarbe ist, die nach der Schwarz-Weiß-Phase kam“, sagt Klaus D. Fahlbusch, der mit neun Bildern eine neue Ausstellung im Pomonatempel auf dem Pfingstberg gestaltet hat. Der kleine Schinkel-Tempel, von dessen Dach man einen wunderschönen Blick durch üppiges Grün hinunter auf Potsdams Dächer hat, steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Pomona bekennt Farbe“. Auch Fahlbusch hatte sich für einen der drei Ausstellungszyklen beworben – dass die roten Bilder nun hier hängen, überrascht unter den Potsdamer Kunstfreunden eigentlich niemanden. Am Samstag stellt der Regen diese auf eine harte Probe, aber zur Vernissage ist es gemütlich voll, bunte Schirme und das Akkordeonspiel von Noriko Seki versprühen gute Laune.

„Das rote Tuch – Flüchtiges im Verfall“ hat Fahlbusch die Auswahl seiner Farbexplosion genannt. Eigentlich sei die ganze Sache ein absolutes Zufallsprodukt. Letztes Jahr war er gebeten worden, eine Ausstellung im Café Guam auszurichten, sah sich die Räume an und dachte: Da muss unbedingt Farbe rein. Dabei ist er seit jeher Verfechter der Schwarz-Weiß-Fotografie, bis zur Wende betreibt der studierte Meteorologe die Fotografie „nur“ als – wenngleich recht intensives – Hobby, dann erst entscheidet er sich für die freiberufliche Laufbahn, arbeitet als Kameramann und macht unendlich viele Reisen.

Mit der Digitalisierung kommt die Farbe. Und als Fahlbusch 2010 sein Archiv durchsieht, stellt er fest, dass er viele rote Bilder hat, die zusammenpassen. „Was hier hängt, ist in den letzten fünf bis sieben Jahren entstanden“, sagt der Fotograf. Unverkennbar seine Vorliebe für inszenierte Bilder, in denen Geschichten stecken, für Frauen, für schöne Körper, das Spiel zwischen ihnen und der Kamera. Mit Licht und eben Farbe. Und manchmal mit dem Zufall. Es gibt Bilder, die hat er als verunglückt angesehen, bis sie sich zum Schluss als absoluter Glücksfall erwiesen.

Sein bevorzugtes „Atelier“ schon zu DDR-Zeiten, als die Russen dort noch Volleyball spielten, sind die Ruinen in Beelitz-Heilstätten. Ein Geheimtipp für die Liebhaber von morbidem Verfall, von geheimnisvollem Ambiente. Ungestört kann man dort Models bröselige Treppen hoch- und runterjagen, fliegen die Mädchen die Gänge der einstigen Frauenklinik entlang. Offenes Mauerwerk, mit russischen Buchstaben beschriftet, unwirtliche Dunkelheit, bräche nicht doch hin und wieder Sonnenlicht durch rohe Fensterlöcher. Mit mehreren Frauen war er hier. Eine Schauspielerin brauchte Bilder für ihre Mappe, eine Kunststudentin, selbst Fotografin, modelte für Fahlbusch genauso wie seine damalige Freundin.

Im Gepäck hatte Fahlbusch mehrere rote Tücher, wie sie Tänzerinnen benutzen, alles Weitere ergab sich aus der Situation. So auch das sogenannte „Pechbild“, in dem sein Model mit fliegendem Tuch eine Treppe hinaufläuft – und leider das Tuch verliert. Am Ende ergab sich wegen der Langzeitbelichtung ein einzigartiger Effekt: Am Boden das gestochen scharfe, leuchtend rote Tuch, das flüchtige Mädchen, kaum wahrnehmbar, verwischt, man sieht vier Beine, es läuft die Stufen hoch, davor ein filigranes, schmiedeeisernes Geländer. „Mein bestes Bild“, sagt er jetzt. Ganz anders die Frau komplett verhüllt, frontal, unterm Tuch der zarte Körper nur angedeutet, und irgendwie erinnert es fatalerweise an eine Burka. Fast schwebend die Frauenakte, als Torsi mit dem wehenden Tuch, leicht unscharf, verletzlich und doch selbstbewusst. Die Wärme in den Bildern kollabiert seltsam mit dem Verfall – wie unwirkliche Feenwesen schwirren sie durch die alten Mauern.

„Das passt doch gut hierher“, sagte Andrea Eichenberg vom Förderverein Pfingstberg zur Eröffnung am Samstagnachmittag. Auch das Belvedere sei erst langsam nach der Wende vor dem Verfall gerettet worden. Mit seinen roten Bildern war Fahlbusch, seit 2011 stellvertretender Vorsitzender des Brandenburgischen Verbands Bildender Künstler, im vergangenen Jahr in Potsdams Partnerstadt Perugia zu Gast. Im Oktober gestaltet er gemeinsam mit dem polnischen Maler Jacek Sztuka eine Ausstellung zum Thema „Menschen in Verkehrsmitteln“. „Er malt, ich fotografiere, und als wir entdeckten, dass wir beide am gleichen Thema gearbeitet haben, wollten wir unbedingt zusammen ausstellen.“

Wer darauf nicht warten will und zum vielen Rot einen farblichen Ausgleich benötigt, dem sei das Café Guam empfohlen: noch bis Ende September hängen dort Fahlbuschs „Blau-Rausch“-Bilder. Abstraktes und Landschaft, viel Himmel und Wasser. Steffi Pyanoe

Die Ausstellung „Das Rote Tuch“ im Pomonatempel ist bis 11. 9., Sa, So und an Feiertagen von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

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