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Kultur: Tanz ohne Publikum

Studiobühne in den Bahnhofspassagen eröffnet

Studiobühne in den Bahnhofspassagen eröffnet Eigentlich sollte es ein Tag zum Feiern werden für den Verein „300 Jahre Preußen“ in den Bahnhofspassagen. Der Sekt stand schon bereit. Aber dann gab es am Freitagabend in den Räumen neben dem UCI-Kino keinen Grund mehr, die Flaschen zu entkorken. Denn: Die weißen Plastikstühle für das Publikum blieben fast leer. Nur eine Hand voll Gäste saßen verstreut in den Reihen (ein Fotograf, ein Filmer, Vertreter des Vereins), als die Berliner Dance Company Bettina Owczarek zeitgenössischen Tanz auf die mit Pappe abgeklebte und mit schwarzem Stoff umhängte Bühne brachte. Nicht einmal Laufpublikum aus den Passagen fand für die durchaus anspruchsvollen Kurz-Choreographien den Weg in den provisorisch umgebauten Ausstellungsraum, in dem gewöhnlich Preußisches präsentiert wird. Was als Eröffnung einer Studiobühne für Kleinkunst geplant war – wurde ein Flop. Der starke Regen. Potsdamer Musikfestspiele. Theateraufführungen in Potsdam. Das wohl seien die Gründe für das Drama, meinte Markus Wilhelmy von „300 Jahre Preußen“. Vielleicht hat sich aber auch niemand zum Bahnhof aufgemacht, weil niemand vermutet hat, in dem hektischen Bauklotz, organisiert von einem Verein, der sich gewöhnlich dem Historisch-Preußischem widmet, so hochkarätigen Tanz vorzufinden. Musikgeplärre aus den Lautsprechern im Gang. Eilende auf dem Weg von hier nach dort. Vorbeigeschobene, vollbepackte Einkaufswagen. Das Piepsen von Scannern an Ladenkassen. Eine unruhige Stimmung, die nicht zu dem passt, was die Tänzerinnen Bettina Owzcarek und Verena Fleißner ein Stück weit vom Geschehen entfernt auf den Pappuntergrund zu bringen vermochten. Inspiriert von dem Violinenspiel von Friedrun Vollmer oder Cellistin Stephanie Schempp. Die renommierten Künstlerinnen, die mit Abschlüssen an bekannten Kunsthochschulen aufwarten können, mit Stipendien und internationalen Auftritten, zeigten ein vergeistigtes Bewegungsspiel, das kraftvoll und einfühlsam Kafkas Verwandlung interpretierte oder von Bach-Klängen inspirierte Figuren verkörperte. Wie unschön, als in stillen Momenten die Säuselmusik aus den Passagen herüber drang. Stille, sinnliche Kunst, so viel steht fest, ist in der neuen Studiobühne in den Bahnhofspassagen sehr fehl am Platz. Schon eher kann man sich vorstellen, dass sich hier folkloristische Gruppen präsentieren, mit Musik, Kostümen und viel Bewegung – sie haben der unruhigen Umgebung etwas Lautes entgegenzusetzen. Es soll da einen Bedarf geben, sagt Wilhelmy. Mehr als einmal hätten ihn Botschafter aus Berlin nach einem bezahlbaren Veranstaltungsort in Potsdam gefragt. Die „schlichte Bühne“ soll nun kostengünstige Alternative zu den teuren Sälen in der Stadt sein. Großer Raum, zentral, gut zu erreichen, günstig. Das sind die Pluspunkte des Ortes. Wilhelmy stellt sich vor, dass Veranstalter für einen kleinen Unkostenbeitrag hinter dem schwarzen Vorhang Lesungen, Tanz, Musik und Theater aufführen. „Auch Experimentelles, das zum Ambiente passt“, sagt er. Für jedermann buchbar. Mit etwas Fantasie bekommt er bei den Gastveranstaltungen dann auch einen thematischen Bezug zum Preußentum hin...Marion Hartig

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