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Kultur: Wege in das Klanglabyrinth

Gesualdo Consort Amsterdam begeisterte in der Französischen Kirche

Der letzte Contrapunctus aus Bachs „Kunst der Fuge“ bildete den Auftakt des Nachtkonzertes in der Französischen Kirche mit dem Gesualdo Consort, einem achtköpfigen Vocalensemble aus Amsterdam, zu dem sich die Violone (Matthias Müller-Mohr) sowie Orgel und Hammerklavier (Detlef Bratschke) hinzugesellten. Deren Leiter Harry van der Kamp hat dem unvollendeten instrumentalen Stück den Text „Ein selig Ende mir bescher“ unterlegt. Diesem Gipfelwerk der Polyphonie kamen die ausgezeichneten Sänger mit großer Konzentration bei, doch noch fehlte stimmliche Leichtigkeit, die sich bei den folgenden Werken aber zunehmend einstellte. Dann spürte man, dass die Klangkultur, wie sie das Gesualdo Consort pflegt, in Europa nicht oft anzutreffen ist.

Nach dem Contrapunctus waren Chorwerke der Bachsöhne Carl Philipp Emanuel und Johann Christoph Friedrich zu hören,die in die Zeit der Empfindsamkeit gehören. Auch sie reagierten auf den strengen mathematischen Fugenstil des Vaters teilweise mit Ablehnung, sie empfanden ihn als gezwungen und engstirnig. Man hielt kaum etwas von der Fuge, der Passacaglia, der Chaconne. Von der neuen, modernen Musik verlangte man vor allem dramatische Effekte, dramatisch in einem anderen Sinne als Bach oder Händel. Vielseitige differenzierte Emotionen, seelische Erschütterung und moralische Motive, in einen ständigen Wechsel in der Melodieführung, Dynamik, Spannung und Lösung sollten sich in der Musik wiederfinden.

Mit unglaublich expressiver Intensität sang das Consort die Vertonungen der Gedichte Christian Fürchtegott Gellerts „Der Kampf der Tugend“ und „Bitten“ von C.Ph. E. Bach sowie die Motette „Ich liege und schlafe ganz mit Frieden“ von J. Ch. F. Bach. Es war erstaunlich, wie Van der Kamp mit den Sängern und Instrumentalisten ins Innere vorstieß, wie er die Wege in diesem Klanglabyrinth zeigte, alles war im besten Fluss. Genauso auch die „Neue Litanei , die Carl Philipp Emanuel vertonte. Sie könnte mit der Zeit wegen ständiger Wiederholung langweilig werden. Doch der Harmoniewechsel, die Ausdruckskraft und die Schönheit des Singens ließen die Litanei zu einem Glücksfall für diesen Konzertabend werden. Bei aller Perfektion kam auch das Emotionale nicht zu kurz. Zwischendurch spielte Detlef Bratschke an der Grüneberg-Orgel zwei Sonaten von Carl Philipp Emanuel Bach in einer wohldurchdachten pointierten Wiedergabe. Klaus Büstrin

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