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Kultur: Wie in einem Fluss

Serge Weber Komponist und Choreograph bei „Himmelsleiter“ am HOT

Serge Weber Komponist und Choreograph bei „Himmelsleiter“ am HOT Von Klaus Büstrin In eine Zeitreise durch Stationen deutscher Geschichte wird der Zuschauer ab morgen in der Russenhalle (Schiffbauergasse) mitgenommen. Die Lebenswege deutscher Kommunisten vom Ende des Ersten Weltkrieges bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts hat der Autor Ulrich Zaum nachgezeichnet. Doch am Ende ihres Lebens –manche auch schon früher – konnten sie nur noch feststellen, dass ihre Utopien gescheitert sind. „Himmelsleiter“ nennt Zaum vielsagend sein Stück, dass nun das Hans Otto Theater zur Uraufführung bringt. Regie führt Tobias Sosinka, der mit seiner Inszenierung von Kleists „Die Hermannsschlacht“ für Gesprächsstoff sorgte. Als Partner hat der Regisseur den Komponisten Serge Weber wieder gewinnen können, der auch schon beim Kleist-Stück eigene musikalische Lichtpunkte setzte. Neben der Komposition und der musikalischen Einstudierung hat Weber für die „Himmelsleiter“ auch die Choreografie übernommen. Der äußerst vielseitige Künstler, der aus Paris stammt, Konzertpianist und Organist war, eine Orgelbaulehre in Göttingen abschloss, u.a. Theologie studierte, als Pop-, Rock- und Jazzpianist auftrat, über 200 Musiken für Film, Fernsehen und Hörfunk schrieb, hat vor allem in der Theaterwelt einen gewichtigen Namen. Besonders die Zusammenarbeit mit dem Choreographen und Regisseur Johann Kresnik hat ihn geprägt. Kresnik versichert sich fast für jede seiner Inszenierung der Mitarbeit Webers. „Irgendwann vor 30 Jahren habe ich das erste Mal mit Kresnik ein Stück gemacht“, erzählt Serge Weberin einem PNN–Gespräch. „Dann verging eine lange Zeit. Wir verloren uns aus den Augen. In Bremen begegneten wir uns plötzlich auf der Straße wieder. Ein paar Höflichkeitsfloskeln fielen uns ein. Doch kaum war ich zu Hause, rief mich Kresnik an: Hast du Lust für mein Stück ,Ulrike Meinhof’ die Musik zu schreiben?“ Weber sagte zu. Und es begann eine äußerst fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit. An 17 Produktionen war der Komponist beteiligt, unter anderen an der kontrovers diskutierten Inszenierung „Die zehn Gebote“ in der Friedenskirche in Bremen. „Kresniks Aufspüren von sozialem und politischem Sprengstoff, den er immer wieder wild zupackend und verstörend in seinem Choreographischen Theater auf die Bühne bringt, fasziniert mich. Kresnik ist ein absoluter Humanist.“ Demnächst wird Weber mit Kresnik in Stuttgart ein Stück über Gudrun Ensslin herausbringen Serge Weber ist ein umtriebiger Theatermacher. So mancher Künstler würde die Nase rümpfen, wenn ihm ein Kompositionsauftrag vom Ohnsorg-Theater in Hamburg angetragen wird, doch der Franzose greift zu. „Es macht total viel Spaß mit den sehr professionellen Schauspielern und Regisseuren dieses Volkstheaters zusammen zu arbeiten, die sich mit ihren Stücken der heiteren Nachdenklichkeit verschrieben haben.“ Nach der morgigen Premiere in Potsdam geht es gleich wieder nach Hamburg, um eine weitere Bühnenmusik zu einem Stück im Ohnsorg-Theater zu schreiben. Nun war Serge Weber intensiv an den Proben zur „Himmelsleiter“ am Hans Otto Theater beteiligt „Ich glaube, wir haben in dieser Inszenierung das so genannte klassische Theater verlassen. Mit Mitteln des Schauspiels, der Musik und der Choreographie versuchten wir, eine Symbiose zu schaffen.“ Die Künstler möchten dem Zuschauer vergessen machen, dass, was sie erleben, Theater ist. In die Geschichte von Menschen die große Sehnsucht nach Freiheit haben, denen Liebe, Schmerz und Hass nichts Fremdes ist, soll man wie in einen Fluss hinein gerissen werden.“ Manchmal reicht die Sprache nicht aus, um etwas zu erzählen. Darum wird in dem Stück der Musik eine große Rolle zukommen. Serge Weber hat die Musikliteratur der Vergangenheit durchforstet, um sie in die Geschichte einzufügen. Da erklingen Ausschnitte aus Bachs Passionsvertonungen, Verdis Requiem, ein Mussorgski-Lied ... Die Schauspieler singen und musizieren live, chorisch oder solistisch. Serge Weber war froh darüber, dass er vor allem in der Sängerin Gabriele Näther eine engagierte Mitstreiterin in musikalischen Fragen hatte. Mit „Ich bin gespannt, was Sie zu ,Libera me’ aus Verdis Requiem in der , Himmelsleiter sagen“, verabschiedet sich Serge Weber aus unserem Gespräch.

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