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Potsdam-Mittelmark: An die Stöcke, fertig, los

Nordic Walking kommt immer mehr in Mode / Im Naturpark Nuthe-Nieplitz können Sportler unter sieben Rundwegen wählen

Nordic Walking kommt immer mehr in Mode / Im Naturpark Nuthe-Nieplitz können Sportler unter sieben Rundwegen wählen Von Claus-Dieter Steyer Nuthe-Urstromtal. Nordic Walker brauchen mitunter ein dickes Fell, gerade in Brandenburg. Das liegt an den Spötteleien von Spaziergängern und klassischen Freizeitläufern auf Wald- und Parkwegen. Da mangelt es oft nicht an „gut gemeinten“ Ratschlägen: „Schon wieder die Schneeschuhe vergessen!“ oder „Durchhalten! An der nächsten Ecke kommen gleich die Gletscher.“ Diese Scherze liegen vor allem an der auf den ersten Blick etwas sonderbar anmutenden Fortbewegungsart. Die Freizeitsportler schreiten im flottem Tempo aus und stützen sich dabei mit zwei Stöcken ab, die wie Skistöcke aussehen, aber keine Teller haben. Doch zumindest in zwei Brandenburger Gegenden können die Nordic Walker ungestört ihre Runden drehen: rund um das kleine Dorf Kemnitz im südlich Berlins gelegenen Naturpark Nuthe-Nieplitz und am Summter See, nördlich der Hauptstadt. Während in Kemnitz schon mehrere Rundkurse ausgewiesen sind, steht diese Wegplanung in Summt noch bevor. Ende November wird hier ein Nordic-Walking-Fest für Anfänger und Profis gefeiert. Doch schon jetzt haben die Anhänger der ursprünglich aus Skandinavien stammenden Sportart das nur wenige Kilometer von der Autobahn entfernte Terrain rund um den Summter und den benachbarten Mühlenbecker See für sich erobert. Vor allem an den Wochenenden packen sie hier ihre Stöcke aus und marschieren los. „Bei uns in Kemnitz sind die Witzbolde inzwischen verstummt“, erzählt Hendrikje Flick, Chefin des kleinen Seminar- und Gästehauses am Dorfanger. „Die Vielzahl der Walker hat sie wohl überzeugt.“ Die 58-jährige Biochemikerin zog vor einigen Jahren in den Ort in der Nähe von Luckenwalde. Ein leer stehendes Bauernhaus baute sie zu einem gemütlichen „Seminar- und Gästehaus“ um. Sechs Zimmer stehen zur Verfügung und die sind wie zu Großmutters Zeiten eingerichtet: massive Schränke aus Holz, bequeme Sofas und große Betten. Da das kleine Landhaus aber abseits der touristischen Hauptrouten liegt, hat die engagierte Hotelfrau ihr Hobby zu einer Geschäftsidee gemacht. „Ich hatte vor einigen Jahren von den angeblich so starken Vorteilen des Nordic Walking gelesen“, erinnert sich Hendrikje Flick. „Dann habe ich es selbst ausprobiert und sofort viel Spaß daran gefunden.“ Es folgte eine Ausbildung zur Trainerin und nun darf sie ganz offiziell andere Menschen in die Geheimnisse dieser Sportart einweisen. Anfängern und Fortgeschrittenen bietet sie in Zusammenarbeit mit anderen Trainern Wochenendseminare an. Die Walking-Stöcke kann man übrigens gleich an Ort und Stelle ausleihen. Nach ersten Übungsrunden im Garten geht“s in den Wald. Sieben verschiedene Routen stehen zur Auswahl. Der kürzeste Rundweg endet nach 3,9 Kilometern, der längste schlängelt sich 17,5 Kilometer durch Wald und Flur. Bei der Naturparkverwaltung Nuthe-Nieplitz stieß Hendrikje Flick auf offene Ohren. Auch, weil es ja eine Möglichkeit ist, den Park bekannter zu machen. Zudem: Nordic Walker stören die Natur nicht, glauben Naturschützer. Nur in der Dämmerung, wenn das hier zahlreich vorhandene Wild besonders aktiv ist, sollen die Läufer Rücksicht nehmen. Trainer Peter Weiss hat die wichtigsten Vorzüge seiner Sportart in Stichworten an die Scheibe seines Autos geklebt: Der Kalorienverbrauch liegt um 20 Prozent höher gegenüber dem schnellen Laufen, bis zu 400 Kalorien pro Stunde werden verbrannt, die Stöcke fangen die Bewegung ab und schonen die Gelenke, 85 Prozent aller Muskeln werden beansprucht. „Wenn Sie während der Trainingsrunden noch lächeln, bewegen Sie fast 100 Prozent“, scherzt der Mann mit der Trainerlizenz des Weltverbandes der Nordic Walker. Darüber hinaus, so betont er, könne man die schöne Umgebung genießen und erleben wie es ist, sich körperlich einfach gut zu fühlen. Wer den Sportlern zuschaut, könnte leicht am Sinn eines speziellen Trainingskurses zweifeln. Alles sieht so leicht aus. Kann das nicht jeder ganz von selbst? Trainer Weiss schüttelt den Kopf. Wer ein optimales Ergebnis erreichen wolle, brauche eine fachliche Einweisung. Das beginne schon bei der Auswahl der Stöcke, die nicht vibrieren dürften. Für die Anfänger demonstriert er, wie Nordic Walking korrekt funktioniert: lange Schritte und eine rhythmische Bewegung im Oberkörper gehören dazu. Eine junge Frau aus dem nahen Jüterbog fühlt sich nach dem ersten Wochenendlehrgang schon viel besser. Die Schmerzen in Schulter und Rücken, verursacht durch Schreibtisch- und Computerarbeit, seien verschwunden. Kein Wunder, durch den Einsatz der Stöcke werden die Muskeln gelockert, alles wird gut durchblutet. Auch gegen Migräne soll diese Bewegungsart ausgezeichnet helfen. Rehabilitationskliniken und einige Krankenkassen haben den Wert bereits erkannt und bieten Kurse an. Die Chefin des kleinen Hotels am Kemnitzer Dorfanger begibt sich nicht nur mit ihren Gästen auf die neu markierten Routen. Sie frönt auch allein ihrer Leidenschaft. Bei einer Dreiviertelstunde liegt das tägliche Trainingspensum von Hendrikje Flick. In den Leitlinien der Weltverbandes werden sogar noch längere Zeiten empfohlen. Zwischen 60 Minuten und bis zu stattlichen vier Stunden sollen die Nordic Walker unterwegs sein, um den Körper in Schwung zu halten.

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