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Dauerbaustelle: Das Blütenviertel Caputh wartet darauf, dass es endlich fertig wird.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Capuths neue Mitte: Wie das Recht an einer ungenutzten Leitung die Fertigstellung des Blütenviertels blockiert

Seit fast einem Jahrzehnt wird an dem Wohnquartier in Caputh gebaut. Ein Eisspeicher liegt bereits in der Erde. Doch immer wieder gibt es Probleme – diesmal ist es eine ungenutzte Leitung.

Über 100 Wohnungen, teils altersgerecht, Reihenhäuser mit Seeblick, Gewerbeflächen, Co-working-Spaces – und ein Versorgungskonzept, das zu 75 Prozent erneuerbare Energien nutzt: Das sehen die Pläne für das Blütenviertel vor, einem Wohnquartier auf rund acht Hektar in der knapp 5000 Seelenortschaft Caputh, einem Teil der Gemeinde Schwielowsee in Brandenburg, rund 50 Kilometer südlich von Berlin. Es soll Wohnraum für rund 450 Menschen bieten.

Doch der Bau kommt nicht voran. Vor Ort, in Capuths neuer Mitte: eine Baustelle. Zwei Wohnkomplexe stehen, eingekleidet in Baugerüste, warten auf ihre Fertigstellung. Auf dem Bauabschnitt an der Friedrich-Ebert-Straße – geplant sind hier über 30 Wohnungen – liegt nur Sand und Schotter, umschlossen von einem Bauzaun. Dabei sollte das Wohnquartier längst fertig sein.

DDR-Recht blockiert Bauvorhaben

„Hier liegt das Problemgebiet“, sagt Investor Lothar Hardt, und zeigt auf die benannte Fläche an der Straße. Hardt hat das gesamte Areal, auf dem nun die Baugerüste und ein Rewe-Markt stehen, schon vor vielen Jahren gekauft. Zuvor standen auf der Fläche zwischen Templiner und Caputher See Gewächshäuser, in denen Gurken und Nelken wuchsen.

Und aus dieser Zeit stammt auch das Leitungsrecht, das im Bebauungsplan (B-Plan) der Gemeinde für das Areal an der Friedrich-Ebert-Straße eingetragen ist: also das Recht, auf dem Grundstück eine Leitung zu errichten und zu nutzen. Der Grund, warum der Bau nicht vorankommt. Und weshalb Gemeinde, Baubehörde des Kreises und Bauherren sich nicht einig werden. Denn: über der gelb eingezeichneten Leitung darf nicht gebaut werden.

Nur Sand und Schotter: Der Abschnitt „Haus B“ des Blütenviertels
Nur Sand und Schotter: Der Abschnitt „Haus B“ des Blütenviertels

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Die Baugenehmigung für das Areal reichte Hardt vor über zweieinhalb Jahren ein. Die Baubehörde signalisierte, dass der Antrag wegen des Leitungsrechts nicht genehmigt werden kann.

Gemeinde möchte B-Plan nicht ändern

Zwar könnte der B-Plan geändert werden. Hardt und sein Kollege Hans Wolfgang Pausch, Geschäftsführer des eigens für den Bau gegründeten Unternehmens „Caputh Mitte Blütenviertel“, hatten die Löschung des Leitungsrechtes schon bei der Gemeinde beantragt. Doch bislang will diese den Plan nicht ändern – obwohl die Leitung keiner nutzen will.

Die Investoren hatten sich bei den örtlichen Energieversorgern NBB und Edis erkundigt. Dieser Zeitung liegen Erklärungen vor, aus denen sich ergibt, dass die Unternehmen auf das Recht an der Leitung verzichten. „Keiner will die Leitung haben, jetzt nicht, und auch nicht in Zukunft“, sagt Pausch.

„Wir haben etliche Bedarfe, B-Pläne zu erstellen. Im Außenbereich, wo gebaut werden soll“, erklärt Kerstin Murin, Fachbereichsleiterin Bauen und Planen der Gemeinde. Priorität habe beispielsweise auch der neue Standort für die Feuerwehr. Außerdem hätten die Gemeindevertreter nicht hinter einer Änderung des Plans gestanden.

Hans Wolfgang Pausch, Geschäftsführer von „Caputh Mitte Blütenviertel“
Hans Wolfgang Pausch, Geschäftsführer von „Caputh Mitte Blütenviertel“

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Capuths Ortsvorsteherin Freundner sagt, die massive Verdichtung des Baus passe nicht in den B-Plan. „Wir leben hier vom dörflichen Charakter. Wir sind ein staatlich anerkannter Erholungsort.“ Das innovative Energiekonzept sehe sie „sehr positiv“. Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) schreibt auf Anfrage: „Wir hoffen sehr, einschließlich unsere Bürgerinnen und Bürger, dass der B-Plan aus 2013 realisiert und umgesetzt und vor allem zu Ende gebracht wird“.

Ein bis zwei Jahre Verzögerung

Damit die Investoren weiter bauen können, ist ein neuer Bauantrag nötig. Dabei müsste das Gebäude zweigeteilt werden, sodass in der Mitte Platz bleibt – wegen der eingetragenen, nicht genutzten Leitung.

Wir wollen den Ort beleben. Hier soll etwas passieren.

Hans-Wolfgang Pausch, Geschäftsführer von „Caputh Mitte Blütenviertel“

„Die neue Planung kostet uns eine Million Euro und Verzögerungen von mindestens zwei Jahren“, sagt Pausch. 30 Wohnungen können nicht gebaut werden. Eine Bäckerei und eine Apotheke, die in die untere Etage des Gebäudes ziehen wollten, können nicht einziehen. Auch den Arbeitern für die weiteren Bauarbeiten müsste man absagen. Die Bauarbeiten für den weiteren Abschnitt, auf dem barrierefreie Wohnungen entstehen sollen, müssten warten. „Wir bauen hier Wohnungen mit einem innovativen Energiekonzept. Wir wollen den Ort beleben. Hier soll etwas passieren“, sagt Pausch.

Schwimmbad unter der Erde: Der Eisspeicher von innen mit Rohleitungen
Schwimmbad unter der Erde: Der Eisspeicher von innen mit Rohleitungen

© S&P Sahlmann Planungsgesellschaft/S&P Sahlmann Planungsgesellschaft

Das Energiekonzept aus Fotovoltaik, Blockheizkraftwerk, Wärmepumpe und Eisspeicher, mit dem sich das Blütenviertel zu großen Teilen autark versorgen soll, ist einsatzbereit. Ein 19 Quadratmeter großer Eisspeicher, der im Winter die Gebäude wärmen und im Sommer kühlen soll, wurde bereits in die Erde gesetzt. Für das Konzept hat das Viertel 2018 einen Innovationspreis erhalten. Allerdings kann das Energiekonzept nur seine volle Energie nutzen, wenn das gesamte Areal steht, sagt Pausch.

Im Sommer sollen die Wohnungen mit Einbauküche – sie sollen rund 17 Euro den Quadratmeter kalt kosten – des bereits fertiggestellten Rohbaus bezugsfertig sein. Einige der Reihenhäuser sind bereits verkauft. Wann das Blütenviertel steht, können weder Bauherren, Kreis noch Gemeinde sagen. Bislang sieht es so aus, als bleibt das Areal zumindest in Teilen erst einmal eines – eine Baustelle.

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