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Bald kein großer Bahnhof mehr. Ab dem kommenden Jahr soll die Regionalbahnlinie 22 zum Großflughafen Schönefeld an Michendorf vorbeifahren.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Nur der Fluglärm kommt künftig direkt

Michendorf hat Anbindung an den Flughafen BER verloren / Land plant neue Investitionen ins Bahnnetz

Michendorf - Sie haben Unterschriften gesammelt, Briefe verschickt, Gutachten erstellt – es hat alles nichts genutzt: Die Michendorfer werden definitiv ihre direkte Bahnverbindung nach Schönefeld verlieren. Das hat Egbert Neumann, Sprecher des Landesverkehrsministeriums, gestern bei einem Termin in Potsdam unterstrichen. Die Entscheidungen über den Nahverkehrsplan, der ab Januar gilt, seien längst getroffen. Für die Michendorfer, die bis zuletzt gekämpft hatten, eine denkbar schlechte Nachricht: Mit der Neueröffnung des Großflughafens BER in einem Jahr droht ihnen zwar der Lärm durch An- und Abflüge. Um den Airport selbst zu nutzen, müssen sie jedoch künftig Umwege in Kauf nehmen.

Michendorfs Ordnungsamtsleiterin Juliane Seidel reagierte enttäuscht auf die endgültige Abkopplung vom Flughafen-Express: „Man lässt die Leute einfach im Regen stehen“, sagte sie während des Termins in Potsdam. Hans Marx vom Bundesverband Führungskräfte Deutscher Bahnen warnte ebenfalls davor, langjährige Bahnkunden zu vergrätzen, nur um neue zu gewinnen: „Wer südlich von Seddin wohnt, wird künftig aufs Auto umsteigen“, prognostizierte er.

Als Alternative zur Regionalbahn 22, die künftig von Potsdam aus über Golm und den Außenring fahren soll, wird eine neue Linie 23 eingesetzt. Die fährt dann von Potsdam aus über Caputh und Seddiner See nach Michendorf. Dort ist jedoch Endstation. Ein Vorschlag der Michendorfer war, diese Linie bis Saarmund weiterzuführen, damit Pendler aus ihrer Gemeinde und aus dem gesamten Fläming dort in den Flughafenzug umsteigen können. Doch auch daraus wird nichts, wie Bernd Arm vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg erklärte. Er schlug vor, dass der Landkreis einen Bus einsetzt.

Kopfschütteln auch bei der Industrie- und Handelskammer: Die hatte im Vorfeld eine eigene Studie vorgelegt und darin den Ausbau des Bahnhofs Michendorf zum regionalen Knotenpunkt empfohlen. „Unser Ansatz war, dass man die Pendler nicht erst nach Potsdam zieht, sondern die Verkehrslage in der Stadt entspannt“, so Tilo Schneider von der IHK Potsdam.

Eigentlicher Anlass des Treffens von Verkehrsplanern und Betroffenen gestern war jedoch die neue Studie über mögliche Bauprojekte an den Bahnanlagen im Großraum Potsdam (PNN berichteten). Das Ziel ist es, mehr Leute in die Züge zu bekommen. Das Büro Spreeplan GmbH hat dafür diverse Möglichkeiten untersucht, so die Reaktivierung des Bahnhofs Bergholz, den Neubau eines Bahnhofs Nuthetal oder den Ausbau von Gleiskurven, um neue Linienführungen zu ermöglichen (PNN berichteten). Einige Punkte sind verworfen worden, andere wurden miteinander kombiniert. Unterm Strich könne man aber erreichen, dass viel mehr Fahrgäste die Bahn nutzen, so Verkehrsplaner Bertram Teschner. Als Größe nannte er 400 000 zusätzliche „Personenkilometer“ pro Jahr. Allerdings sind die Ergebnisse der Spreeplaner noch einmal vom VBB nach Kosten-Nutzen-Erwägungen gefiltert worden. „Volkswirtschaftlich sinnvoll“ und damit förderfähig seien demnach nur noch zwei Projekte: Der Neubau einer Bahnbrücke über die Wetzlarer Bahn für 4,4 Millionen Euro und die Reaktivierung der oberen Ebene am Bahnhof Pirschheide als Haltepunkt für den RB 22. Das würde noch einmal 2,2 Millionen Euro kosten.

Beide Vorhaben, die je nach Landtagsmehrheit in den kommenden Jahren umgesetzt werden könnten, hätten für das Umland Konsequenzen: Zugreisende aus Schwielowsee könnten in Potsdam-Pirschheide direkt in den Schönefeld-Express zusteigen. Das könnten auch die Michendorfer, die jedoch mit dem RB 23 erst aus der Gegenrichtung anreisen müssten. Die neue Bahnbrücke würde indes dazu führen, dass die jetzige Linie MR33 künftig ab Beelitz in nördliche Richtung über Caputh und Pirschheide zum Potsdamer Hauptbahnhof fährt – und nicht mehr wie bislang über Michendorf nach Wannsee. Dort soll allerdings ein weiterer Pendelzug eingesetzt werden. Mit dieser neuen Linie 34 und mit dem RE 7 würde man dann von Michendorf aus immerhin im Halbstunden-Takt nach Berlin kommen.

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