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Von Thomas Lähns: Zurück am mittelmärkischen Himmel

Über den Havelseen und dem Nuthe-Nieplitz-Naturpark sind wieder See- und Fischadler zu beobachten

Potsdam-Mittelmark - Über den Seen zwischen Havelland und Fläming ziehen sie wieder ihre Kreise: See- und Fischadler, lange Zeit völlig aus dem Bild hiesiger Seenlandschaften verschwunden, sind in den vergangenen Jahren zurückgekehrt. Acht Brutpaare des Seeadlers, dem größten heimischen Greifvogel, und insgesamt 38 Paare des kleineren Fischadlers gibt es hier mittlerweile wieder – noch vor 15 Jahren waren es nur ein See- und acht Fischadlerpaare. Strengeren Naturschutzgesetzen, tatkräftiger Hilfe von Vogelschützern und einem Umdenken in der Gesellschaft ist es zu verdanken, dass sich die Tiere hier allmählich wieder heimisch fühlen, so Günter Kehl von der Unteren Naturschutzbehörde in Belzig.

„Adler im Aufwind“ heißt es in der aktuellen Naturschutzbroschüre des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Darin wird der teils dramatische Weg der fünf ehemals heimischen Adler-Arten (See-, Fisch-, Stein-, Schrei- und Schlangenadler) bis zu ihrer Verdrängung aus hiesigen Gefilden nachgezeichnet. Denn noch bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurden die majestätischen Tiere als „Raubvögel“ und damit als Konkurrenten bei der Jagd verfolgt. So rückte auch der Fischadler, der in Teichen leichte Beute machen konnte, in das Visier so manchen Anglers. Aber auch Umweltgifte wie das mittlerweile verbotene Pflanzenschutzmittel DDT gefährdeten die Tiere, denn durch die Wirkstoffe sind die Eierschalen zu dünn geworden und beim Brüten geplatzt. Eine Bedrohung besonders für Seeadler waren Eierdiebe, welche die Nester ausräumten, um das Gelege an Sammler zu verkaufen.

Erst seit Ende der 70er Jahre sind die Tiere allmählich nach Deutschland zurückgekehrt, weiß Lothar Kalbe aus Stücken. Der promovierte Vogelkundler ist Mitglied der ornithologischen Arbeitsgruppe im Naturpark Nuthe-Nieplitz. Hier beobachtet und kartiert er Vögel und Brutplätze und sammelt damit grundlegende Daten für die Wissenschaft. Die Bedingungen für See- und Fischadler hätten sich verbessert, und das sei auch auf Schutzmaßnahmen zurückzuführen. So kümmere sich um die acht Seeadlerpaare jeweils ein ehrenamtlicher Horstbetreuer – ein Fachmann, der von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises ernannt werden muss. In einem Umkreis von drei Kilometern sieht er regelmäßig nach den Tieren, kontrolliert Zufahrtsverbote an den Waldwegen, achtet auf eventuelle Lärmquellen. „Seeadler sind sehr empfindlich gegenüber Störungen, die sie nicht kennen“, so Kalbe. Dazu würden nicht Traktoren oder Fahrzeuge der Forstwirtschaft zählen, an deren Geräusche hätten sich die Tiere gewöhnt.

Eine weitere Aufgabe der Horstbetreuer: Die Beobachtung der Brut und die Kennzeichnung der flügge gewordenen Jungtiere mit einem Ring, der auch mit dem Fernglas gelesen werden kann. Zufrieden blickt Kalbe auf das Ergebnis: Mit acht Seeadlerpaaren, sagt er, sei das Maximum in der Region schon fast erreicht. „Acht bis zehn Paare, mehr hätten hier keinen Platz.“ Doch immer noch droht den Tieren Gefahr durch den Menschen: Die häufigste Todesursache von Seeadlern sei heutzutage eine Bleivergiftung. Allzu oft würden Jäger das Wild vor Ort ausnehmen und den „Aufbruch“ nicht gut genug vergraben. Die Seeadler holen sich diese willkommene Mahlzeit, in der manchmal noch die Kugel steckt. „Auch Vögel, die abgeschossen aber nicht gefunden werden, nehmen sich die Seeadler.“

Dabei sei der Tisch eigentlich reichlich gedeckt: Im Sommer stehen Fische und im Winter diverse Wasservögel auf dem Speiseplan. Seeadler würden auch wieder über der Havel zwischen Potsdam und Werder (Havel) zu sehen sein, am besten ließen sie sich aber über dem Blankensee beobachten, empfiehlt Lothar Kalbe: Hier gibt es einen Aussichtssteg.

Zwar nicht über den Havelseen, aber über der Nuthe-Nieplitz-Niederung anzutreffen ist der Fischadler, wie er in rasanten Sturzflügen ins Wasser taucht und sich seine Beute holt, Auch für ihn hat der Naturschutz einiges getan, zum Beispiel durch den Bau von Nisthilfen auf Pfählen, sagt Naturschützer Günter Kehl. Im Gegensatz zum See- ist der Fischadler ein Zugvogel, der den Winter in Westafrika verbringt. Das konnte durch die Kennzeichnung mit Ringen bewiesen werden. So lassen sich ganze Lebensgeschichten verfolgen: Ein Fischadlerweibchen aus dem Beetzsee-Raum nördlich von Brandenburg (Havel) hat sich in Frankreich verpaart und bei Orleans an der Loire angesiedelt. Schon seit mehreren Jahren lebt das Tier dort.

potsdam-mittelmark.de

ornithologie-nuthe-nieplitz.de

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