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Turins Xavi. Andrea Pirlo (rechts) ist für Juventus immer noch unverzichtbar.

© AFP

Bayern-Gegner Juventus Turin: Kreativität und Muskeln

Juventus Turin dominiert in Italien wie zu großen Zeiten, ist vor dem Champions-League-Duell mit Bayern München aber längst nicht mehr so namhaft besetzt.

Es war eine Demonstration der Stärke. Eine, wie sie Juventus Turin in der italienischen Serie A seit fast zwei Jahren in steter Regelmäßigkeit abliefert. Am Samstagnachmittag tat sich Inter Mailand im heimischen Stadion schwer gegen den ungefährdeten Tabellenführer. Juventus siegte 2:1, hat neun Punkte Vorsprung in der Liga und steht damit vor der Titelverteidigung.

Vor dem Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Bayern erinnert nichts mehr an die Juventus-Mannschaft aus der Saison 2009/2010, die den Münchnern im bisher letzten Aufeinandertreffen 1:4 im eigenen Stadion unterlag. Vielmehr werden Vergleiche mit den großen Turiner Teams aus den Achtzigern und Neunzigern bemüht, als Juventus die nationale Konkurrenz ähnlich dominierte, wie es derzeit der Fall ist. Mit einem wesentlichen Unterschied: Im aktuellen Juventus-Kader fehlen anders als früher die ganz großen Stars. Zentrale Figur ist Spielmacher Andrea Pirlo, mit dem die seltene Kombination aus Ordnung und Genialität im Mittelfeld Einzug gehalten hat. Robert Kovac, der einst bei Hertha Zehlendorf begann und dann bei Bayern wie Juventus kickte, bezeichnete Pirlo aus gutem Grund als „den Xavi von Juventus“.

Neben Pirlo sind mit Italiens Nationalspieler Claudio Marchisio, dem aus seiner Zeit bei Bayer Leverkusen bekannten Arturo Vidal und Frankreichs Jungstar Paul Pogba viel Muskeln und Kreativität versammelt. Und die Hintermannschaft hat dank des wiedererstarkten Andrea Barzagli an Format gewonnen. Der Ex-Weltmeister macht dafür Felix Magath verantwortlich. „Er hat mich mental auf ein neues Level gebracht“, lobte Barzagli vor Ostern die Schinderei unter seinem früheren Wolfsburger Trainer Felix Magath.

Dabei gilt auch sein aktueller Coach Antonio Conte als harter Hund. Was Magath dem früher etwas schusselig und phlegmatisch wirkenden Innenverteidiger an Konzentrationsvermögen beigebracht hat, muss Conte nicht erst mühsam zu vermitteln versuchen. Die Mannschaft ist inzwischen wachsweich und gefügig unter der Leitung des früheren Juventus-Kapitäns, dafür jedoch ein unangenehmer Gegner.

Dauerbaustelle ist lediglich der Angriff. Im Gegensatz zu Bundestrainer Joachim Löw hätte Conte gern einen Mann wie Mario Gomez. Stattdessen muss er sich mit eher zweitklassigen Lösungen wie Fabio Quagliarella oder Alessandro Matri zufrieden geben. Und Sebastian Giovinco ist zwar für großartige Dribblings, aber auch ungewöhnlich klägliche Abschlüsse bekannt. Davon hat sich inzwischen auch Mirko Vucinic anstecken lassen, der vermutlich am Dienstag als einzige Spitze auflaufen wird.

Bei Inter trafen Matri und Quagliarella – und bedankten sich anschließend bei Nicolas Anelka. Der kantige Franzose, der im Winter aus China verpflichtet wurde, übt nicht nur Druck im Training aus. Er gibt auch einiges an Erfahrung weiter. Und Anelka ist auch für die Champions League spielberechtigt. Ein schlechtes Omen für die Bayern. Im Mai 2000 schoss er sie im Halbfinale – damals noch im Real-Trikot – mit zwei Toren fast allein aus dem Wettbewerb. Er weiß, wie es gehen kann. Und dieses Wissen scheint er seinen international weniger erfahrenen Kollegen im Angriff von Juventus auch vermitteln zu können. Anders ist nicht zu erklären, warum Conte geneigt ist, das Leihgeschäft mit dem Spieler, den er bislang nur fünf Minuten in der Champions League und deren zwanzig in der Meisterschaft einsetzte, auch über das Saisonende hinaus fortzusetzen. Anelka ist der Amboss für den Hammer Conte. Bayern muss aufpassen, nicht das Werkstück zwischen beiden zu werden.

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