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Hertha BSC: Begegnung mit dem Vorbild

Hertha BSC will seit Jahren das werden, was Werder Bremen schon lange ist: Ein Klub von internationalem Format.

Berlin - Wenn Dieter Hoeneß erzählt, dann umweht ihn oft der Duft der großenweiten Fußballwelt. Der eloquente Manager von Hertha BSC sagt schon mal gerne etwas zur Nationalmannschaft im Speziellen oder auch zur Lage des europäischen Fußballs im Allgemeinen. Mitunter schafft es Hoeneß auch, eine Brücke zu dem von ihm seit Jahren betreuten Bundesligisten zu schlagen. Etwa, indem er von der brasilianischen Nationalmannschaft spricht, und dann darauf verweisen kann, dass seine Berliner Spieler Gilberto und Mineiro dort Stammspieler sind. „Dass sie dann von einer Länderspielpause erschöpft nach Berlin zurückkommen“, sagt Hoeneß schulterzuckend, ja damit müsse „man leben, wenn man Nationalspieler hat“. Mehr als manch anderer Bundesligist – auch als Werder Bremen. Wenn Hertha heute um 15.30 Uhr am 10. Bundesligaspieltag im Weserstadion spielt, dann werden beim Gegner keine erschöpften Brasilianer dabeisein, in der Nationalmannschaft ihres Landes sind Diego und Naldo nämlich nur Ersatz.

Doch trotz brasilianischer Nationalspieler hat Hertha nicht die Größe, von der ihr Manager seit Jahren träumt. Es ist im Falle von Hertha und Werder ein Irrtum, etwa aus der Nichtberücksichtigung von Diego in seiner nationalen Auswahl irgendwelche Schlüsse zu ziehen: Als Kreativspieler haben sie in Brasilien eben noch größere Künstler als den jungen Bremer Profi – als Rollenspieler dagegen brauchen sie solide Mittelfeldarbeiter wie die Berliner Mineiro und Gilberto. Viel mehr als solide Arbeit hat Hertha in dieser Saison trotz einiger gelungener Auftritte und großer Versprechen des neuen Trainers Lucien Favre auch noch nicht abgeliefert. Heute treffen zwei Fußballwelten aufeinander: Der erfolgreiche Provinzklub und der seit Jahren um Ruhm kämpfende Metropolenverein, der seinen eigenen Ansprüchen oft hinterherspielt.

Der Respekt vor dem heutigen Spiel ist bei Herthas Trainer Favre nach drei sieglosen Begegnungen in Serie nun recht groß. „Die Bremer sind eine gute Mannschaft, und das sind sie schon lange in Deutschland“, sagt Favre. „Die spielen schließlich schon seit langem in der Champions League.“ Das ist eine Klasse, die Hertha ja laut dem von Manager Hoeneß kürzlich veröffentlichten Drei-Jahres-Plan erst in drei Jahren erreichen will. Doch auf dem langem Reifeprozess zur internationalen Klasse gab es zuletzt einige Dämpfer, das 0:0 gegen Aufsteiger Energie Cottbus vor der Länderspielpause zählt sicher dazu. Hoeneß allerdings hält sich bei der Analyse der momentanen Stärke seiner Mannschaft zurück: „Ich mache diese Schwankungen in der Bewertung der Mannschaft nicht mit.“ Er „verfalle nicht in Euphorie“ und „haue auch nicht alles in Sack und Asche“ wenn es mal nicht so läuft.

Letzteres Problem hat der heutige Gegner weniger, die Bremer zeichnen sich seit Jahren durch gute, kontinuierliche Arbeit aus. Donnerstag haben sie den Vertrag Thomas Schaaf bis zum Jahr 2010 verlängert. Seit 1972 schon ist der heutige Trainer im Verein, der mit seiner bodenständigen Sturheit sehr erfolgreich ist. Schaaf hat nun zu seiner Zukunft gesagt: „Wir haben noch viel vor, dazu gehört auch das Gewinnen von Titeln.“

Damit möchte sich Hertha so schnell ja noch nicht beschäftigen. Nicht Untergehen heißt das Motto für heute erstmal, denn die bisherige Auswärtsbilanz der Berliner ist bescheiden: In vier Auswärtsspielen gab es drei Niederlagen, nur beim 2:1 in Duisburg haben die Berliner auf des Gegners Platz überhaupt Tore erzielt. Zuletzt beim 0:1 bei Schalke 04 spielten die Berliner zu defensiv und zu ängstlich. Heute soll sich das ändern, kündigt Manager Hoeneß an. „Wenn die Bremer ins Laufen kommen, dann sind die sehr gefährlich“, sagt er. „Daher brauchen wir große Disziplin, eine hohe Laufbereitschaft – so können wir Nadelstiche setzen.“

Immerhin spricht die jüngere Geschichte für Hertha, am 16. März 2006 gab es schon mal eine Wende an der Weser: Da starteten die Berliner mit dem 3:0-Erfolg eine Serie von sieben Spielen ohne Niederlage. Der Respekt vor dem Gegner aus Berlin hält sich allerdings in Bremen trotzdem in Grenzen. Hertha hätte Abstimmungsprobleme, hat Schaaf beobachtet. „Aber sie hatten ja zuletzt auch viele Verletzte.“ Das klingt fast nach Mitleid. Fußballerisch gesehen ist Berlin eben mehr Provinz als Bremen: Zahlen belegen dies, von 26 Bundesligaspielen in Bremen hat Hertha bisher nur vier gewonnen, auch gab es die bisher höchste Auswärtsniederlage in der Bundesliga für Hertha in Bremen: In der Saison 1990/91 verloren die Berliner 0:6.

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