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Erstmals in der Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes gab es mit Bernd Neuendorf (links) und Peter Peters zwei Kandidaten für das Amt des Präsidenten.

© dpa

Update

Mehr Neuanfang als gedacht: Bernd Neuendorf wird neuer Präsident des DFB

Bernd Neuendorf ist neuer DFB-Präsident. Rainer Koch hingegen, die graue Eminenz des Verbands, verzockt sich. Er gehört dem Präsidium künftig nicht mehr an.

Hany Abo Rida aus Ägypten war nicht besonders gut zu verstehen, als er in seiner Eigenschaft als Mitglied des Fifa-Rats sein Grußwort an die Delegierten des DFB- Bundestags in Bonn richtete. Er sprach über den deutschen Fußball, über seine ungeheure Kraft, die ihn zu einer weltweit geschätzten Marke gemacht habe. „We admire you for this“, sagte Hany Abo Rida. Wir bewundern euch dafür.

Die Zustände im Deutschen Fußball- Bund (DFB) waren vermutlich nicht gemeint. Denn um die ist es erkennbar nicht gut gestellt. Im Gegenteil. In den vergangenen Wochen und Monaten ist das Bild eines chaotischen, in sich zerstrittenen und intriganten Verbandes gezeichnet worden.

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Insofern ging es in Bonn, beim 44. Ordentlichen DFB-Bundestag, mal wieder um einen Neuanfang. Um einen Neuanfang, der – ebenfalls mal wieder – durch die Neubesetzung an der Spitze dokumentiert werden soll. „Es gibt die Sehnsucht, den DFB wieder in ein ruhigeres Fahrwasser zu führen und die Querelen zu beenden“, sagte Bernd Neuendorf.

Das wird in Zukunft vor allem seine Aufgabe sein. Der 60-Jährige ist am Freitag zum neuen Präsidenten gewählt worden. In der ersten Kampfabstimmung in der 122-jährigen Geschichte des Verbandes setzte sich Neuendorf mit 193:50 Stimmen gegen seinen Mitbewerber Peter Peters, 59, durch. Er wird Nachfolger von Fritz Keller, der im Mai des vergangenen Jahres zurücktreten musste.

Gerhard Schröder wird die Ehrenmitgliedschaft entzogen

Das Ergebnis selbst kam wenig überraschend, die Deutlichkeit hingegen schon. Peters, als Kandidat der Profivereine ins Rennen gegangen, konnte nicht mal die rund 90 Stimmen des Profilagers auf sich vereinen. Für den neuen Präsidenten hingegen ist das Votum als deutlicher Vertrauensvorschuss zu deuten. „Das überwältigt mich schon“, sagte Neuendorf zu seinem Votum. „Ich trau's mir zu. Wir alle gemeinsam werden das gut hinbekommen.“

Womöglich wird ihm diese Aufgabe dadurch erleichtert, dass Rainer Koch dem neuen Präsidium nicht mehr angehört. Der bisherige 1. Vizepräsident hat sich verzockt. Koch, lange so etwas wie die graue Eminenz im Verband, unterlag bei der Wahl für den Posten eines einfachen Vizepräsidenten gegen Silke Sinning, die im Team Peters eigentlich Kandidatin für den Posten der 1. Vizepräsidentin war. Das Ausscheiden Kochs aus dem Präsidium ist ein deutlicheres Zeichen für einen Neuanfang, als es die Wahl Neuendorfs allein gewesen wäre.

Dabei ist der neue Präsident anders als Peters, der viele Jahre in den Gremien von DFL und DFB tätig war, von der zweifelhaften Vergangenheit des Verbandes weitgehend unbeleckt. Erst seit 2019 führt er den Fußballverband Mittelrhein. Zuvor hat er als Journalist gearbeitet, war zudem Sprecher der SPD, als Gerhard Schröder der Partei vorstand. Dem ehemaligen Bundeskanzler hat der DFB bei seinem Bundestag wegen seiner Haltung zum Ukraine-Krieg die Ehrenmitgliedschaft entzogen. Einstimmig.

Beide Kandidaten für das Präsidentenamt hatten für sich in Anspruch genommen, den Verband zu erneuern und zu befrieden. Auf der Videowand hinter Peters, der als Erstes seine Bewerbungsrede halten durfte, war zu lesen: „Ein ,weiter so’ ist keine Option“. Mit drei Ausrufezeichen. „Und ja, ich kandidiere tatsächlich“, sagte er gleich zu Beginn – mit Blick auf seine als gering eingeschätzten Chancen.

Peters hatte sich vor allem von Rainer Koch abgegrenzt, den viele für das personifizierte Böse im Verband halten, der als gewiefter Strippenzieher gilt und der eigentlich mächtige Mann im DFB. „Es liegt vielleicht nicht immer an den Medien oder Behörden, dass der DFB dieses Image hat“, sagte Peters. Auch Neuendorf erklärte, dass die Menschen die Querelen leid und zunehmend von ihnen genervt seien. „Wir brauchen eine neue Kultur des Miteinanders“, sagte er.

„Der DFB ist kein Hort des Bösen oder der Unfähigkeit“

Dass die ständigen Streitereien und Querelen zu einigen Verletzungen geführt haben, machte vor allem Stephan Osnabrügge deutlich, der nach sechs Jahren aus dem Amt des Schatzmeisters schied und von Stephan Grunwald, 37, abgelöst wurde. Er richtete harte Vorwürfe an die Kritiker des DFB. Der Verband sei „kein Hort des Bösen oder der Unfähigkeit“, sagte er. Osnabrügge geißelte „Skandalisierung und Kriminalisierung“, warf einigen Medien Zerstörungswut vor und klagte über „Hetzartikel der immer selben Zeitungen“. Er sei die Lügen und Unwahrheiten leid, sagte der scheidende Schatzmeister, „das Maß des Erträglichen ist weit überschritten“.

Auch Koch bezog zu den Vorwürfen gegen seine Person Stellung. „Die Arbeit im DFB ist viel besser als ihr Ruf“, sagte er. „Es ist medial ein Bild gezeichnet worden, dass der Verband im Dauerchaos versinke.“ Warum ein solches Bild von ihm und vom DFB gezeichnet wird, zeigte sich bei der Wahl zum einfachen Vizepräsidenten, für die er vom Süddeutschen Verband nominiert worden war. Koch selbst aber hatte sich kurzfristig dafür eingesetzt, dass neben ihm auch Silke Sinning antreten dürfe. Bei seiner Bewerbungsrede empörte er sich dann genau darüber und forderte von den Delegierten, die ihn nicht wählen wollten, sich gar nicht erst an der Abstimmung zu beteiligen.

Es war dies die genau eine Volte zu viel. Das Plenum reagierte empört auf Kochs durchsichtiges Manöver und sprach sich schließlich mit 163 zu 68 Stimmen für Sinning aus. Rainer Koch war volles Risiko gegangen – und hatte alles verloren.

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