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Leonhard Pföderl feierte gegen Ingolstadt ein überraschendes Comeback.

© imago/contrast

Blitzheilungen und verbale Mätzchen in den DEL-Play-offs: Lass dich überraschen

In den Play-offs der Deutschen Eishockey-Liga spielen Rhetorik und Manöver abseits der Spiele eine große Rolle. Auch die Eisbären mischen mit.

Es war ein fast schon hysterisches Lachen, das Mike Pellegrims da am späten Montagabend in die Kamera jubelte. Da hatte es doch der Moderator tatsächlich nach dem 4:1 der Adler Mannheim gegen die Grizzlys Wolfsburg gewagt, den Co-Trainer des Siegers auf mögliche Umstellungen im Spielsystem des immer noch jüngsten Meisters aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) anzusprechen.

Pellegrims sprach verkniffen: „Nein, dazu sage ich natürlich nichts.“ Natürlich nicht, der Belgier und Mannheims Cheftrainer Pavel Gross gelten ohnehin nach außen hin als die Kontrollfreaks der Liga, die lassen schon an sich nichts raus. Und erst recht nicht in den Play-offs, wenn es dann im Eishockey um alles geht wie am Montagabend in Mannheim im ersten Halbfinalspiel der Miniserie „Best of three“.

Das Beispiel Pellegrims vor Augen, erscheint es womöglich sinnvoller, die Moderatoren auf dem übertragenden Sender Magentasport würden dieser Tage auf Interviews verzichten und lieber ein paar Minuten lang etwas vorsingen oder noch ausführlicher die Spiele analysieren.

Zumal auch die Spieler nach allen Regeln der Kunst mauern in Mannheim. Kostprobe Torwart Dennis Endras: „Da müssen sie den Trainer fragen.“ Das wäre sinnlos. Aber es ist trotzdem so, dass Worte, Gesten und Taten abseits der Spiele in den Play-offs durchaus eine große Rolle spielen. Die Endrunde lebt auch mit ganz eigenen psychologischen Gesetzen, auch wenn in dieser speziellen Saison in den verkürzten Play-off-Serien womöglich weniger wirkungsvoll sind als sonst.

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Scheinbar belanglose Worthülsen – die hat Rick Goldmann schon als Spieler und nun als Fernsehmoderator gehört. Er sagt: „In den Interviews unmittelbar nach den Spielen fokussieren sich Spieler und Trainer in den Play-offs und auch schon in der Hauptrunde sehr auf ihre Rollen. Da geht es vor allem darum, keine Schwächen zu zeigen.“

Bei einem Interview einen Tag nach oder vor einem Spiel komme da meist mehr heraus. Aber gewinnbringender als Rhetorik seien in den Play-offs eher andere Maßnahmen, wie etwa „ein Überraschungsmoment“. Goldmann sagt: „Da wird in den Play-offs viel mehr Wert drauf gelegt, denn daraus kann sich ein großer Vorteil ergeben.“

Überraschung der Eisbären geht nicht auf

So haben es zum Beispiel die Eisbären aus Berlin am Montag mit einem Manöver versucht, ihren Halbfinalgegner aus Ingolstadt durcheinanderzubringen. Seit ein paar Wochen hieß es, Berlins Toptorjäger Leo Pföderl falle nach einer Knieverletzung bis zum Saisonende aus. Doch dann tauchte der Stürmer plötzlich in der Aufstellung für das Spiel am Montag auf – eine Stunde vor dem ersten Anspiel wurden die Ingolstädter davon überrascht.

Die Berliner liefen mit ihrer Paradereihe (Pföderl, Marcel Noebels und Lukas Reichel) auf. Allerdings wirkte der Überraschungseffekt nur zum Teil. Pföderl traf zwar gleich bei seinem – abseits des Klubs nicht erwartbaren – Comeback, trotzdem aber verloren die Eisbären das erste Spiel der Serie 3:4 und stehen am Mittwoch in Ingolstadt in Spiel zwei nun unter Druck (20.30 Uhr, live auf Sport 1).

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Womöglich hatte sich Eisbären-Trainer Serge Aubin mit der Rückkehr von Pföderl auch ein wenig Unruhe in die eigene Teamstruktur geholt, denn an sich funktionierte die Reihe mit Zach Boychuk als Ersatz für Pföderl in der gewonnenen Viertelfinalserie gegen Iserlohn recht ordentlich. Magentasport-Experte Rick Goldmann sieht es aber nicht so: „Wenn du so eine Reihe hast und der Pföderl kann spielen, dann muss er spielen. Durch Verletzungen ergeben sich ohnehin immer Umstellungen.“

Nach dem Spiel von Berlin am Montag, war es so, dass sich die Sieger rhetorisch mehr zurückhielten als die Verlierer. So antwortete der dreimalige Torschütze beim Ingolstädter Sieg, Louis-Marc Aubry: „Was besser war bei uns? Ich weiß es nicht.“ Immerhin versprach sein Trainer Doug Shedden, dass er auf ein Spiel drei in Berlin am Freitag keinen Wert lege.

Der neue Modus verändert die Serie

Typische Rhetorik in den Play-offs: Die vor dem Matchball stehen, lassen nichts raus. Die mit dem Rücken zur Wand stehen, reden sich stark. So sagte Pföderl nach der Niederlage seiner Mannschaft: „Wenn wir ein bisschen cooler bleiben und mit etwas mehr Selbstvertrauen spielen, dann hat man gesehen, dass Ingolstadt selten mit uns mithalten konnte. Wir brauchen jetzt noch zwei Siege – es hat sich nichts geändert.“

Der ehemalige DEL- und Nationalspieler Rick Goldmann bezweifelt aber, dass derlei Aussagen speziell in dieser Saison viel bringen oder etwa den Gegner nachhaltig beeindrucken können. Bei den üblichen „Best-of-seven“-Serien sei das anders, denn da begegnen sich die Spieler so häufig, dass sie dann nach ein paar Spielen ganz gut die Stärken und Schwächen des Gegners kennen. „Aber die Serien in dieser Saison sind einfach zu kurz, da bauen sich keine Geschichten auf. Du bist gleich nach einer Niederlage unter Druck.“

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