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Hat gut lachen: fifa-Chef Gianni Infantino (r.).

© Sergei Karpukhin/Reuters

WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko: Das Geben und Nehmen im Fußball geht weiter

Die Delegierten der Fifa haben entschieden: Kanada, Mexiko und die USA richten die WM 2026 aus. Marokko geht bereits zum fünften Mal leer aus.

Hat eigentlich Donald Trump schon angerufen? „Hmm, gute Frage“, sagt Gianni Infantino. Das Auditorium lacht, aber der Präsident der Fifa will das letzte Wort für sich haben. Also greift er in die Innentasche seines Jacketts und zieht das Mobiltelefon heraus – „acht Anrufe in Abwesenheit, da muss ich mal meine Mailbox checken.“ Gut möglich also, obwohl der US-Präsident Donald Trump ja eher über Twitter kommuniziert denn über Sprachnachrichten.

Egal. Infantino strahlt, zufrieden mit sich und seiner Schlagfertigkeit, wie es ohnehin ein sehr schöner Tag für ihn ist. „Sie sehen hier einen sehr glücklichen Präsidenten“, spricht er in die reichlich vor ihm aufgebauten Kameras und Mikrofone. Gerade hat er im Moskauer Expo-Center verkündet, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Kanada und Mexiko stattfinden wird. Das ist zwar noch ein Weilchen hin, „und erstmal wollen wir ja die WM hier in Russland genießen“. Aber erstens ist dafür ist in den kommenden Wochen noch genug Zeit und zweites hat es zuletzt bekanntlich ein paar Irritationen gegeben. Wegen Donald Trump und seiner gar nicht so mühsam kaschierten Drohung, er werde finanzielle Hilfen überdenken für jene Länder, deren Delegierte beim Kongress des Weltverbandes Fifa nicht für das von den USA angeführte Bündnis 2026 stimmen würden, sondern für den ewigen Außenseiter Marokko. „Ich habe mir da keine Sorgen gemacht“, sagt Infantino. „Nicht über den Präsidenten der USA, oder den aus Kanada oder Mexiko. Ich glaube, keiner von denen will die Fifa übernehmen.“ Auch diese spontan formulierte Sentenz gefällt ihm sehr gut.

Die Wahl ist am Ende so deutlich ausgegangen, dass Trumps Attacke nicht mal eine marginale Rolle gespielt haben dürfte. 134 Stimmen vereinigt das amerikanische Bündnis auf sich, die Marokkaner bekommen nur 65. Das entspricht in etwa den von der Fifa-Evaluierungskommission vergebenen Noten über die technische Qualität der ungleichen Bewerbungen. Tapfer gratulieren die Marokkaner den routiniert feiernden Siegern, sehr zur Freunde des 48 Jahre alten Italo-Schweizers Infantino. Noch eine kleine Rede: „Bei so einer Wahl ist das wie beim Fußball. Es ist ein sportlicher Wettbewerb, bei dem es immer einen Sieger geben muss. Aber wo Sieger sind, gibt es auch Verlierer. Da herrscht dann Traurigkeit, aber irgendwann musst du dich auf das nächste Spiel vorbereiten.“

Das ist in der Tat sehr scharfsinnig formuliert und impliziert auf charmante Weise, dass die Marokkaner bei dieser Spielart der sportlichen Niederlage über einige Erfahrung verfügen. Die hübsche und leidenschaftlich formulierte Präsentation von Moskau war schon die fünfte, mit der sich die Nordafrikaner erfolglos um die Ausrichtung einer WM bewarben. Mexiko darf dagegen nach 1970 und 1986 zum dritten Mal als Gastgeber der Fußball-Welt amtieren, wenn auch nur als Junior-Partner, denn zu mehr als zehn von 80 WM-Spielen wird es nicht reichen. Auch der Neuling Kanada bekommt nur zehn Spiele; 60 gehen in die USA, die zum zweiten Mal nach 1994 eine Weltmeisterschaft ausrichten.

Infantino: „Ich werde wieder als Präsident kandidieren“

Es reichte nur zu einer kleinen Überraschung an diesem Vortag des WM-Eröffnungsspiels zwischen Russland und Saudi-Arabien. Bei der elektronisch und nicht geheim abgehalten Abstimmung votierte ausgerechnet Rekord-Weltmeister Brasilien für Marokko. Na, das wird Mister Trump sich merken. Die Deutschen hingegen haben sich losgesagt vom Image des alten Europa, das ihnen Trumps Vorvorgänger George W. Bush mal verpasst hat. „Wegen des neuen Formats eines WM-Turniers mit 48 Mannschaften haben es kleinere Länder ohne umfangreiche Stadionkapazitäten schwerer, erfolgreich als Ausrichter anzutreten“, sagt Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Bevor es nun aber zu kuschelig wird mit den lieben Freunden jenseits des Atlantiks, schickt der frühere Bundestagsabgeordnete schnell noch eine kritische Note hinüber ins Weiße Haus. Für seine Verhältnisse überraschend deutlich geißelt Grindel Trumps kleinen Erpressungsversuch und spricht von bedauerlichen „politischen Interventionen des US-Präsidenten, die dem Fair-Play-Gedanken der Fifa widersprechen“.

Von Trump ist nichts mehr zu hören, mal abgesehen von den acht Anrufen in Abwesenheit, doch dafür muss Gianni Infantino erstmal seine Mailbox checken. Dafür schaut Wladimir Putin im Expo-Center vorbei. Russlands Staatschef versichert, es werde selbstverständlich eine großartige Weltmeisterschaft, woran er ja ohnehin nie einen Zweifel gelassen hat. Als Infantino zur Danksagung ans Mikrofon geht, ergibt das ein seltsames Bild. Infantino ist gut einen Kopf größer als Putin. Die beiden verschwinden für ein Wort unter Männern hinter den Kulissen. Wer weiß, was die beiden da besprochen haben.

Der Fifa-Chef kehrt jedenfalls noch einen Tick beschwingter zurück. Er plaudert alternierend auf Englisch, Spanisch Französisch und Deutsch, wie großartig und transparent sich der zuvor schwer angeschlagene Verband unter ihm entwickelt habe. Nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses gönnt Infantino dem Bündnis „United 2026“ ein paar Minuten des Jubels und beansprucht das letzte Wort doch für sich. Nicht über USA/Kanada/Mexiko 2026, sondern über Paris 2019, den nächsten Fifa-Kongress. „Ich werde wieder als Präsident kandidieren“, ruft er in den Saal, und jetzt ist es nicht mehr nur ein guter, sondern ein perfekter Tag für ihn.

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