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Sport: Dem Leichtgewicht entwischt

Handbiker Vico Merklein siegt zum dritten Mal in Folge im Marathon – und revanchiert sich für London.

Berlin - Am Ende der Glinkastraße biegt Vico Merklein mit seinem Handbike links ab, nun sieht er das Brandenburger Tor, es sind die letzten paar hundert Meter bis zum Ziel, er kurbelt, weiß Rafal Wilk hinter ihm, in seinem Windschatten Kräfte sparend. So geht das bereits einige Kilometer. Bei den Paralympics in London vor drei Wochen gewann Merklein die Silbermedaille, Gold sicherte sich der Pole Wilk. Das sollte in seiner Heimatstadt nicht passieren. „Ich wollte nicht nur den Titel, sondern auch meine Stadt verteidigen“, sagt Merklein nach dem Rennen in Berlin. Wilk ist kleiner, etwa zehn Kilogramm leichter und wenn der erstmal zum Sprinten kommt, hat Merklein keine Chance. Also mobilisierte der 35-Jährige die letzten Kraftreserven und fuhr einen Vorsprung heraus, konnte sogar vor der Zieldurchfahrt die Arme in den sonnigen Himmel strecken. Vico Merklein hat den Hattrick geschafft: Nachdem er beim Regenrennen 2010 siegreich war und im letzten Jahr Streckenrekord fuhr, gewann er nun erneut sein Lieblingsrennen in einer Zeit von 1:05:21 – eine Sekunde vor Wilk.

Nach dem Medaillengewinn von London habe er ein extremes Tief gehabt, erzählt der gebürtige Berliner. „Da ist so viel Druck abgefallen, dass ich erst einmal sieben Tage das Fahrrad in die Ecke gestellt habe.“ Dann kitzelte es doch wieder. „In Berlin zu fahren ist einfach außergewöhnlich. So viele Menschen, die solch ein Lärm machen – wahnsinn“, sagt Merklein, der seit einem Motorradunfall querschnittsgelähmt ist.

Früh setzte sich der in Hessen lebende Merklein an die Spitze des Handbike-Feldes, lange Zeit lag ein Quartett an der Spitze. Bei Kilometer 38 aber kollidierten zwei seiner Konkurrenten, sie schieden aus. Von dort an war er mit Wilk allein – und nahm erfolgreich Revanche für London. „Zweiter ist dann doch eben erster Verlierer“, sagt Merklein. Auch wenn er sich über sein Edelmetall bei den Paralympics sehr gefreut habe.

Merklein ist Profisportler, das ist ungewöhnlich für einen Handbiker. Er trainiert an sechs Tagen in der Woche. „Häuser kann ich von meinem Sport zwar nicht bauen“, aber durch Sponsoren komme Merklein finanziell gut aus. Vom Karriereende spricht er noch nicht, mindestens bis zu Londons Nachfolgespielen in Rio in vier Jahren will er weiter machen. „Vorher habe ich dreimal die Chance, Weltmeister zu werden. Das will ich nutzen.“ Wie man Straßenrennen gewinnt, hat Merklein bewiesen – allein dreimal in Berlin. Nicolas Diekmann

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