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Kann was vorweisen. Hans Zach, ehemaliger Eishockey-Bundestrainer.

© Sven Hoppe/dpa

Deutsche Eishockey-Legende: Der Alpenvulkan Hans Zach wird 70

Der frühere Eishockey-Bundestrainer war derjenige, „der als einziger Bayer Wasser zur Schweinshaxe trinkt“. Nun wird er 70 Jahre alt. Eine Würdigung.

Es gibt diese Anekdote mit dem Busfahrer. Zu seiner Glanzzeit als Eishockey-Bundestrainer hat Hans Zach sie in etwa so zum Besten gegeben: Der Fahrer des Mannschaftsbusses habe pünktlich abzufahren und dürfe nicht auf verspätete Spieler warten. Verspäte sich gar Zach selbst, was natürlich undenkbar war, und der Busfahrer warte auf ihn, dann würde „der umgehend entlassen“. Der Busfahrer. Es gibt aber auch andere Geschichten, die das Image vom knallharten Regelmann Zach konterkarieren. So soll der kantige Tölzer in seiner Funktion als Klubtrainer der Düsseldorfer EG nach zwei verlorenen Halbfinalspielen 1991 gegen Rosenheim der Mannschaft frustriert gesagt haben: Jetzt weiß ich auch nichts mehr, macht ihr das mal allein. Drei Siege später war die DEG im Finale der damaligen Bundesliga.

Wer weiß schon, ob das alles so hinkommt. Hans Zach ist schließlich eine Anekdotenmaschine. Einer, der sich inszenieren konnte. Circa anderthalb Stunden vor einem Länderspiel scharrte der Bundestrainer Hans Zach die Journalisten um sich und erzählte mit angestrengter Miene und gedämpfter Stimme, wie nun dem nächsten Gegner mit Kampf und Wille beizukommen sei. Fragen waren erlaubt, wurden meist knallig knapp beantwortet. So etwas ist heute im Profisport undenkbar.

Hang zur Selbstinszenierung

Am Sonnabend wird der knarzige Oberbayer 70 Jahre alt. Und eines lässt sich sicher sagen: Hans Zach hat das öffentliche Bild des deutschen Eishockeys lange Zeit geprägt. Dieser Mann, „der als einziger Bayer Wasser zur Schweinshaxe trinkt“. Harte Schale, weicher Kern, dieses Image hat Zach gepflegt. Und das macht er auch heute noch, es ist ihm mit auf den Weg gegeben worden. Vor ein paar Tagen hat der Eishockeyrentner und Metzgermeister davon erzählt, dass seine Mutter nur zwei Tage nach der Entbindung am 30. März 1949, also am 1. April, wieder hinter der Ladentheke in der familieneigenen Fleischerei an der Tölzer Marktstraße gestanden habe. „Die Leute hielten das für einen Aprilscherz.“ Das mit dem Kind.

Aber Hans Zach ist kein Aprilscherz. Er ist ein Mann mit strittigem und temperamentvollem Gemüt und einem Hang zur Selbstinszenierung. Der Titel seiner 2003 erschienenen Autobiographie lautet: „Ich, der Alpenvulkan“. Natürlich. Aber Zach ist eben auch der Mann, der das deutsche Eishockey in schwierigen Zeiten ein großes Stück weit am Leben gehalten hat. Es wäre übertrieben zu sagen, dass es ohne Zachs Engagement im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends die großen Erfolge der Nationalmannschaft im laufenden Jahrzehnt – WM-Vierter 2010 und Olympia-Silber 2018 – nicht gegeben hätte, aber Zach hat schon ein Stück weit den Boden dafür bereitet.

Mit dem Bundestrainer Zach stieg die Mannschaft im Jahr 2000 aus der Versenkung der B-Gruppe auf und erreichte ein Jahr später sensationell das Viertelfinale bei der Heim-WM. Und das unter (aus heutiger Sicht) absurden Bedingungen: Damals gab es in der Deutschen Eishockey-Liga nach dem Bosman-Urteil kaum deutsche Spieler und nicht einen einzigen deutschen ersten Torwart bei den Klubs. Zach trat bei der WM mit zwei Ersatztorhütern (Christian Künast und Robert Müller) an.

Viermal Deutscher Meister

Bei den beiden WM-Turnieren danach wurde die Mannschaft unter Zach noch besser, große Talente wie Denis Seidenberg und Christian Ehrhoff wurden unter ihm stärker. 2003 in Finnland scheiterte Zach mit dem Team im Viertelfinale in Turku erst in der Verlängerung gegen die Kanadier, die eine Woche später Weltmeister wurden. Defensive und Kampf waren die Zach'schen Komponenten und auch die Stärke, schon mal auf Stars zu verzichten und auf Spieler zu setzen, die in sein System passten. Ein Jahr später warfen ihm seine Kritiker vor, dass er unattraktives Beton-Eishockey spielen würde. Er musste als Bundestrainer gehen, nachdem er mit dem Team bei der WM in Prag das Viertelfinale knapp verpasst hatte.

Der Klubtrainer Hans Zach hat in Deutschland vier Meistertitel gewonnen, drei mit Düsseldorf, einen mit den Hannover Scorpions. In Niedersachsen hatte er kontinuierlich eine Spitzenmannschaft entwickelt. Entwickeln, das war eine Stärke des Mannes, der als Spieler 1982 mit Rosenheim Meister wurde und vorher in dem Nationalteam war, das 1976 bei den Olympischen Spielen in Innsbruck Bronze holte.

Der passionierte Wandersmann Hans Zach genießt heute seine schöne oberbayrische Heimat. Eishockey verfolgt er vor allem in Bad Tölz bei seinem Heimatklub und dortigem Zweitligisten. Als kritischer Zuschauer, wie zu hören ist. Vor fünf Jahren war er noch mal Interimstrainer bei den Adler Mannheim. Aber dann war Schluss. Hans Zach hat den richtigen Zeitpunkt für den Abgang gewählt. Das moderne Eishockey wird immer mehr zur Wissenschaft, die Trainer- und Analysestäbe immer größer. Einer wie Hans Zach wird da immer undenkbarer.

Wie nur hätte der Disziplinfan Zach als Nationaltrainer einem Leon Draisaitl, gerade auf dem Weg zum weltweit besten Stürmer, erklärt, dass er mehr Defensivarbeit verrichten muss? Aber womöglich hätte er auch das geschafft, der Zach Hans. Er kann ja noch mehr als er zugibt und versteckt sich eben ein Stück weit hinter seinen vielen Anekdoten. Womöglich kennen die wenigen Gäste, die er am Sonnabend in Tölz zur Feier seines 70. Geburtstages eigeladen hat, den wahren Hans dahinter. Wenn überhaupt.

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