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Schon lange paralympisch. Sitzvolleyball ist ein Highlight bei den Spielen.

© imago/AFLOSPORT

Kolumne - Mein Weg nach Tokio: Einmal mit dem Flugzeug in die USA - und direkt wieder zurück

Unsere Kolumnistin berichtet diesmal über Sitzvolleyball und die Schwierigkeiten bei der Paralympics-Vorbereitung in Zeiten von Corona.

In fünf Monaten, am 24. August 2021, sollen die Paralympischen Spiele in Tokio beginnen. Mit am Start wird die gebürtige Berlinerin Maria Tietze sein. Die inzwischen 31-Jährige begann einst mit dem Fußball als Sportlerin und ist nach einem Unfall und einer Amputation am linken Unterschenkel nun Paralympionikin (und spielt nebenbei immer noch Fußball). An dieser Stelle wird die Sprinterin und Weitspringerin monatlich und dann vor den Spielen in kürzeren Abständen über ihren Weg nach Tokio und andere Dinge rund um die Paralympics erzählen.

Ist Ihnen die Sportart Sitzvolleyball ein Begriff? Hierbei handelt es sich um eine Variante des Volleyballs, die auf dem Hallenboden sitzend gespielt wird. Natürlich nicht im Schneidersitz, das wäre zwar bequem, aber dann eher bewegungsarm.

Dabei steht Sitzvolleyball dem stehenden Pendant bei der Spielgeschwindigkeit in nichts nach. Die Regeln sind auch ziemlich gleich. Die größte Ausnahme ist, dass bereits die Angabe am Netz geblockt werden darf und sich die beiden Teams mit jeweils 6 Feldspielern auf einem etwas kleineren Feld bewegen.

Sitzvolleyball findet man oft in den Angeboten des Parasports, obwohl es sich um eine sehr inklusive Sportart handelt. Auf lokalem Niveau dürfen nicht nur Menschen mit und ohne Behinderung sondern auch Männer und Frauen gemeinsam um Punkte spielen. Auf paralympischer Ebene müssen allerdings alle Spieler:innen eine Behinderung aufs Papier bringen. 1992 und 2012 brachte die deutsche Männermannschaft die paralympische Bronzemedaille mit nach Hause.

Dieses Jahr ist die Hoffnung bei den Herren nach wie vor groß, auch wenn der Weg nach Tokio sich schwierig gestaltet. Während Athlet:innen aus Einzelsportarten immer wieder mal Wettkampfluft schnuppern können, steht es um Teamevents abseits des Fuß- und Handballs etwas anders.

Konkret hat es die Mannschaft letztes Jahr insofern getroffen, dass sie bereits im Flieger nach Oklahoma zum Qualifikationsturnier saß und unmittelbar zurück fliegen musste, weil die Grenzen der USA für ausländische Einreisende geschlossen wurden.

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Dieses Turnier wurde also überaus kurzfristig abgesagt und sollte eigentlich jetzt im Februar in Deutschland stattgefunden haben. Auch dieses musste verschoben werden und soll nun vom 1. bis 6. Juni in Duisburg stattfinden. Unsere Hoffnung für Tokio spielt in einem sieben Mannschaften starken Turnier zunächst in einer Gruppe mit Kasachstan und Kanada um das verbliebene Ticket nach Tokio.

Die Frauen haben leider ihre Qualifikation bereits vor dem ersten Lockdown verpasst, müssen aber genauso mit ausgefallenen und verschobenen Turnieren klarkommen. Die Nations League sowie EM konnten zunächst nicht stattfinden und sind nun für Juli, respektive Oktober angesetzt.

Unsere Kolumnistin Maria Tietze.

© imago images/Beautiful Sports

Nicht leichter wird die Situation wenn man auf Trainingsmöglichkeiten schaut. Weil sich die Spieler:innen am Netz direkt gegenüber sitzen, handelt es sich offiziell um eine Kontaktsportart. So gab es im ersten Lockdown keine Möglichkeit gemeinsam zu trainieren. Man musste mit online Training, individuellen Stabi- und Ausdauerprogrammen bei sich daheim auskommen.

Im Sommer waren wieder Lehrgänge möglich

Als wieder Training in kleinen Gruppen möglich war, trainierten sie mit einer Plane über dem Netz, damit sich niemand anatmet. Im Sommer waren wieder Lehrgänge der Nationalmannschaften möglich. Natürlich nur nach PCR-Test, mit strengem Hygienekonzept und möglichst an Orten, wo man die einzige Gruppe war.

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Es folgte bekanntlich der zweite harte Lockdown und alle Kaderathlet:innenen durften weiter trainieren sowie zu Lehrgängen der Nationalmannschaften fahren. Zunächst.

Plötzlich wurden die Frauen von Trainingslagern ausgeschlossen, weil nur die Männer noch eine Chance auf eine Teilnahme an den Paralympischen Spielen haben. Für die Spielerinnen war diese Entscheidung nur schwer nachzuvollziehen, weil diese Einschränkung im olympischen Sport nicht gegeben war. Im Deutschen Behindertensportbund jedoch wurde für alle Parasportarten diese engere Regelung eingeführt.

Die Woche beginnt mit einem Schnelltest

Natürlich hielt die Mannschaft sich an die Vorgaben, schließlich möchten sie niemanden gefährden. So gab es dann nur noch Vereinstraining. Am Bundesstützpunkt Leverkusen unterziehen sie sich zu jedem ersten Training der Woche einem Schnelltest und beginnen die Sportwoche nur nach negativem Ergebnis.

Bisher sind sie mit diesem Verfahren sehr gut unterwegs. Vermutlich sind danach alle Nationalspielerinnen einzeln sehr fit, aber wie es um Spielzüge und gemeinsames Verteidigen in der Nationalmannschaft stehen wird?

Sonja Scholten vom TSV Bayer 04 Leverkusen beschreibt selbst, wie froh und dankbar sie ist, Sportlerin und Kaderathletin zu sein. Denn so bleibt wenigstens direkter Kontakt zum Team bestehen, was eine enorme mentale Stütze ist, da sie seit März 2020 im Homeoffice arbeitet. Sie und ihre Mitspieler:innen sind sich dieser Vorteile bewusst und man glaubt ihrem Tonfall sofort, dass es viel mehr als eine beliebige Floskel ist. Es zeigt sich also recht deutlich, dass den Athlet:innen zwar durch ihren Sport viel Gutes widerfährt, sie derzeit aber statt mit Aufschlägen vor allem mit Spontanität und Flexibilität glänzen müssen.

Maria Tietze

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