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© Bernd König

Eisbären in der Krise: Unordnung und neues Leid

Nach der dritten Niederlage gegen Hannover müssen die Eisbären erkennen, dass sie nicht mehr das beste Team der Deutschen Eishockey-Liga sind. Am Dienstag treten sie ersatzgeschwächt in Krefeld an.

Berlin - Sascha Goc hatte eine Sekunde. Im Eishockey ist das eine Ewigkeit. Der Verteidiger der Scorpions hatte Zeit, zu überlegen, wie er denn nun den Puck im verwaisten Berliner Tor unterbringen konnte. 50 Meter lagen zwischen Schütze und Ziel. Mit einem präzisen Schuss bugsierte der Hannoveraner Verteidiger die Scheibe durch alle Berliner Gegenspieler hindurch ins Tor der Eisbären. Ein unglaublicher Treffer – die Maßnahme des Berliner Trainers Don Jackson, seinen Torwart Rob Zepp kurz vor Ende des Spiels durch einen Feldspieler zu ersetzen, wurde bestraft. Goc schoss das vorentscheidende 4:2 für die Scorpions, die am Ende sogar 5:2 gewannen. Damit waren die Kräfteverhältnisse zwischen dem Tabellenführer und dem bis dahin Zweiten der Deutschen Eishockey-Liga geklärt: Neun Punkte liegen seit Sonntag zwischen Hannover und Berlin.

Drei Siege in drei Spielen gegen die Berliner – die Eisbären haben nun erkannt, wie weit der Tabellenführer aus Niedersachsen ihnen enteilt ist. „Hannover ist das beste Team der Liga“, sagte Mannschaftskapitän Steve Walker. „Es ist frustrierend, gegen eine so gut organisierte Mannschaft spielen zu müssen.“ Und dann murmelte der Kanadier noch etwas davon, dass die Scorpions eben „well coached“ seien – was auf Deutsch so viel heißt, dass Hannover mit Hans Zach einen Trainer hat, der im Spiel die richtigen Maßnahmen ergreift. Walkers Worte klangen fast wie eine verklausulierte Kritik am eigenen Übungsleiter. Don Jackson hat sich zuletzt wohl keine Freunde im Team gemacht. Der Trainer hatte die Spieler am Silvestertag zum Straftraining aufs Eis beordert – nach dem 4:5 gegen die Kölner Haie. Nach dem Spiel gegen Hannover nun, der dritten Heimniederlage in Folge, war Jackson frustriert und sagte: „Was sollten wir machen? Die Scorpions sind zurzeit einfach besser als wir.“ Es ist wohl so, dass die erfolgsverwöhnten Eisbären den Glauben an die eigene Stärke verloren haben. Die Ordnung auf dem Eis, wo es mehr wütende Attacken als gut konzipierte Angriffe gibt, scheint genauso wenig zu stimmen wie die Ordnung in der Kabine. So sollen etwa die Kanadier Walker und Denis Pederson ihrem Landsmann Nathan Robinson bedeutet haben, dass sie keine Lust mehr haben, mit ihm in einer Reihe zu stürmen. Robinson scheint in Gedanken schon bei seinem potenziellen neuen Klub, der ist in Mannheim oder der Schweiz. In Krefeld fehlt er nun wegen einer Schulterprellung.

Es fehlt bei den ersatzgeschwächten Eisbären an Kraft und Konzentration. So wunderte sich Jackson nach dem Spiel gegen Hannover darüber, „dass meine Spieler immer so weit vom Puck weg waren“. Das 4:2 durch Goc sei vermeidbar gewesen. „Alexander Weiß hat mir gesagt, dass er Goc nicht habe angreifen können, weil der Schiedsrichter ihm im Wege gestanden habe.“ Jackson garnierte seine Aussage mit einem süffisanten Lächeln. Angesichts aller Disharmonien grenzt es fast an ein Wunder, dass die Berliner noch auf dem dritten Tabellenplatz stehen, wobei das nach dem heutigen Spiel in Krefeld anders aussehen kann.

Die Gegnerschaft hat die Berliner noch nicht abgeschrieben. Sascha Goc, Sonntag dreimaliger Torschütze, sagte, das Glück sei eben auf Hannoveraner Seite gewesen. Glück? „Na gut“, sagte Goc. „Den Schuss ins leere Tor habe ich im Training einige Male geübt. Vielleicht sind wir deshalb so erfolgreich, weil bei uns jeder an unser diszipliniertes System glaubt.“

Der Umkehrschluss sei erlaubt: Vielleicht haben die Eisbären zurzeit wenig Erfolg, weil nicht alle Spieler an das eigene System glauben.

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