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© dpa

Eishockey: Russisches Debakel

UPDATE Es sollte das große Duell der Turnierfavoriten werden, doch das Viertelfinalspiel der Eishockey-Giganten Russland und Kanada geriet zu einer bemerkenswert einseitigen Angelegenheit.

Falls noch Zweifel daran bestanden, dass Eishockey für Kanada nicht nur ein Sport, sondern alles ist - das beste Spiel der Welt, Stolz, Identität und die große Liebe und noch viel mehr, dann wurden sie am späten Mittwochabend endgültig ausgeräumt. Plötzlich waren in Vancouver alle Menschen glücklich und euphorisch und alle Zweifel ausgeräumt. Sind wir in unserem Spiel stark genug, um hier bei unseren Winterspielen Gold zu gewinnen?, fragten sich die Kanadier vor dem olympischen Viertelfinale - und waren sich nicht sicher. Nun sagen sie nicht mehr "maybe", sondern: "Yes, we can!". Wir können es! Denn das kanadische Team besiegte Russland, einen der hoch gelobten Turnierfavoriten und den kanadischen Erzrivalen, nicht nur irgendwie, es demütigte den Gegner mit einem kolossalen 7:3 (4:1, 3:2, 0:0). Am Freitag tritt das Team mit dem Ahornblatt nun im Halbfinale gegen die Slowakei an. Die zweite Partie der Vorschlussrunde bestreiten die USA und Finnland.

Die kanadischen Profis überzeugten ihr Heimpublikum im Spiel gegen Russland durch eine Leistung, die man selten gesehen hat. Russlands zweiter Torhüter Ilja Brisgalow, der erst in der 25. Minute beim Stand von 6:1 für Kanada anstelle des armen Jewgeni Nabokow ins Spiel kam, wird vermutlich einige Zeit brauchen, das Erlebte zu verarbeiten: Er wirkte schockiert: "Sie waren schneller als wir, sie kamen wie Gorillas aus einem Käfig. Wir hätten zurückschlagen müssen, aber das konnten wird nicht." Die wilden Gorillas aus Kanada waren so stark, dass sie ihre russischen Gegner wie kleine Äffchen aussehen ließen. Es ging alles ganz schnell: Die Kanadier stürmten los, sie schnürten die Russen in ihrem Drittel ein und verpassten ihnen von Beginn an jede Menge harte, aber faire Checks. "Wir haben sehr physisch gespielt, das ist Teil unseres Spiels", sagte Kapitän Scott Niedermayer.

Russen hatten der kanadischen Wucht nichts entgegenzusetzen

Und so schüchterten sie die großen Russen ein. Nach 2:21 Minuten traf Ryan Getzlaf zum 1:0, zehn Minuten später schoss Dan Boyle im Powerplay das 2:0. Nachdem eine knappe Minute später das 3:0 durch Rick Nash gefallen war, rieb sich mancher Zuschauer die Augen. Waren es wirklich die Russen mit ihrem Superstar Alexander Owetschin, die da auf dem Eis standen? Oder hatten sich die deutschen Eishockey-Nationalspieler, die das Team Canada am Tag zuvor mit 2:8 abserviert hatte, als Russen verkleidet? Die angeblichen Weltklasse-Russen hatten der kanadischen Wucht nichts entgegenzusetzen, sie kamen nicht in den Angriff, leisteten sich einen Puckverlust nach dem anderen. Wie die armen Deutschen waren sie nicht mehr als ein Sparringspartner für die Kanadier.

"Turnovers, Turnovers, Turnovers. Wir haben alle Zweikämpfe an der Bande verloren", jammerte der gebeutelte Brisgalow. Trainer Wjatscheslaw Bykow meinte: "Wir haben es auf verschiedene Arten versucht, aber kamen gegen diesen Druck nicht an." Erst als die Kanadier eine Verschnaufpause einlegten, gelang Dimitri Kalinin das 1:3 (15.), doch die kanadischen Cracks drehten sofort wieder auf. Morrow (19.) erhöhte auf 4:1, Perry (24.) und Weber (25.) auf 6:1. Nun kam Brisgalow ins Spiel. Er hielt besser als Nabokow und profitierte davon, dass die Kanadier sich schon ausgetobt hatten. Nur Perry schlug noch zu (30.), für die längst geschlagenen Russen markierten Maxim Afinogenow (25.) und Sergej Gontschar (30.) zwei weitere Tore.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Spiel: Kanada ist nicht abhängig von den Leistungen des Starstürmers Sidney Crosby. Er blieb gegen Russland unauffällig, Kanada überzeugte durch geschlossene Teamleistung - und war eine Wucht, die in Vancouver schwer zu stoppen sein wird.

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