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Wie schon in den vergangenen Jahren waren wieder viele Maccabi-Fans in der MB Arena und unterstützten ihr Team lautstark.

© IMAGO/Andreas Gora

„Es ist schwer, sich auf Sport zu konzentrieren“: Maccabi Tel Aviv zwischen Basketball, Krieg und Exil

In Israel gibt es seit dem Angriff der Hamas im Oktober wichtigere Dinge als Sport. Dennoch kämpft Maccabi Tel Aviv um die Play-offs der Euroleague – und gegen erschwerte Bedingungen.

Tamir Blatt lächelt breit, begrüßt Bekannte, gibt Autogramme und klatscht mit Fans ab. Der Aufbauspieler von Maccabi Tel Aviv genießt die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte mindestens so sehr wie den klaren 106:71-Sieg seines Teams in der Euroleague gegen Alba Berlin. „Ich hatte zwei wundervolle Jahre hier und es ist toll, alle wiederzusehen“, sagt Blatt.

Doch schon eine Frage zu den schwierigen Bedingungen, unter denen Maccabi seit Monaten arbeitet, macht deutlich, wie nah die Emotionen momentan beieinanderliegen. Für 40 Minuten auf dem Basketballfeld lassen sich die Trauer und die Sorgen vergessen, doch danach sind sie in Israel und für Israelis omnipräsent. „Es ist sehr schwer, sich auf Sport zu konzentrieren bei allem, was seit dem 7. Oktober passiert ist“, sagt Blatt. „Aber wir kämpfen uns da durch.“

Trainer Oded Kattash (mit Taktiktafel) und Ex-Alba-Profi Tamir Blatt (links dahinter) arbeiten bei Maccabi Tel Aviv unter schwierigen Bedingungen.
Trainer Oded Kattash (mit Taktiktafel) und Ex-Alba-Profi Tamir Blatt (links dahinter) arbeiten bei Maccabi Tel Aviv unter schwierigen Bedingungen.

© IMAGO/PanoramiC

Der Terrorangriff der Hamas vor fast fünf Monaten war eine Zäsur, für den Nahen Osten, für die israelische Gesellschaft und für den Profisport. Zwei Tage vor Beginn des Krieges war Maccabi mit einem Heimspiel vor mehr als 10.000 Fans in die Euroleague-Saison gestartet, doch dann war an Basketball nicht mehr zu denken, zumindest nicht in Israel.

Die nationale Liga wurde für zwei Monate unterbrochen und erst im Dezember wieder aufgenommen. Die israelischen Klubs, die im internationalen Wettbewerb vertreten waren und es sich leisten konnten, gingen ins Exil. Maccabis Team zog es nach Belgrad, wo der Verein den Spielern Wohnungen mietete, um ihnen etwas Normalität zu ermöglichen. Auch die „Heimspiele“ in der Euroleague werden in der serbischen Hauptstadt ausgetragen. „Als wir nur in der Euroleague gespielt haben und gar nicht in Israel waren, war es sehr hart“, erinnert sich Oded Kattash. „Wir haben unsere Heimat vermisst, unser Publikum, unsere Leute.“

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Siege hat Maccabi in 27 Euroleague-Spielen geholt und damit gute Chancen auf die Play-offs

Dass Maccabi trotz all dieser Schwierigkeiten mit 14 Siegen aus 27 Spielen gute Chancen auf die Play-offs hat, führt der Trainer vor allem auf das gute Krisenmanagement des Klubs und die charakterstarken Spieler zurück. „Letztes Jahr haben wir eine Mannschaft neu aufgebaut und mehr noch als ein Basketballteam haben wir eine Gruppe spezieller Persönlichkeiten zusammengestellt“, sagt Kattash. „Wir sind wie eine Familie und gehen zusammen durch dick und dünn.“

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Die nationale Liga läuft mittlerweile wieder, die Spiele finden trotz des Krieges mit Publikum statt. Im Dezember musste Maccabi zwei Spiele ohne die nicht-israelischen Profis absolvieren, weil diese aufgrund der schwierigen Umstände nicht einreisen wollten. Mittlerweile hat sich allerdings so etwas wie Alltag eingestellt – zumindest so weit, wie das in einer Krisenregion möglich ist.

Dennoch sind der Krieg und die Opfer auch beim Sport allgegenwärtig. Blatt und viele andere israelische Spieler thematisieren die Situation regelmäßig auf ihren Social-Media-Kanälen, auf den Aufwärmshirts von Maccabi steht bezogen auf die am 7. Oktober von der Hamas verschleppten Geiseln „Bring them home now“. Diesen Slogan rufen am Donnerstag in der Berliner Arena auch viele Maccabi-Fans deutlich vernehmbar.

Kattash betont dann später in der Pressekonferenz auch, dass es bei allen Herausforderungen wichtigere Dinge als Sport gibt. So hofft der Trainer, dass er mit Maccabi bald auch wieder Euroleague-Heimspiele in Tel Aviv absolvieren kann. Natürlich auch wegen der Stimmung, aber vor allem, „weil es bedeuten würde, dass abseits des Basketballs etwas Gutes passiert ist, dass wir eine Lösung finden für diese Situation“, sagt Kattash. „Das ganze israelische Volk hofft darauf.“

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