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Nicht nur am Ball präsent. Freiburgs Trainer Christian Streich.

© AFP/RONNY HARTMANN

„Fußball allein reicht nicht mehr“: Christian Streich und seine Gesellschaftskritik

Der Freiburger Trainer sorgt sich um den seiner Meinung nach wachsenden Antisemitismus im Lande. Der Trainer findet, dass auch die Fußballbranche eine soziale Verantwortung hat, und liegt damit richtig.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Anruf in der Redaktion. Es gehe „um einen gelernten Raumausstatter“, sagt der Leser am anderen Ende der Leitung, wie man gesagt hätte, als es noch das andere Ende der Leitung gab. Also, es geht ihm um einen gewissen Lothar M., der, wie auch Dietmar H, gefühlt im Stundentakt auf allen möglichen Kanälen seine Meinung zum aktuellen Fußballgeschehen im Lande, also im Wesentlichen zum FC Bayern, kundtut. Das sei doch langsam zu viel, findet der Anrufer. Da solle man doch nicht über jedes Stöckchen springen. Laaaangweilig sei das.

Dass Lothar Matthäus als Fernsehexperte und Kolumnist seine Meinungen zum Thema Fußball in die Welt bläst, liegt in der Natur der Sache, beim Thema Raumausstattung gibt es sicherlich andere Expert:innen und dann ist Matthäus vermutlich auch ein Stück weit raus. Seien wir doch heilfroh, dass sich der Lothar nicht zu anderen, die Gesellschaft derzeit bewegenden Themen äußert. Das können andere besser, zum Beispiel Christian Streich.

Der Trainer des SC Freiburg hat nun bei einer Preisverleihung in Berlin seine Meinung zum wachsenden Antisemitismus kundgetan und gesagt: „Wenn ich höre, dass Politiker aus der sogenannten deutschen Mitte von importiertem Antisemitismus reden, dann ist das mehr als unverantwortlich, das ist unglaublich.“ Das ist unbestritten verallgemeinernd und auch polarisierend, denn derlei Äußerungen kommen von politischer Seite im Wesentlichen vom ganz rechten Rand.

Aber Streich ist mutig. Denn an sich kommen aus der Branche mal unbedachte oder auch seltsame Social-Media-Schnipsel-Äußerungen zum aktuell die Welt beherrschenden Thema, wie zuletzt bei den Spielern vom FC Bayern und dem FSV Mainz 05. Aber vor allem beschäftigt sich die Branche natürlich mit dem, was in ihrer Natur liegt. Etwa damit, dass sie nur von Spiel zu Spiel denkt.

Streich ist da anderer Meinung. „Es reicht aber jetzt nicht mehr, zu sagen, wir spielen Fußball“, sagt er. „Dafür ist zu viel passiert. Es ist in eine Richtung gegangen, in der du 80 Jahre nach Auschwitz sagen musst: Wir brauchen Aufklärung, wir brauchen Bildung. Und zwar in die richtige Richtung.“ Wenn er jetzt noch sagen könnte, wie „wir“ das schaffen können, dann wäre er sicher ein Kandidat für ein hohes Amt außerhalb des Fußballs.   

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