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Zum Heulen. Frankreichs Kapitän Marcel Desailly nach dem frühen Aus bei der WM 2002.

© AFP

Fußball-WM 2018: Schöner scheitern mit dem Weltmeister

Seit 1998 hat es kein Titelverteidiger geschafft, beim nächsten Turnier weiterzukommen als ins Viertelfinale. Ein Überblick.

Frankreich 2002

Die Aussage kommt einem irgendwie bekannt vor. „Wir sind noch stärker als vor vier Jahren.“ Sie stammt allerdings nicht aus dem Frühjahr 2018 und von Mats Hummels, sondern von Zinedine Zidane vor der WM 2002 in Japan und Südkorea. Zidane, seinerzeit der beste Fußballer der Welt, reist mit Titelverteidiger Frankreich als einer der Favoriten zur ersten Endrunde in Asien. „Frankreich wird die Gruppe A klar gewinnen, vermutlich sogar mit drei Siegen“, prophezeit die „Sportbild“. Und auch Didier Deschamps, der Kapitän des 98er-Teams, verkündet: „Unser Team schätze ich derzeit noch stärker ein als die Weltmeister von 1998.“

Der Optimismus erscheint keineswegs überzogen. Die Franzosen haben im Jahr zuvor den Confed-Cup gewonnen, dem Kader gehören 14 Weltmeister von 1998 an, dazu stehen die Torschützenkönige der Premier League (Thierry Henry), der Serie A (David Trezeguet) und der Ligue 1 (Djibril Cissé) in ihrem Aufgebot. Dann aber läuft alles schief, was schief laufen kann. Zidane reist mit einem Muskelfaserriss nach Asien. In den ersten beiden Spielen fehlt er – und ohne ihn geht dem Auftritt der Franzosen jegliche Inspiration ab. Das Auftaktspiel verliert die Equipe tricolore 0:1 gegen den Senegal; in der zweiten Begegnung gegen Uruguay sieht Henry nach 25 Minuten die Rote Karte. Da ist das 0:0 fast als Erfolg zu werten.

Es erhält den Franzosen immerhin die Chance aufs Weiterkommen – dazu müssten sie nur mit zwei Toren Unterschied gegen Dänemark gewinnen. Dass Zidane erstmals spielen kann, nährt ihre Zuversicht. Doch der Mittelfeldspieler ist nicht in Form, sein Team verliert 0:2 und wird mit einem Punkt Gruppenletzter. Ohne ein einziges Tor erzielt zu haben.

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Brasilien 2006
„Brasilien kann sich nur selber schlagen“, sagt Michael Ballack vor der WM in Deutschland. Das tut die Selecao dann in gewisser Weise auch. Im Viertelfinale gegen Frankreich lässt Roberto Carlos bei einem Freistoß seinen Gegenspieler Thierry Henry für einen Moment unbeobachtet, weil er sich die Stutzen hochzieht. Henry trifft zum 1:0-Endstand. „Die Spieler haben sich weiterentwickelt, das Selbstvertrauen der Mannschaft ist riesig“, hat Bayerns Verteidiger Lucio vor dem Turnier gesagt. Die Brasilianer haben 2004 die Copa America gewonnen, 2005 den Confed-Cup, in der WM-Vorrunde werden sie mit drei Siegen Gruppensieger. Bis zum Viertelfinale lautet ihr Torverhältnis 10:1. Nach dem Viertelfinale 10:2.

Italien 2010
Im Unterschied zu Frankreich und Brasilien bei den Turnieren zuvor zählen die Italiener bei der WM in Südafrika ganz sicher nicht zu den Favoriten – auch wenn die Mannschaft die Qualifikation ungeschlagen überstanden hat. Der „Kicker“ prophezeit: „Das Team ist überaltert, es mangelt an Kreativität und sogar die früher starke Abwehr wackelt.“ Der Kader weist ein Durchschnittsalter von 31,2 Jahren auf – und so spielt die Mannschaft auch. Obwohl die Italiener nach allgemeiner Einschätzung in der leichtesten Vorrundengruppe gelandet sind, verpassen sie als Letzter die Qualifikation fürs Achtelfinale. Nach zwei Unentschieden gegen Paraguay und Neuseeland verlieren sie die finale Begegnung 2:3 gegen die Slowakei, dabei stehen zeitweise sieben Spieler des WM-Teams von 2006 auf dem Platz. „Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit“, sagt Trainer Marcello Lippi. „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“

Spanien 2014
Vier Jahre später schreiben die Spanier gleich zwei Mal WM-Geschichte. Ihr erstes Gruppenspiel verlieren sie – trotz einer 1:0-Führung bis kurz vor der Pause – 1:5 gegen Holland. Es ist die höchste Niederlage, die je ein Weltmeister kassiert hat. Dazu sind sie der erste Titelverteidiger, der nach zwei Spieltagen keine Chance mehr aufs Weiterkommen hat. Dem 1:5 folgt ein 0:2 gegen Chile. So tief wie die Spanier sind nicht einmal die Franzosen 2002 gestürzt. „Die Iberer sind derzeit die absolute Weltmacht im Fußball: Weltmeister und Europameister mit dem Nationalteam, Champions-League-Sieger mit Real Madrid und Europa-League-Sieger mit dem FC Sevilla“, hat der „Kicker“ in seinem Sonderheft geschrieben. „Die Mannschaft ist perfekt eingespielt und gehört zu den individuell am stärksten besetzten Teilnehmern.“ Zumindest in der Theorie.

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