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Da kniest du dich nieder. Miroslav Klose feiert sein 12. WM-Tor. Er hat jetzt genauso oft getroffen wie Pelé.

© dpa

Vor dem 100. Länderspiel: Miroslav Klose und die Vertrauensfrage

Miroslav Klose war nicht immer unumstritten – aber wie immer ist er zur richtigen Zeit fit. 50 Treffer hat er im Nationaltrikot schon erzielt und steht jetzt gegen Argentinien vor seinem 100. Länderspiel.

Och, ähm, na ja. Dazu ein verträumter, dösiger, fast gelangweilter Blick, fertig ist Miroslav Klose. Auf dem Rasen aber, und sei er noch so trostlos-grau wie am Sonntag beim 4:1 gegen England in Bloemfontein, ist dieser Herr Klose ein anderer Mensch. Da liebt er die großen Gesten, wirbelt schon mal spektakulär nach Toren im Flick-Flack die Seitenlinie entlang, spreizt geheimnisvoll drei Finger und bildet mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis (ein Gruß an die werte Familie daheim) oder ballt so schön kraftvoll die Faust, wie es einst nur der blonde Boris Becker konnte.

So jubelte Miroslav Klose auch kurz nach seinem Tor zum 1:0 gegen England, als dieser fulminante WM-Nachmittag seinen Anfang nahm. Eine kleine, viel wichtigere Geste aber wurde leicht übersehen. Sie spielt zwölf Sekunden vor dem Moment, als der Ball ins britische Netz kullerte. Da gab Klose, kurz hinter der Mittellinie stehend, seinem Torhüter Manuel Neuer einen klitzekleinen Wink, als der sich gerade den Ball zum Abschlag bereitlegte. „Ich habe ihm mit der Hand angedeutet, mal richtig dagegenzuhauen“, sagt Klose. Was in den zwölf Sekunden danach folgte, schildert der Stürmer des FC Bayern München so: „Zwei, drei Mal“ habe der WM-Ball, der in der Tat schon oft merkwürdige Bahnen geflogen ist bei diesem Turnier, seine Richtung geändert, „dann kam er in meine“, und weil Klose eh schon auf dem Weg war zum Tor der Engländer, hat er ihn halt reingemacht zum 1:0. „War nicht mehr so schwierig.“ Natürlich war das eine schwere Untertreibung, aber die gelassene Wortwahl passt zu Klose.

Dabei waren die Zeichen, die er vor gar nicht so langer Zeit ausgesendet hat, viel weniger Erfolg versprechend. Frustriert wirkte er auf der Ersatzbank des FC Bayern, wo er in München seinen Stammplatz hatte (nicht ganz zu Unrecht bei drei Bundesligatörchen), kraftlos wirkte er im WM-Trainingslager in Südtirol, erfolglos war er in den WM-Vorbereitungsspielen – ausgenommen natürlich seine fünf Tore gegen eine Südtiroler Jugendfreizeitauswahl, die der Deutsche Fußball-Bund prompt zum Anlass nahm, diese Erfolgsnachricht abends per Eilmeldung über den Brenner zu jagen.

„Ich habe die große Stärke, mich auf den Punkt fit zu machen“, sagt Klose vier Wochen später. „Und mein Fixpunkt war immer das Spiel gegen Australien.“ Im ersten WM-Spiel ließ Bundestrainer Joachim Löw ihn trotz aller Skepsis auflaufen (vielleicht auch mangels echter Alternativen, siehe Gomez, siehe den müde wirkenden Kießling). Und Klose traf. „Ich brauche Vertrauen“, sagt er. Und das gebe ihm nicht nur der Tainer, sondern „der Shad und der Klaus Eder“. Der 50-jährige Eder ist seit langem Physiotherapeut der Nationalmannschaft, der US- Amerikaner Shad Forsythe, 37, ist einer der Fitnesstrainer. Sie kennen den wortkargen Burschen allzu gut. Klose ist schließlich auch schon 32.

Dass der Bundestrainer seinem Stürmer vertraut, lässt sich auch aus dem Lob heraushören, das Löw nach Abpfiff in Bloemfontein aussprach. Klose hatte einen speziellen Auftrag erhalten. Er sollte, so Löw, etwas defensiver agieren, um den zentralen Defensivmann der Engländer, John Terry, „herauszulocken, um die Abwehr zu entblößen“. Die beiden offensiven Außenspieler Lukas Podolski und Thomas Müller blieben deshalb so konsequent an den Kreidelinien, bis die Schuhe weiß waren, entzerrten somit die Abwehrkette „und banden die Außenverteidiger“, erzählte Löw. So entstanden Lücken in der englischen Abwehrreihe – und die erste von vieren fand Miroslav Klose, kurz nachdem er seinem Torhüter einen Wink mit der Hand gegeben hatte. „Jeder hat seine Aufgabe zu 100 Prozent erfüllt“, sagte Löw. Die Taktik wurde „bravourös umgesetzt“.

Für Klose war es das zwölfte Tor seiner WM-Karriere, gegen Argentinien, im Viertelfinale, steht sein 100. Länderspiel an. Zwei Tore fehlen ihm noch, dann hat er so oft getroffen wie einst Gerd Müller. Der war ebenfalls keine Quasselstrippe, aber jubeln konnte Müller auch sehr schön.

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