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Handgestoppt: Drama ohne Regie

Es gab keine Regieanweisungen, keine kalkulierte Inszenierung, diese Dramaturgie im Olympiastadion hatte der Zufall geschrieben. Frank Bachner hat am Sonntagabend den Kern der Leichtathletik gesehen

Dass zwei deutsche Silbermedaillengewinnerinnen fast zeitgleich mit dem 100-Meter-Weltrekord gefeiert wurden, konnte niemand planen. Kein Zufall aber war die Faszination dieser Momente, diese unglaubliche Spannung, die sich in den Minuten zuvor aufgebaut hatte. Das alles ist Teil der Leichtathletik, daraus resultiert ihre Attraktivität.

Alle Faktoren, die diese Sportart zu einem Kern des olympischen Programms machen, wurden auf ein paar Minuten komprimiert. Das Duell Athlet gegen Athlet, diese zutiefst archaische Machtprobe. Die Willensstärke von Jennifer Oeser, die stürzte und trotzdem noch Silber gewann – eine Geschichte, die im Olympiastadion als Drama begann und als Erfolgsstory endete. Dieser urwüchsige Kampf zweier starker Frauen um die Vorherrschaft im Kugelstoß-Ring, die Demonstration purer körperlicher Kraft also, ein uraltes menschliches Ritual.

Das sind die emotionalen Aspekte. Leichtathletik lebt von der Kombination dieser weichen Faktoren mit harten Zahlen, die Erfolge messbar machen und Rangordnungen festlegen. Die 9,58 Sekunden von Usain Bolt gehören zu den harten Faktoren. Diese 9,58 Sekunden sind höchst umstritten, jeder, der sich nicht völlig von der Begeisterung vereinnahmen lässt, wird sie mit Skepsis registrieren. Je schneller der Jamaikaner rennt, desto größer muss die Skepsis werden. Aber das betrifft die Person Bolt. Und auch andere, die ungewöhnliche Leistungen anbieten.

Aber sie betrifft nicht das System Leichtathletik. Das 100-Meter-Rennen gehört zur großen Show namens Leichtathletik. Und diese Show hat am Sonntagabend mal wieder ihre ganze Faszination bewiesen.

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