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Sport: Klare Ansage

Heute beginnt Hertha die Vorbereitung auf die Rückrunde: Was der neue Trainer Hans Meyer ändern muss

Von Stefan Hermanns

und Michael Rosentritt

Berlin. Das Fernsehprogramm im Hause Meyer war über die Weihnachtsfeiertage nicht besonders festlich. Hans Meyer hatte eine umfangreiche Videosammlung bekommen, die er sich zwischen den Jahren zu Gemüte führen musste: alle 17 Saisonspiele des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC. Ein Horrorprogramm könnte man auch sagen. Hertha hat das Jahr 2003 mit nur 13 Punkten als Tabellenvorletzter abgeschlossen. „Eine vertrackte und komplizierte Situation“, sagt Hans Meyer, Herthas neuer Trainer.

Heute um 14.30 Uhr beginnt der öffentliche Teil seines Auftrags, den Verein vor dem Abstieg in die Zweite Liga zu bewahren. In Wirklichkeit aber beschäftigt sich Meyer schon seit seiner Vorstellung als Herthas neuer Trainer zwei Tage vor Weihnachten mit seinem neuen Arbeitgeber. Sämtliche Unterlagen hat er mit nach Bad Hersfeld genommen, und nach den Feiertagen hat er auch noch seinen Vorgänger und künftigen Assistenten Andreas Thom zu Hause empfangen, um sein Bild von der Mannschaft zu vervollständigen.

Hertha hatte in der Hinrunde viele Probleme: im Tor, in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm. Die größten Probleme aber finden sich vermutlich in den Köpfen der Spieler. Meyer glaubt, dass sich die Spieler erst daran gewöhnen müssen, dass sie jetzt gegen den Abstieg spielen und nicht um die Qualifikation für die Champions League. Trotzdem sagt der neue Trainer: „Ich werde kein Zauberer werden. Das ist auch nicht nötig. Jeder einzelne Spieler hat schon gezeigt, dass er es kann.“

Aber viele Spieler hatten in der Vorrunde mit vielen Problemen zu kämpfen. Torhüter Gabor Kiraly ist weit von seiner Bestform entfernt, Verteidiger Arne Friedrich, auch bedingt durch Verletzungen, nicht mehr so stark wie in seiner ersten Bundesligasaison, Neuzugang Niko Kovac, eigentlich bekannt für seine kämpferische Stärke, wollte lieber schön spielen, und die neuen Stürmer Fredi Bobic und Artur Wichniarek treffen nicht. Hinzu kommt für Meyer das gewissermaßen übergreifende Problem, aus vielen verunsicherten Einzelteilen eine funktionierende Mannschaft zu formen.

Bei Borussia Mönchengladbach ist Meyer dies unter weitaus ungünstigeren Voraussetzungen schon einmal gelungen. Allerdings nicht auf Anhieb. Drei Monate brauchte er nach seinem Amtsantritt, bis er seine Idealformation gefunden hatte: ein klassisches 4-3-3-System mit zwei echten Außenstürmern. In Berlin aber erlauben die Umstände keine ausgedehnte Experimentierphase. „Die Zeit ist eng bemessen“, sagt Meyer. Nur vier Wochen bleiben zur Vorbereitung auf die Rückrunde, schon am 31. Januar tritt Hertha beim Herbstmeister Werder Bremen an.

In dieser Zeit wird Meyer versuchen müssen, eine stabile Formation zu finden. Er müsse sich erst ein Bild davon machen, „wie die Struktur der Mannschaft ist, wer zu wem passt“, sagt der neue Trainer. Als Anhänger der Rotation hat er sich schon in Mönchengladbach nicht zu erkennen gegeben. Meyer hat damals auf eine feste „Basis“ vertraut, wie er die Stammformation seit seinem Engagement in Holland nennt.

Unter Huub Stevens haben die Spieler die Erfahrung dauernder Wechsel gemacht. Besonders gut bekommen ist ihnen das nicht. Je verunsicherter eine Mannschaft, desto klarer müssen die Handlungsanweisungen von außen sein. Zurück zur Sicherheit finden die Spieler jedenfalls nicht, wenn sie sich Woche für Woche auf einer anderen Position wiederfinden.

Hertha braucht eine klare Struktur: in allen Mannschaftsteilen. Nur so gewinnt die Abwehr wieder an Stabilität, findet das Mittelfeld um den Brasilianer Marcelinho zur Kreativität zurück, und nur so erhalten auch die Stürmer endlich die Gelegenheiten, überhaupt Tore zu schießen.

Vor allem von den beiden Angreifern Bobic und Wichniarek hat sich Hertha viel versprochen. In der vergangenen Saison haben sie für ihre alten Arbeitgeber 26 Tore erzielt. Bei Hertha hat Bobic dreimal getroffen, Wichniarek noch gar nicht. Am Ende des Jahres sind sie deshalb stark in die Kritik geraten. Der Trainerwechsel ist für beide die Chance zum Neubeginn. Vorbehalte des neuen Trainers müssen sie nicht befürchten. Sowohl Bobic als auch Wichniarek wollte Meyer schon nach Mönchengladbach holen.

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