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Leichtathletik DM in Ulm - Carolin Nytra

© dpa

Leichtathletik: Hilfe vom Traumpaar

Nicht nur Sebastian Bayer und Carolin Nytra hauchen der deutschen Leichtathletik neues Leben ein. Die Deutschen Meisterschaften sechs Wochen vor der WM in Berlin standen für hohes Niveau, überraschende Sieger und große Leistungssteigerungen.

Sebastian Bayer betreibt keinen großen Aufwand. Er greift im Kühlschrank, was er gerade findet, zieht noch ein paar Gewürze aus dem Schrank, und dann mixt er am Herd alles zusammen. Es schmeckt, sagt seine Freundin Carolin Nytra, „der Sebastian ist da sehr kreativ.“

Dann ist das also auch geklärt. Die Hürdensprinterin Nytra und der Weitspringer Bayer geben sehr gerne Auskunft über ihren privaten Alltag. Der hat bisher kaum jemanden interessiert, aber seit Samstag agieren die Beiden in quasi offizieller Funktion: Sie sind das neue Traumpaar der deutschen Leichtathletik. Diese Rolle macht Spaß, sagt Nytra.

Liebesgeschichte ist die beste PR

Aber die Rolle hat eine größere Bedeutung. Nytra und Bayer sind Werbebotschafter für die deutsche Leichtathletik. Sie stehen für den Aufschwung einer Sportart, die zuletzt in den Randbereich der Aufmerksamkeit gedriftet ist. Bayer ist bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Ulm 8,49 Meter gesprungen, zwei Minuten zuvor hatte Nytra in glänzenden 12,78 Sekunden den Hürdensprint gewonnen. Eine bessere PR-Aktion als diese Kombination aus sportlicher Topleistung und emotionalem Rührstück hätte der Deutsche Leichtathletik-Verband sechs Wochen vor der WM im eigenen Land gar nicht bekommen können.

„Wir feiern die Wiederauferstehung der deutschen Leichtathletik“, verkündete Bundestrainer Herbert Czingon. Und Sportdirektor Jürgen Mallow bilanzierte: „Wir werden den Schub mit zur WM nehmen.“ Auf Medaillenprognosen wollte er sich allerdings nicht einlassen. Das deutsche WM-Team wird rund 85 Athleten umfassen.

Das Paar Bayer/Nytra lenkte die Aufmerksamkeit auf die Meisterschaft und damit auch auf eine Reihe ausgezeichneter Leistungen. Die größte Überraschung war der 100-Meter-Sieg von Tobias Unger. Der Titelverteidiger hatte nach langer Verletzungszeit in 10,18 Sekunden gewonnen, bei Gegenwind wohlgemerkt. Und weil Stefan Schwab in dieser Saison schon 10,19 und 10,20 Sekunden gesprintet ist und Marius Broening als Zweiter mit 10,24 Sekunden ins Ziel kam, werden die Deutschen bei der WM eine starke Staffel haben. In den Einzelrennen werden Unger und Schwab allerdings höchstens bis ins Halbfinale kommen. Aber mit dem 19-Jährigen Robert Hering (20,41 Sekunden über 200 Meter) überzeugte ein weiterer Sprinter.

Zudem katapultierte sich Verena Sailer mit 11,18 Sekunden über 100 Meter auf Platz eins der europäischen Rangliste. „Wir haben in den Staffeln ein hohes Niveau“, diagnostizierte Bundestrainer Rüdiger Harksen, zuständig für alle Laufdisziplinen.

Keine neuen Medaillenkandidaten

Neue WM-Medaillenkandidaten schälten sich allerdings nicht unbedingt heraus in Ulm. Im Weitsprung, schätzt Bayer, können zehn Athleten im Bereich von 8,30 oder 8,40 Meter springen. Und im Hürdensprint wäre Nytra mit dem Halbfinaleinzug schon zufrieden. Aber die Athleten, die schon jetzt im WM-Medaillenbereich sind, haben ihr Niveau bestätigt. Ariane Friedrich gewann den Hochsprung souverän mit 2,01 Metern. Robert Harting schleuderte den Diskus 67,69 Meter weit, Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler gewann souverän mit 74,25 Metern.

Aber dass plötzlich Athleten in die internationale Topspitze vorstoßen, war nicht zu erwarten. Ulm steht auch für eine Wiederauferstehung der Leichtathletik, weil hinter den großen Namen viele nach vorne drängten. Meike Kröger von der LG Nord Berlin überquerte im Hochsprung 1,93 Meter und erfüllte damit die B-Norm, Carolin Nytra zog Stephanie Lichtl vom VfB Stuttgart auf 13,03 Sekunden, im Hammerwerfen besiegte der 22-jährige Sergej Litwinow mit 76,46 Metern Markus Esser. Es wird durch die Leistungen von Ulm in ein paar Fällen einfacher, in die großen Meetings zu kommen. Carolin Nytra ist bis jetzt nicht nach Monaco eingeladen worden. „Aber jetzt ändert sich das vielleicht.“

Bei ihrem Freund hat sich definitiv etwas geändert, seit er bei der Hallen-EM 8,71 Meter gesprungen ist. „Vor ein paar Monaten“, sagt Sebastian Bayer, „haben die Stars mit mir noch gar nicht geredet. Jetzt schon.“

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