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Olympiasieger ohne Obrigkeit. Die Verantwortlichen des Berliner Istaf kritisieren die Abstinenz hochrangiger DLV-Funktionäre beim jüngsten Stadionfest. Dabei sollten die Funktionäre der Istaf und des DLV doch alles geben, um die Leichtatletik-EM 2018 nach Berlin zu holen.

© rtr

Leichtathletik: Schattenboxer im Stadion

Der Deutsche Leichtathletik-Verband und das Berliner Istaf sollten gemeinsam für die EM-Vergabe 2018 kämpfen, momentan kann jedoch nicht von einem gemeinsam Kampf gesprochen werden - das Gegenteil ist eher der Fall.

Dagmar Freitag ist zwar Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestags und Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), zweiteilen kann sie sich trotzdem nicht. Am 2. September war sie in London bei den Paralympics, aufs Istaf musste sie deshalb verzichten. Das versteht Gerhard Janetzky, der Istaf-Meetingdirektor. Aber dass auch DLV-Präsident Clemens Prokop und sein Generalsekretär Frank Hensel fehlten, das versteht er nicht. „Es gehört sich einfach, dass die DLV-Spitze beim größten deutschen Meeting anwesend ist. Sie ist dort jederzeit willkommen.“

Frank Hensel kontert eher gelassen: „Wir haben die Einladung erst kurz vor dem Istaf erhalten, da hatten wir dann schon andere Pläne.“ Aber auch Mitglieder des Councils des Europäischen Leichtathletik-Verbands (EAA) saßen nicht auf der Ehrentribüne des Olympiastadions. Dafür hatten mehrere von ihnen, auf Einladung des DLV, das Springer-Meeting „Berlin fliegt“ im August vor dem Brandenburger Tor verfolgt. Die EAA-Funktionäre sind wichtig, schließlich entscheidet das Gremium im November 2013, ob Berlin 2018 die Europameisterschaften austragen darf. „Es wäre sinnvoll gewesen, wenn die EAA-Mitglieder auch das Istaf verfolgt hätten“, sagt Janetzky.

Ein seltsames verbales Schattenboxen findet hier gerade statt. DLV und Istaf-Verantwortliche sollten eigentlich gemeinsam für den EM-Zuschlag kämpfen. Schließlich profitierten beide davon, wenn die EM in der Hauptstadt stattfinden würde. Stattdessen ist das Verhältnis der vermeintlichen Kampfgenossen ziemlich getrübt.

In der Istaf-Spitze ist man zum Beispiel sauer, dass sich die DLV-Marketing-Tochter DLP in diesem Jahr, anders als 2011, nicht am Gesamtetat des Istaf beteiligte. Ein hochrangiges Mitglied aus Istaf-Kreisen sagt: „Vermutlich war ,Berlin fliegt‘ in diesem Jahr so teuer, dass fürs Istaf kein Geld mehr da war.“ Janetzky dagegen bemängelt, „dass bei ,Berlin fliegt‘ gar nicht und auf der DLV-Homepage nur unzureichend fürs Istaf geworben wurde“.

Er hat auch nicht vergessen, dass 2011 innerhalb einer Woche die Premiere von „Berlin fliegt“ und das Stabhochsprung-Meeting am Breitscheidplatz, gedacht als PR fürs Istaf, stattgefunden haben. „Wir wurden von ,Berlin fliegt‘ überrascht“, sagt Janetzky. „Das war nicht die beste Kommunikation.“

DLP-Geschäftsführer Frank Lebert ist „überrascht“ von der Kritik. Warum sich seine Firma nicht am Budget beteiligte, will er „nicht kommentieren“. Nur so viel: „,Berlin fliegt‘ war 2012 nicht teurer als 2011.“ Und dann betont er: „Wir unterstützen das Istaf seit Jahren auf vielfältige Weise.“ Bei der deutschen Meisterschaft hätte das Istaf zum Beispiel für sich werben dürfen. Und in den Berichten über „Berlin fliegt 2012“ habe es doch genügend Querverweise aufs Istaf gegeben.

Dann schwenkt er auf „Berlin fliegt 2011“, und er reagiert fast heftig: „Die Verantwortlichen haben Monate vorher gewusst, was wir planen. Wir haben sogar überlegt, ob es nicht sinnvoll ist, die Meetings zusammenzulegen.“ Stimmt, sagt Janetzky dazu, solche Überlegungen gab es. „Aber wir haben von ,Berlin fliegt‘ erst zwei Monate vor dem Wettkampftermin erfahren, da hatten wir unser Springer-Meeting längst vereinbart.“ Die EAA-Council-Mitglieder, sagt DLV-Generalsekretär Hensel, seien im Übrigen nur deshalb in Berlin gewesen, weil man ihnen neue Formen von Leichtathletik- Wettkämpfen präsentiert habe. Deshalb wurden den EAA-Funktionären auch die Reisekosten nicht erstattet. Denn offiziell darf der DLV erst ab 30. September für die EM 2018 werben. Aber, räumt Hensel ein, „die EM 2018 hatten wir natürlich im Hinterköpfchen“. Das Istaf dagegen kann man nur schwer als Innovation darstellen.

Im nächsten Jahr sind solche argumentativen Umwege nicht mehr nötig. Und vermutlich wird dann auch das Schattenboxen zu Ende sein. Janetzky jedenfalls sagt: „Prokop und ich überlegen, wie wir 2013 Council-Mitglieder der EAA fürs Istaf einladen können.“

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