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Mark Selby gewinnt viele Matches mit dem Kopf. Nun will er auch seine mentalen Probleme besiegen.

© dpa

Snooker-Weltmeister hat mentale Probleme: Mark Selby und sein Kampf gegen die inneren Dämonen

Snooker-Weltmeister Mark Selby spricht öffentlich über seine psychischen Probleme. Beim German Masters in Berlin tritt er in dieser Woche trotzdem an.

Mark Selby gilt unter den Snookerprofis als der vielleicht mental stärkste Spieler. Viermal wurde der Engländer Weltmeister, er hat viele enge Matches für sich entschieden, weil er am Ende seine Gegner zermürbt hat. Wenn der 38-Jährige aus Leicester am Donnerstagvormittag sein Erstrundenmatch beim German Masters im Berliner Tempodrom gegen Landsmann Barry Pinches bestreitet (10 Uhr, live bei Eurosport 2), werden viele deutsche Fans allerdings noch aus einem anderen Grund mit besonderer Spannung auf Selby schauen. Denn es ist erst ein paar Wochen her, dass der von mentalen Problemen berichtete, mit denen er seit einiger Zeit wieder zu kämpfen habe.

„Ich hatte einen Rückfall und es in mich hineinzufressen und ein freundliches Gesicht aufzusetzen, ist nicht der richtige Weg“, schrieb er in den sozialen Medien und versprach, sich helfen zu lassen und ein besserer Mensch zu werden. Mit seinen Problemen in die Öffentlichkeit zu gehen, sei für ihn schwieriger gewesen als all die Matches, die er in seiner Profikarriere gewonnen habe.

Selby hat schon als Teenager viel durchmachen müssen. Sein Vater starb an Krebs, als der junge Mark gerade einmal 16 Jahre alt war. „In den ersten sechs Monaten nach seinem Tod habe ich mich zu einer Kugel zusammengerollt und wollte nichts mit Snooker zu tun haben. Es war das letzte, woran ich in dieser Zeit gedacht habe“, erzählte er von einem Jahr der BBC in einem Interview und erklärte darin auch: „Mir ging es so schlecht, dass ich sogar daran gedacht habe, mir das Leben zu nehmen. Es war hart.“

Er hätte erst lernen müssen, dass es der größte Wunsch seines Vaters gewesen sei, dass er es im Snooker bis ganz nach oben schafft. Trotzdem sagte er: „Ich würde alles, was ich erreicht habe, dafür geben, ihn noch einmal zu sehen. Es ist so traurig, dass er mich nie als Profi hat spielen sehen.“ Was er in seiner Jugend erlebt habe, hätte ihn auch zu dem Snooker-Spieler gemacht, der er heute ist. Selby ist für seine taktischen Fähigkeiten von den Gegnern gefürchtet, kaum ein anderer Spieler hat so eine Meisterschaft darin entwickelt, sich in langen Duellen durchzusetzen. „Ich musste mir alles hart erarbeiten und deswegen will ich es meinen Gegnern am Tisch auch so schwer wie möglich machen“, sagte er der BBC.

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Nun ist Selby wieder an einem Punkt angekommen, an dem er kämpfen muss. Um seine Gesundheit und die Zukunft als Snookerprofi. Im Moment möchte er weiterspielen, auch wenn seit seinem WM-Titel im vergangenen Frühjahr mit dem Queue wenig funktioniert hat. Warum das so ist, dürfte nun aber in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Tatsächlich lassen sich mentale Probleme zumindest beherrschen, auch in einem Hochkonzentrationssport wie es Snooker nun einmal ist. Mit Ronnie O’Sullivan gibt es dafür sogar ein prominentes Beispiel. Auch den Superstar des Spiels plagen immer wieder Depressionen, er hat für sich allerdings eine Lösung gefunden, damit umzugehen. Snooker sei für ihn nur ein Spiel, er nimmt es inzwischen nicht mehr so ernst. Bei Eurosport riet er Selby deshalb: „Wenn du weiterhin ein Topspieler sein, Turniere wie die WM gewinnen willst, dann musst du da durch. Du musst dich dem stellen. Die andere Möglichkeit ist, die Intensität zu senken, Spaß zu haben – dann aber auch weniger oft zu gewinnen.“

Das Turnier in Berlin ist für Selby und die anderen Snooker-Profis das erste außerhalb Großbritanniens seit zwei Jahren

Noch ist nicht klar, in welche Richtung Selby tendiert. Dass er sich Hilfe nimmt, sei ein Schritt. „Es ist wirklich wichtig, dass ein derart erfolgreicher Sportler wie Mark Selby öffentlich über seine psychischen Probleme spricht“, sagte Hayley Jarvis von der größten britischen Charity-Organisation für mentale Gesundheit, MIND. Der Sport könne eine große Rolle dabei spielen, Menschen zu ermutigen, über ihre Probleme zu sprechen.

Vielleicht fällt es Selby nun auch etwas leichter, sich wieder mehr an seinem Sport zu erfreuen. Immerhin findet in dieser Woche erstmals seit zwei Jahren wieder ein Turnier außerhalb Großbritanniens statt. Auch wenn dabei im Berliner Tempodrom wohl noch mehr als sonst alle Augen auf Mark Selby gerichtet sein werden.

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