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Botschaft aus dem Krankenbett. Herthas Präsident Kay Bernstein konnte am Sonntag nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen.

© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Update

Mitgliederversammlung von Hertha BSC: Drei Neue im Präsidium und zwei Abgänge im Aufsichtsrat

Die Mitgliederversammlung von Hertha BSC beginnt mit einer überraschenden Nachricht: Aufsichtsratschef Klaus Brüggemann tritt zurück und attackiert Präsident Kay Bernstein.

Dirk Lentfer ist – auch wenn er selbst nicht Fußball spielt – so etwas wie der heimliche Star von Hertha BSC. Seit Jahren führt er mit einer Mischung aus Seriosität und Ironie durch die Mitgliederversammlungen des Berliner Zweitligisten. Er hat sich dabei als verlässlicher Navigator durch den Irrsinn erwiesen. So war es auch am Sonntag in der Messehalle 21a wieder. „Nun geht die wilde Fahrt also los“, sagte Lentfer, als der Tagesordnungspunkt 12, Nachwahl der Mitglieder des Präsidiums, anstand.

Nach einer knappen Stunde hatte sich die Hälfte der 19 von ursprünglich 21 Kandidaten vorgestellt. „Wir haben’s gleich geschafft“, sagte Lentfer. Es dauerte dann noch mal zwei Stunden, bis er die ersten Ergebnisse bekannt geben konnte. Aber vorbei war es noch lange nicht. Im ersten Wahlgang erhielt niemand die erforderliche absolute Mehrheit. Zehn Kandidaten traten auch im zweiten Wahlgang an. Gewählt wurden Anne Noske (730 Stimmen), Saravanan Sundaram (648) und Ralf Thaeter (644).

Vor den Wahlen stand ursprünglich eine Abwahl auf der Tagesordnung beziehungsweise ein Abwahlantrag gegen Klaus Brüggemann, den Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Doch das hatte sich kurzfristig erledigt.

Denn gleich zu Beginn der Mitgliederversammlung verkündete Vizepräsident Fabian Drescher zwei Nachrichten, „die etwas überraschend gekommen sind“. Brüggemann habe ebenso mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt aus dem Aufsichtsrat erklärt wie Renate Döhmer.

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Mitglieder hat Hertha BSC aktuell

Brüggemann äußerte in einer Erklärung heftige Kritik an seinem Vorgänger Torsten-Jörn Klein und an Präsident Kay Bernstein. Klein habe ihm das Leben seit seiner Wahl zum Vorsitzenden schwer gemacht und immer wieder verlauten lassen, „dass er mich verhindern muss“. Bernstein sei privat bestimmt ein netter Mensch, aber „sichtlich überfordert mit dem Präsidentenamt“.

Bernstein selbst konnte bei der Mitgliederversammlung nicht anwesend sein, nachdem er sich bei einem Unfall auf der Geschäftsstelle Anfang der Woche drei Wirbel gebrochen hatte. Er meldete sich via Videobotschaft zu Wort, um Rechenschaft abzulegen. Hertha sei „ein Stück mehr Verein“ geworden und habe nach dem Abstieg „eine Mannschaft, die Spaß macht und uns Freude bereitet“, erklärte er. Aber Grund zur Euphorie bestehe nicht: „Wir haben außer dem Überleben noch nichts erreicht.“

Gemessen an der Lage im Frühjahr, als die Lizenz ernsthaft in Gefahr war, ist das schon eine erfreuliche Nachricht. Nach „jahrelangen Monsterverlusten“, so Bernstein, sei die „Korrektur des Irrsinns“ gelungen. „Wir sind auf dem richtigen Weg.“

Herthas Präsident verteidigte auch den Einstieg des neuen Anteilseigners 777 Partners, der insgesamt 100 Millionen Euro investiert und im Gegenzug 78,8 Prozent an der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) hält. „Es ging um die Existenz unseres Vereins“, sagte Bernstein.

Das spiegelt sich auch in den Finanzzahlen wider, die Geschäftsführer Tom Herrich vorstellte. Hertha hat das Geschäftsjahr 2022/23 erneut mit einem erheblichen negativen Betriebsergebnis abgeschlossen. Der Jahresfehlbetrag lag bei 99,1 Millionen Euro – und damit fast 20 Millionen Euro höher als noch im Jahr davor.

Erträgen von 123,7 Millionen Euro standen Aufwendungen von 222,8 Millionen Euro gegenüber. Das Eigenkapital ist auf 5,4 Millionen Euro geschrumpft (von 29,5 Millionen Euro).

Hertha hat inzwischen umfangreiche Sanierungsbemühungen eingeleitet, die sich schon bald positiv bemerkbar machen würden, erklärte Herrich. Dank einer Kostenreduktion von fast 80 Millionen Euro und einem Transferüberschuss von rund 20 Millionen Euro in diesem Sommer würden die Ausgaben erstmals wieder durch die Einnahmen gedeckt werden. Die rekordverdächtig hohen Personalkosten von 97,6 Millionen Euro konnten für die laufende Saison um 50 Millionen Euro reduziert werden.

Für das Geschäftsjahr 2023/24 kündigte Herthas Geschäftsführer ein nahezu ausgeglichenes Betriebsergebnis mit einem Minus von lediglich noch zwei Millionen Euro an. „Die Maßnahmen haben gegriffen, aber wir müssen diesen Weg konsequent weitergehen“, sagte Herrich. „Wir sind noch nicht auf der Normalstation angekommen und auf dem Weg in die Reha. Wir müssen schauen, dass wir nicht wieder auf die Intensivstation kommen.“

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