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Volles Haus in München. 69.811 Fans verfolgten das erste NFL-Spiel in Deutschland.

© dpa/Markus Schreiber

München feiert die NFL – und die NFL feiert München: Nur die Tagesschau schaut weg

Das erste NFL-Spiel in Deutschland begeistert fast 70.000 Fans im Münchner Stadion – Superstar Tom Brady nennt es „episch“.

In die Tagesschau hat es das erste NFL-Spiel in Deutschland nicht geschafft. Der ARD-Hauptnachrichtensendung waren am Sonntagabend Bilder des Fußballspiels Mainz 05 gegen Eintracht Frankfurt wichtiger. Aber das war wohl das einzige „Problem“, das es für die Football-Liga aus den USA an diesem denkwürdigen Wochenende in München gab. 69.811 Zuschauer hatten sich zum Duell der Tampa Bay Buccaneers und der Seattle Seahawks am Sonntagnachmittag in der Fußball-Arena des FC Bayern München eingefunden – und die Stimmung, die die deutschen NFL-Fans im Stadion entfachten, beeindruckte nachhaltig.

„Das war eine einzigartige Erfahrung – und das will etwas heißen nach 23 Jahren in der Liga“, sagte Superstar Tom Brady, der mit seinen Buccaneers einen 21:16-Sieg feierte. Zumal es für ihn bereits der vierte internationale Auftritt in seiner Karriere war. „Ich habe zweimal in Wembley gespielt, dazu im Aztekenstadion in Mexiko, was auch beeindruckend war. Aber besser als heute geht es nicht“, fügte Brady hinzu.

Besonders der Enthusiasmus der Fans hatte es praktisch allen Spielern und Offiziellen angetan. „Das Publikum war wie elektrisiert, wirklich besonders. Das ist etwas, dass ich niemals vergessen werde – zumal ich auch noch die Gelegenheit hatte, einen Touchdown zu erzielen“, erzählte Tampas Wide Receiver Chris Godwin, dem Mitte des dritten Viertels die Punkte zum letztlich entscheidenden 20:3 gelangen.

Auch Tom Brady war von den deutschen NFL-Fans begeistert.
Auch Tom Brady war von den deutschen NFL-Fans begeistert.

© IMAGO/Douglas DeFelice/USA TODAY Network

Noch Minuten nach dem Ende des Spiels verharrten viele Zuschauer im Stadion und sangen zusammen den Klassiker „Sweet Caroline“. Für Brady ein „epischer“ Moment und letztlich Ausdruck der besonderen Atmosphäre. Schon während des rund dreistündigen Spektakels hatten die Fans ordentlich Lärm gemacht – und dass an den richtigen Stellen. Fans der Seahawks wurden besonders laut, wenn sich Tampa Bay im Angriff befand, um dem Team die Kommunikation zu erschweren. Und umgekehrt war es genauso.

„Ich habe noch nie ein Publikum wie dieses hier erlebt“, sagte Seattles Headcoach Pete Carroll, der auch schon in London zu Gast war, wo die NFL seit Jahren regelmäßig Spiele durchführt. Für Caroll war es schlicht „ein unvergessliches Erlebnis". Sofern die Liga es möglich macht, würde er gern wiederkommen mit seinem Team, um die Beziehung zu den deutschen Fans auszubauen. „Sie waren großartig zu uns. Einfach alles war allererste Klasse“, sagte Carroll.

Sie sind hier gewesen und haben ihre Liebe für dieses amerikanische Spiel gezeigt. Das bewundere ich.

Seattle-Spieler Quandre Diggs über die Fachkenntnis der deutschen Fans.

Nun sind die US-Amerikaner ein höfliches Volk, wobei viele Bewohner der Vereinigten Staaten vom Rest der Welt und Deutschland nicht so wahnsinnig viel mitbekommen. Dass sich zwischen Hamburg und München inzwischen eine treue Football-Gemeinde etabliert hat und weiß, wie der Sport funktioniert, war deshalb womöglich für einige Protagonisten erstaunlich. „Sie sind hier gewesen und haben ihre Liebe für dieses amerikanische Spiel gezeigt. Das bewundere ich“, sagte Seattles Free Safety Quandre Diggs.

In den Chefetagen der milliardenschweren Liga dürften die Reaktionen mit Interesse vernommen worden sein, zumal auch die Einschaltquoten im Fernsehen mehr als respektabel waren. Bei Pro Sieben verfolgten in der Spitze fast 1,7 Millionen Zuschauer die Übertragung des Spiels ab 15.30 Uhr. Der Marktanteil lag insgesamt bei guten 8,8 Prozent und in der für den Sender relevanten Zielgruppe gar bei rund 23 Prozent.

Schon im nächsten Jahr wird die NFL zurückkehren und dann in Frankfurt ein Spiel austragen. Dabei muss es aber nicht bleiben, seit einiger Zeit schon hält sich das Gerücht, dass es 2023 vielleicht sogar noch ein zweites Match in Deutschland stattfinden könnte. Am Sonntag gab es in dieser Hinsicht noch keine offizielle Verlautbarungen. Nimmt man allerdings die Ereignisse vom Münchner NFL-Gastspiel zum Maßstab, dürfte es sich bei dieser Entscheidung wohl nur um eine Formsache handeln.

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