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Noch steht nicht fest, ob sich Trainer Jackson nach dem Titel mit München verabschiedet.

© Imago/Sven Simon

Neunte Meisterschaft in der DEL: Macht Münchens Erfolgstrainer Don Jackson nun Schluss?

Der frühere Coach der Eisbären Berlin genießt höchste Wertschätzung bei Spielern und Funktionären. Doch mit Ex-Bundestrainer Toni Söderholm stünde ein Nachfolger bereit.

Von Günter Klein

Don Jackson weigerte sich wieder einmal, der Hauptdarsteller des Abends zu sein. Am überdimensionierten Bierglas, das ihm gereicht wurde, nippte er nur, und dass ihn zwei seiner Spieler mitsamt dem Pokal für die Meisterschaft in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) kurz in die Höhe und der Fankurve entgegenstemmten, konnte er nicht verhindern. Doch danach tauchte der Trainer des EHC München gleich wieder in der Menschenmenge unter, die sich bei der Meisterfeier in der heimischen Olympia-Eishalle auf der mit Konfetti übersäten Spielfläche eingefunden hatte.

Ja, es war sein neunter Titel, aber um ihn, so der 66-Jährige, gehe es doch gar nicht: „Die erste Gruppe sind die Spieler“, sagte er. Und dann nannte er noch alle seine Assistenten beim Namen und erwähnte lobend Sportdirektor Christian Winkler, der „die Mannschaft zusammengestellt hat“.

Der EHC München, der sich im Besitz des Konzerns Red Bull befindet, ist am Sonntag zum vierten Mal Deutscher Meister geworden. Nicht überraschend nach der in der Hauptrunde gezeigten Dominanz. Und doch waren zwischendurch Zweifel aufgekommen. Der 0:2-Rückstand in der Viertelfinalserie gegen Bremerhaven war „der Moment, wo wir am meisten Druck hatten“, so Kapitän Patrick Hager.

Don Jackson schien seine Titelmagie verloren zu haben

Auch die Widerstandsfähigkeit der Grizzlys Wolfsburg im Halbfinale (4:3) führte die Münchner „ans Limit“, wie Sportchef Winkler ausführte. Er selbst hatte beim Stand von 3:3 eine schlaflose Nacht, weil seine Ehefrau beiläufig angemerkt hatte: „Vielleicht hat die Wahrsagerin recht.“ Für Magentasport, den Fernsehpartner der DEL, hatte eine Hellseherin als Finale ein Duell zwischen Ingolstadt und Wolfsburg prophezeit − mit Ingolstadt als Meister.

Der EHC München ließ die Prognose doch noch platzen. „Es ist schön, aber es war ein riesiger mentaler Stress“, sagte Winkler. Und philosophierte über die Härte des Geschäfts: „Auf diesen Moment haben wir fünf Jahre gewartet, waren in dieser Zeit aber immer erfolgreich.“

Don Jackson schien seine Titelmagie bereits verloren zu haben. Fünf Meisterschaften in sechs Berliner Jahren, drei in den ersten vier in München (2014 bis 18), doch es folgten zweimal eine Finalniederlage (2019 Mannheim, 2022 Berlin), eine Viertelfinal-Pleite (Ingolstadt 2021). Als man die Hauptrunde 2020 gewonnen hatte, killte Corona die Play-offs.

In dieser Saison wirkte der US-Amerikaner gelöster als in den Jahren davor, mit dem 1000. DEL-Spiel im Herbst 2022 setzte er eine historische Marke. Er wurde zum Alterspräsidenten der deutschen Profiliga, der neue Kollegen bei anderen Klubs freundlich willkommen hieß. Jackson war in noch nicht gekannter Plauderlaune. Ein Zeichen dafür, dass er die Trainerkarriere wird ausklingen lassen, wenn er sich mit einer Meisterschaft noch einmal bestätigt?

Toni Söderholm wäre der logische Nachfolger von Jackson

In der ihm eigenen Diskretion hat er sich nach dem fünften Finale gegen Ingolstadt, das mit einem 3:1 die Serie zum erfolgreichen Abschluss brachte, noch nicht abschließend geäußert. Man werde in den kommenden Tagen sprechen. Winkler ist da schon etwas klarer, wenn er die Ausgangssituation schildert: „Es liegt allein an Don. Er muss sich entscheiden.“

Es liegt allein an Don. Er muss sich entscheiden.

Sportdirektor Christian Winkler über die Zukunft des Trainers

Er erkennt in dem 66-Jährigen noch immer „das junge Reh“, er lobt die Ansprachen in entscheidenden Phasen („Was er da für Worte findet – wow“) und in der Mannschaft ist die Wertschätzung für den Trainer immens. „Auf der Eishockeyseite hat er wahnsinnig viel Erfahrung“, sagt Torhüter Mathias Niederberger, „und auf der persönlichen – und die ist mir noch wichtiger – ist er ein tadelloser Mensch, vor dem ich größten Respekt habe.“

Trainer Söderholm trainierte nur kurz den SC Bern in der Schweiz.
Trainer Söderholm trainierte nur kurz den SC Bern in der Schweiz.

© Imago/Pius Koller

Dass die Trainerpersonalie trotzdem als offen gilt, liegt an der Alternative, die sich aufgetan hat: Toni Söderholm wäre zu haben. Er war Spieler in München (2015/16), danach Co- und Development-Trainer, 2019 wurde er Bundestrainer, im November 2022 verließ er den Verband, weil ihn der SC Bern, der zuschauerstärkste Eishockeyverein Europas, reizte. Doch die Schweizer und der Finne – es hat nicht funktioniert, der Vertrag wurde beendet.

In der Jackson-Erbfolge lag lange Matt McIlvane vorne, den München in Salzburg geparkt hatte. Der Amerikaner, der auch schon für die deutsche Nationalmannschaft als Assistent gearbeitet hatte (Olympiasilber 2018), wäre die von den Münchner Spielern favorisierte Lösung gewesen, doch er wird zu den San Diego Gulls in die American Hockey League wechseln. Don Jacksons derzeitiger Assistent, Ex-Eisbär Steve Walker, wird seine Chefambitionen bei den Schwenninger Wild Wings verwirklichen. Dass er geht, gilt auch als Indiz dafür, dass Söderholm kommen könnte.

Söderholm wäre auch der große Name, den der EHC München für seine Publicity braucht. Zur übernächsten Saison will er in den Neubau SAP Garden umziehen. Mit einer Mannschaft, die einen starken deutschen Kern haben soll. Als Neuzugänge stehen Dominik Bittner (Wolfsburg), Nico Krämmer und Markus Eisenschmid (beide Mannheim) fest – allesamt Söderholms Spieler bei seinem Höhepunkt, Platz vier bei der WM 2021.

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