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Flinke Füße. Sabrina Mockenhaupt ist die Favoritin für den Berliner Halbmarathon. Schon im Training war sie fast zu schnell.

© ddp

Sabrina Mockenhaupt: Die Spikes bleiben im Regal

Sabrina Mockenhaupt, Favoritin beim Berliner Halbmarathon, nimmt neu Anlauf: Sie sehnte sich nach einem Trainer, der klare Anweisungen gibt und neugierig ist. Jetzt hat sie ihn.

Berlin - Thomas Eickmann hatte eine klare Ansage gemacht: „Fünf mal tausend Meter in jeweils 3 Minuten und 15 Sekunden.“ Jetzt stand er am Rand der Tartanbahn und beobachtete Sabrina Mockenhaupt. Die lief die ersten tausend Meter in 3:05 Minuten. Und dann wurde sie immer schneller, die letzten 1000 Meter spulte sie in 2:59 Minuten ab. Zu schnell, viel zu schnell, es war doch nur das Abschlusstraining zum Berlin-Halbmarathon. „Sag’ mal“, fragte der Trainer Eickmann deshalb seine Athletin, „weshalb warst Du denn am Schluss noch so schnell?“ Da starrte ihn Mockenhaupt verwundert an. „Na, weil Du doch gerufen hast: schneller, schneller.“

Das hatte er wirklich gerufen. Er hatte allerdings die Männer gemeint, die mit Mockenhaupt auf der Bahn waren.

Das ist einerseits wieder eine typische Mockenhaupt-Szene. Sie erzählt diese Episode gestern, als sie in einem Berliner Hotel sitzt, in ihrer unbekümmerten Art. Sie zeigt aber auch, dass die Läuferin die Anweisungen von Eickmann quasi verinnerlicht. Das ist die wichtigste Nachricht aus dem sportlichen Leben der Sabrina Mockenhaupt, der großen Favoritin beim Halbmarathon am Sonntag.

Seit drei Monaten erst arbeiten Eickmann und Mockenhaupt zusammen, aber für die vielfache Deutsche Meisterin ist es wie eine neue Zeitrechnung. Eickmann, sagt sie, ist einer wie viele Trainer aus der DDR: „Die sind noch nicht so satt.“ Sie meint damit nicht das Thema Doping, es geht um die Einstellung zum Sport, um Neugier, um Engagement.

Sie suchte all das, was sie bei Heinz Weber nicht mehr fand. Weber hatte sie viele Jahre betreut, aber am Ende bestimmte sie mehr oder weniger allein das Training. Sie wurde im Dezember 30, die Frage kam auf, ob denn nicht jetzt noch etwas Neues kommen müsse.

Es kam Thomas Eickmann.

Er war ihr aufgefallen, als er mal fürchterlich brüllte. Er hatte seine Athletin Susanne Hahn angebrüllt, er nannte das „motiviert“. Aber Susanne Hahn hatte dann bei diesem Rennen Sabrina Mockenhaupt überholt, das einzige Mal überhaupt, dass ihr das gelungen ist.

Gut, mag ja sein, dass die Brüllerei nicht jedem gefällt, sagt Mockenhaupt, aber ihr macht es nichts aus. Eickmann ist einer, der klare Anweisungen gibt. Er sagt ihr, wenn sie mal einen Ruhetag einlegen soll, er kennt sich mit Höhentraining aus, „er ist einer, der sehr engagiert ist“. Eickmann fährt auf dem Fahrrad auch mit, wenn es kalt ist oder der Regen prasselt. Er verbietet ihr aber auch, kürzere Strecken in Spikes zu laufen. Sie muss grundsätzlich in Turnschuhen trainieren. Mockenhaupt sehnte sich nach klaren Ansagen. Weber aber wollte „den mündigen Athleten“ (Mockenhaupt). Die 30-Jährige ist Weber für vieles dankbar, natürlich, aber sie sagt auch, dass jetzt einer wie Eickmann besser ist für sie.

Sie trainierte in einer Höhenkammer und legte Weber die Daten vor. „Sieh mal, die Höhe hilft mir“, sagte sie, aber Weber erwiderte nur, dass die Höhe doch nichts bringe, dass man dafür so weit reisen müsse oder er fand andere Begründungen, um nicht in die dünne Luft zu gehen.

Jetzt trainiert Mockenhaupt nicht bloß mit Eickmann, sondern auch mit der Männer-Marathon-Gruppe von Ronald Weigel. Der Ex-DDR-Weltklassegeher Weigel ist Geher- und Marathon-Bundestrainer, er ist jener Typus von Coach, der nicht satt ist. Weigel nahm Mockenhaupt zu einem Trainingslager nach Südafrika mit, dort übte auch der deutsche Spitzen-Marathonläufer Andre Pollmächer. Der teilte ihr erstmal mit, dass ihre Armhaltung beim Laufen eine „Katastrophe“ ist. Sie solle doch bitte ihre Arme nicht herumschlenkern, sondern parallel führen. Weber hatte ihr das nie erklärt. „Er sagte, man solle einen Laufstil nicht ändern“, erzählt Mockenhaupt.

Ihre Halbmarathon-Bestzeit steht bei 68:45 Minuten. Aber nach drei Monaten Training mit Eickmann fühlt sie sich ungemein fit. Deshalb verkündete sie gestern, die Stimme fest, der Blick konzentriert: „Ich glaube, ich greife den Streckenrekord an.“ Den Streckenrekord? Das kam auch für Meeting-Direktor Mark Milde überraschend. „Weißt Du, wo der steht?“ – „Na klar“, erwiderte Mockenhaupt, „bei 67:16 Minuten“. Streckenrekord also, nicht schlecht.

Drei Minuten hing das Wort im Raum. dann musste Sabrina Mockenhaupt grinsen. War ein kleiner Aprilscherz.

Service zum Halbmarathon: Seite 12

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