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Mann ohne Handschrift. Jens Keller hat es nicht geschafft, der Schalker Mannschaft Selbstvertrauen, Stabilität und eine klare Spielidee zu vermitteln.

© dpa

Schalke 04: Exempel auf Probe

Vor dem Champions-League-Spiel gegen den FC Basel versucht der Bundesligist Schalke 04 mit der Suspendierung von Jermaine Jones, Trainer Jens Keller den Rücken zu stärken.

Es gab Redebedarf, kurz bevor Horst Heldt in den Flieger in die Schweiz stieg. Schließlich hatte der Manager des FC Schalke 04 zu erklären, weshalb Jermaine Jones nicht der Delegation des Klubs angehörte, die zum heutigen Gruppenspiel in der Champions League gegen den FC Basel (20.45 Uhr, live bei Sky) reiste. Der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler erhielt unmittelbar nach dem kuriosen 3:3 in der Bundesliga bei der TSG Hoffenheim eine „Denkpause aus rein sportlichen Gründen“, wie Heldt es ausdrückte. Jones, der im Kraichgau zwar allzu leichtfertig spielte, aber bei weitem nicht der Alleinverantwortliche der erneut seltsam unkonstanten Leistung war, muss als Sündenbock herhalten für eine Mannschaft, der es einfach nicht gelingt, über 90 Minuten ihr Leistungsniveau zu halten.

Das Spiel gegen Hoffenheim isoliert zu betrachten, wäre dabei aber viel zu kurz gegriffen. Ob gegen Hamburg, Wolfsburg, Hannover oder gegen den FC Bayern: Die Schalker zeigten in ihren Bundesligapartien mindestens je eine Halbzeit, die für ihre Ansprüche indiskutabel sind. Mal waren es die einen, mal die anderen Spieler, die verhängnisvolle Fehler machten. Aber was all diese verkorksten Partien eint, ist die Erkenntnis, dass die Mannschaft diesen Namen bisher nicht verdient hat. Es erscheint geradezu als kurios, wie verunsichert die Spieler von einer auf die andere Sekunde sind, wenn sie einen Gegentreffer hinnehmen müssen. Es ist bedenklich, wie schnell sie dann die Ordnung verlieren und welch selbstzerstörerische Fehlpässe sie dann spielen. Es ist unerklärlich, wie schnell dieses Team bei kleinstem Gegenwind in sich zusammenfällt. Leidenschaft, Zielstrebigkeit, eine Portion Rücksichtslosigkeit, all diese Tribute fehlen der Schalker Mannschaft bisher.

Seit knapp zehn Monaten ist Trainer Jens Keller nun im Amt, der 42-Jährige hatte eigentlich ausreichend Zeit, den Profis eine Spielidee zu vermitteln und ihnen die Unsicherheit, die Nervosität bei Rückschlägen, die allzu oft in Angst mündet, zu nehmen. Erkennbar ist von alledem allerdings sehr wenig. 16 Gegentore in sieben Bundesligapartien zeigen die Probleme deutlich auf. Die Schalker leben in der Offensive vor allem von ihren ausgeprägten individuellen Qualitäten, mit denen sie die kollektiven defensiven Defizite aber nur flickenhaft abdecken können. Was sie sich, wie etwa in der ersten Hälfte gegen Hoffenheim, mit kreativem Angriffsspiel aufbauen, zerstören sie sich im Anschluss mit ihren Nachlässigkeiten.

Die Abwehrarbeit, die bereits beim Offensivspieler beginnen sollte, wirkt zu häufig wie der Versuch Einzelner, den Gegner irgendwie in Bedrängnis zu bringen. Schon oft in dieser Saison war zu beobachten, wie der einzige Schalker Angreifer die gegnerische Abwehr frühzeitig attackierte – und seine Kollegen ihm dabei nur aus der Distanz zuschauten. Das kollektive Verschieben der einzelnen Mannschaftsteile, das in der Trainingslehre so- genannte Spiel gegen den Ball, ist bei den Spielern des Ruhrgebietsklubs noch lange nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Das gemeinschaftliche, zielorientierte Handeln gelingt immer nur phasenweise.

Noch weigert sich Horst Heldt, dieses Manko auch an Jens Keller festzumachen. „Nein“, sagt der Manager auf die Frage, ob auch der Trainer in die Fehleranalyse einbezogen werde. Vielmehr geht es Heldt darum, ein Exempel an einem Spieler zu statuieren. Man könne sich doch vorstellen, welche Wirkung die Denkpause habe. „Wir nehmen keine Rücksicht auf Namen“, sagte Heldt. Die Suspendierung von Jermaine Jones ist schlicht eine Warnung an die übrigen Profis, dass sie ein ähnliches Schicksal ereilen könnte. Allerdings dürfte der heutige Schalker Auftritt in Basel auch darüber entscheiden, ob Horst Heldt künftig eine Diskussion um den Trainer führen muss. Jens Keller hat das Traineramt einst Dank der Fürsprache Heldts erhalten. Noch hält der Manager seine schützende Hand über Keller und macht die Spieler für den misslungenen Saisonstart verantwortlich. Viel mehr Ausweichmöglichkeiten gibt es dann aber nicht mehr.

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