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Drin. Zlatan Ibrahimovic trifft mit diesem traumhaften Volleyschuss zum 1:0 für Schweden.

© AFP

Schweden siegt 2:0: Frankreich trotz Niederlage im Viertelfinale

Schweden verabschiedet sich mit einer starken Leistung gegen Frankreich von der EM. Superstar Zlatan Ibrahimovic trifft spektakulär beim 2:0-Sieg. Für die Franzosen hingegen endet eine lange Serie.

Die Luft stand stickig nach einem drückenden Sommertag im Kessel des Olympiastadions, und das war nicht die einzige unangenehme Erinnerung, die Frankreichs Nationalmannschaft vom Ausflug nach Kiew mitnahm. Es reichte dank englischer Schützenhilfe zwar zur Qualifikation fürs Viertelfinale, aber der Gruppensieg war dahin nach dem 0:2 (0:0) gegen die bereits ausgeschiedenen Schweden. 64 000 Zuschauer bestaunten das launische Genie Zlatan Ibrahimovic, dem eines der schönsten Tore dieser EM gelang. In der Nachspielzeit traf auch noch Sebastian Larsson und bescherte den eitlen und selbstgefälligen Franzosen die Spanier als Viertelfinalgegner am Sonntag in Donezk. Nach zuvor 23 Spielen ohne Niederlage unter Trainer Laurent Blanc macht der Rückschlag von Kiew nicht gerade Mut für das Duell mit dem Welt- und Europameister.

"Das Ergebnis interessiert mich nicht. Wir wollten weiterkommen", sagte Blanc, schränkte aber ein: "Klar ist, dass wir uns erheblich steigern müssen, wenn wir das Halbfinale erreichen wollen. Mir hat heute wirklich vieles nicht gefallen." Torschütze Zlatan Ibrahimovic meinte nach dem Spiel: "Es tut weh, so nach Hause fahren zu müssen. Wir haben sehr gut gespielt. Wenn wir so auftreten, können wir gegen die besten Teams gewinnen. Es ging auch darum, Respekt gegenüber den anderen Mannschaften zu zeigen und alles zu geben."

Es spricht für den Charakter der Schweden, dass sie sich bei ihrer Abschiedsvorstellung keinesfalls in die Rolle eines Sparringspartners fügten. Schon nach ein par Minuten flog ein Kopfball von Ola Toivonen nur ein paar Zentimeter am Tor vorbei, kurz darauf tippte Larsson den Ball aus gar nicht so schlechter Position genau in die Arme von Hugo Lloris. Und abermals Toivonen lief nach einem tollpatschigen Kopfballversuch des Verteidigers Philippe Mexes ganz allein auf den französischen Torhüter zu, wollte diesen noch ausspielen, aber dann wurde der Winkel zu spitz, so dass er nur den rechten Pfostens traf.

Es dauerte seine Zeit, bis die Franzosen Kontrolle über das Geschehen erlangten. Dass lag auch daran, dass die Schweden oft zu sechst das letzte Drittel des Platzes zustellten, was Individualisten wie Franck Ribéry, Samir Nasri oder Karim Benzema das Leben nicht eben leicht machte. Ein paar Distanzschüsse flogen mit beträchtlicher Streuung ungefähr in Richtung Tor, Dribblings endeten spätestens am sechsten schwedischen Abwehrbein. Der französischen Kleinkünstler-Kolonie fiel von Minute zu Minute weniger ein.

Das Publikum kommentierte die sich durch de nächtliche Hitze schleppende Abhandlung mit Pfiffen und "Ukraina!"-Rufen. In der Halbzeitpause huschten die schwedischen Ersatzspieler in weinroten Leibchen über den Platz. In Kombination mit ihren blauen Shorts zauberte das einen Hauch vom FC Barcelona in das Olympiastadion. Die Kollegen Stammspieler trugen zwar weiter gelbe Hemden, aber durch den eingewechselten Christian Wilhelmsson kam ein wenig mehr Wind in ihre Aktionen. Noch bevor die Franzosen diesen Paradigmenwechsel erkannt hatten, lagen sie auch schon zurück. Durch ein Tor, dessen Anmut und Virtuosität im Kontrast zum vorher gezeigten stand.

Folgendes war geschehen: Von der rechten Seite flankte Larsson in den nur scheinbar verwaisten Strafraum. Zlatan Ibrahimovic hatte sich dorthin geschlichen, er legte seinen Körper waagerecht in die Luft und schlug den Ball mit vollendeter Technik in die linke untere Ecke. Ein Zaubertor des schwedischen Zauberers, und es inspirierte ihn gleich zum nächsten Geniestreich, einem perfekt gechipten Ball in den Lauf von Wilhelmsson, dessen Schuss Lloris mit einiger Mühe zur Ecke lenkte. In deren Folge wäre Olof Mellberg beinahe ein spektakuläres Hackentor gelungen, wenn denn Lloris nicht gerade noch so die Hand dazwischen gehalten hätte.

Frankreich hatte Glück, auch weil Schiedsrichter Proenca ein elfmeterrreifes Handspiel von Adil Rami übersah. Ja, sie bemühten sich, sie erhöhten das Tempo und drückten. Die eingewechselten Jeremy Menez und Olivier Giroud hatten in der einseitigen Schlussphase den Ausgleich auf dem Fuß und auf der Stirn, aber an diesem Abend passte es einfach nicht. Ratlos taperte Trainer Laurent Blanc durch seine Coaching-Zone, immer wieder warf er nach Fehlpässen und missratenen Dribblings verärgert die Arme in die Luft, nach Larssons finalem 2:0 lehnte er fassungslos an der Bank. Wie will diese Mannschaft gegen Spanien bestehen? Frankreich, der Geheimfavorit auf den EM-Titel, ist auf einmal nur noch Außenseiter, was das Erreichen des Halbfinales betrifft.

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