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Kritisches Genie. Ronnie O’Sullivan hat eine bewegte Karriere hinter sich. Der 39-Jährige Engländer war fünfmal Weltmeister und gewann auch schon in Berlin.

© Imago

Snooker - German Masters in Berlin: Ronnie O'Sullivan und die Suche nach Perfektion

Er ist der große Star seines Sports - und inzwischen nimmt Ronnie O'Sullivan Snooker wieder ernst. Er braucht den Sport genauso wie der ihn. In dieser Woche wird das beim German Masters im Tempodrom wieder einmal deutlich.

Während an den Nachbartischen noch gespielt wird, ist Ronnie O’Sullivan schon fertig. Das Erstrundenmatch beim German Masters der Snookerprofis am Donnerstag im Berliner Tempodrom gegen seinen englischen Landsmann Mark Davis dauert keine 90 Minuten. Mit 5:1 setzt sich O’Sullivan mühelos durch. Nach dem Spiel sagt er: „Wenn ich schnell gewinne, dann spiele ich auch gut.“ O’Sullivan wirkt entspannt, er ist mit sich im Reinen.

Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Genie und Wahnsinn lagen beim inzwischen 39-jährigen Engländer stets nah beieinander. Er hat fünf Weltmeistertitel gewonnen, angesichts seines Talents hätten es auch ein paar mehr sein können. Gerade erst verbesserte O’Sullivan den Rekord für die meisten 100er Breaks. In Berlin gelingt es ihm gegen Davis zum 782. Mal in einem offiziellen Match, mit einer Aufnahme dreistellig zu punkten. Der alte Rekordhalter ist kein Geringerer als Stephen Hendry, siebenfacher Weltmeister und zu seiner aktiven Zeit ein absoluter Vorzeigeprofi. „Das ist ein Rekord, den ich gern behalten hätte“, sagte der 2012 zurückgetretene Schotte nachdem er seine Bestmarke los war. Seither wird in Großbritannien eine leidenschaftliche Debatte darüber geführt, wer der größte Snookerspieler aller Zeiten ist? Der legendäre Steve Davis, Hendry oder vielleicht doch O’Sullivan? Angesprochen auf seine Rekorde zuckt der nur mit den Schultern. „Irgendwann werde ich sterben und dann ist das alles nichts mehr wert.“

Nicht nur einmal erklärte O'Sullivan, dass er keine Lust auf Snooker mehr habe

Sätze wie diese sind typisch für O’Sullivan. Dabei hat er kürzlich erst angekündigt, solange weiterspielen zu wollen, bis er die Marke von 1000 Century-Breaks geknackt hat. In Berlin sagt er: „Natürlich will ich so viele 100er-Breaks wie möglich schaffen, aber wichtiger ist, dass ich auf einem möglichst hohen Niveau spiele. Das gibt mir Befriedigung, nicht irgendwelche Statistiken.“

Schon immer war O’Sullivan auf der Suche nach Perfektion. Zuweilen kam er ihr sehr nahe, manchmal schien seine Karriere am Ende. Nicht nur einmal erklärte er, dass er keine Lust auf Snooker mehr habe. Depressionen, ein turbulentes Privatleben und die penetrante Neugier der britischen Boulevardmedien setzten ihm zu. Vor dem Sieg beim German Masters 2012 hatte er zweieinhalb Jahre kein großes Turnier mehr gewonnen, O’Sullivan schien am Ende. Deshalb liegt ihm die Veranstaltung auch besonders am Herzen. „Der Sieg damals hat meine Karriere verändert“, sagt er heute und fügt hinzu: „Ich mag das Turnier, das Tempodrom ist eine tolle Arena und mir gefällt die Stadt.“

Mit einem Sieg in Berlin könnte er wieder Weltranglistenerster werden

Inzwischen sind solche Aussagen nicht mehr nur leere Worthülsen. Auch dank seiner Leidenschaft für das Laufen, das er neben dem Snooker mit großem sportlichem Ehrgeiz betreibt, hat O’Sullivan den Kopf frei bekommen. Die Rolle des Aushängeschilds seiner Sportart, er akzeptiert sie endlich. Bei Eurosport hat er eine eigene Show, schreibt dazu noch ein Blog. Snooker ist ihm wieder wichtig, noch wichtiger aber ist er für den Sport. Überall, wo er auftaucht, dreht sich beinahe alles um ihn. Das ist auch in dieser Woche im Tempodrom nicht anders. Bei O’Sullivans Match gegen Davis am Donnerstagnachmittag sind die Tribünen in der Arena bemerkenswert gut gefüllt. Fast alle der mehr als 1000 Fans schauen vor allem wegen O’Sullivan zu. „Ronnie wertet jedes Turnier auf. Und wenn er sein bestes Snooker zeigt, ist er kaum zu schlagen“, sagt Weltverbandschef Barry Hearn.

Zuletzt war O’Sullivan nicht zufrieden mit seinem Spiel. Mit einem Sieg in Berlin könnte der aktuelle Weltranglistendritte nun aber wieder die Nummer eins werden. Wirklich interessieren tut ihn das nicht: „Wichtiger ist mir, dass ich Spaß am Spiel habe. Das ist derzeit der Fall und ich hoffe, dass das auch noch lange so bleibt.“ Gewinnen möchte er den Titel beim German Masters „natürlich“ dennoch gern. Auf seinem Weg dahin müsste er am Freitag gleich zwei Matches gewinnen. Wenn es geht, so schnell wie möglich.

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